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Corum 01 - Der scharlachrote Prinz

Corum 01 - Der scharlachrote Prinz

Titel: Corum 01 - Der scharlachrote Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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verstehen, was Leid sein mußte und Trauer. Das Gefühl, das er nun empfand, konnte nichts anderes sein.
    »Ist hier noch jemand?« rief er, in der Hoffnung, einer der Burgbewohner könnte vielleicht doch überlebt haben. Aber es rührte sich nichts. Langsam, mit gesenktem Kopf, wandte Prinz Corum sich ab und ritt davon.
    Er lenkte sein Pferd ostwärts, wo Burg Sarn liegen mußte.
    Eine ganze Woche war er unterwegs. Das Gefühl des Leides und der Trauer verließ ihn nicht. Es wurde im Gegenteil noch von einer nagenden Unruhe begleitet, die ihn von Tag zu Tag mehr ängstigte.
    Burg Sarn lag inmitten eines dichten Waldes. Nur ein schmaler Weg führte zu ihr, auf dem der müde Prinz im scharlachroten Mantel auf seinem nicht weniger müden Rosse ritt. Scheue Waldtiere huschten davon, als sie die beiden hörten, und ein leiser Regen fiel aus den tiefhängenden Wolken. Hier stieg kein Rauch auf, und als Prinz Corum näher kam, sah er, daß das Feuer sich schon lange erschöpft hatte. Die rußgeschwärzten Trümmer der Burg waren kalt, und Krähen und Raben hatten von den Toten nur die Gebeine übriggelassen.
    Hier geschah es zum erstenmal, daß Tränen des Leides über Prinz Corums Wangen flossen. Langsam kletterte er aus dem Sattel, stolperte über schwarze Mauerreste und abgenagte Skelette, ehe er sich auf einem Stein niederließ.
    Stundenlang blieb Prinz Corum dort sitzen und starrte blicklos vor sich hin, bis ein merkwürdiger Laut sich seiner Kehle entrang. Es war ein Laut, wie er ihn nie zuvor vernommen hatte, und er wußte nicht, wie er ihn nennen sollte. Es war ein dünner Laut, der nicht auszudrücken vermochte, was hinter seiner wie betäubten Stirn vorging. Er selbst hatte Prinz Opash nicht gekannt, aber sein Vater hatte immer mit tiefer Zuneigung von ihm gesprochen. Er hatte auch des Prinzen Familie und seine Gefolgsleute, die mit ihm auf der Burg gelebt hatten, nicht gekannt. Aber er weinte für sie alle, bis er schließlich völlig erschöpft auf dem Stein in einen alptraumgeplagten Schlaf sank.
    Der Regen fiel sanft auf Corums scharlachroten Mantel. Das Wasser tropfte von den Ruinen und wusch die Gebeine. Das rote Roß suchte Schutz unter einer Ulme und streckte sich aus. Eine Weile kaute es an dem Gras, das rundum wuchs, und beobachtete seinen zusammengekauerten Herrn, dann schlief es ebenfalls.
    Als Corum schließlich erwachte und über die Mauertrümmer zu seinem Pferd kletterte, jagten sich die Gedanken hinter seiner Stirn. Diese Morde und das Brandschatzen konnten nur die Mabden auf dem Gewissen haben, denn es war nicht Nhadragh-Art, die Burgen ihrer Feinde in Flammen zu stecken. Abgesehen davon herrschte zwischen den Vadhagh und Nhadragh schon seit Jahrhunderten Friede. Beide hatten die Kunst des Krieges längst vergessen.
    Flüchtig war Corum der Gedanke gekommen, die Nhadragh könnten vielleicht die Mabden zu diesen Schandtaten angestiftet haben, aber das war doch zu unwahrscheinlich. Es gab einen alten Ehrenkodex, den keine der beiden Rassen je verletzt hatte, so grimmig die Kämpfe auch gewesen sein mochten. Und mit der Dezimierung ihrer Zahl hatten die Nhadragh jegliches Interesse an einer Expansion verloren. Für die Vadhagh war es fortan nicht mehr nötig gewesen, ihr Land zu verteidigen.
    Sein Gesicht, das hager geworden war vor Erschöpfung und seelischer Anspannung, war mit tränenvermischtem Staub und Ruß verschmiert, als Prinz Corum sein Pferd weckte und müde in den Sattel stieg. Nordwärts ritt er nun, nach Burg Gal.
    Ein bißchen Hoffnung regte sich in ihm. Die Hoffnung, daß die Mabden-Horden nur im Süden und Osten ihr Unwesen trieben, den Norden jedoch genauso verschont hatten wie den Westen.
    Einen Tag später hielt er an einem kleinen See, um sein Pferd zu tränken, und entdeckte Rauch hinter der Ginsterlandschaft. Er holte seine Karte heraus und studierte sie. Keine Burg war hier eingezeichnet.
    Er überlegte. Konnte der Rauch von einem weiteren Lager der Mabden kommen? Wenn ja, vielleicht führten sie gefangene Vadhagh bei sich, die er möglicherweise befreien konnte. Corum beschloß, dem Ursprung des Rauches nachzugehen.
     
    Der Rauch stammte jedoch nicht nur von einem Feuer, sondern offenbar von vielen kleinen. Es handelte sich tatsächlich um ein Mabden-Lager, doch um ein festes, ähnlich der kleineren Siedlungen der Nhadragh, aber viel primitiver. Es bestand aus einer Anzahl niedriger Steinhütten mit Strohdächern und Schieferkaminen, aus denen der Rauch drang.
    Um dieses

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