Corum 04 - Das kalte Reich
müßt wissen, Prinz Corum, daß nachdem die Fhoi Myore nach Caer Llud kamen und den Hochkönig gefangen nahmen, ein Krieger mit Namen Onragh, dessen Pflicht es gewesen war, die Schätze der Vergangenheit zu schützen, mit ihnen in seinem Streitwagen floh. Aber auf seiner Flucht fielen die Schätze ein Stück nach dem anderen vom Wagen. Einige wurden von verfolgenden Fhoi Myore gefunden. Andere wurden von Mabden entdeckt. Und die restlichen wurden, wenn man den Gerüchten trauen darf, von Wesen gefunden, die älter sind als die Mabden oder die Fhoi Myore den Sidhi. Von den Sidhi erhielten wir diese magischen Dinge einst als Geschenk. Wir haben oft die Runen befragt und unsere Zauberer suchten bei vielen Orakeln Rat, bis wir erfuhren, daß der Speer mit dem Namen Bryionak sich wieder im Besitz dieses geheimnisvollen Sidhi befindet, dem Schmied Goffanon.«
»Und wißt Ihr, wo dieser Schmied lebt?«
»Man nimmt an, daß er an einem Platz mit Namen Hy-Breasail lebt, einer geheimnisvollen, verwunschenen Insel im Süden unserer östlichen Küsten. Unsere Druiden glauben, daß Hy-Breasail alles ist, was von Lywm-an-Esh übrig blieb.«
»Aber herrschen dort nicht die Fhoi Myore?«
»Sie meiden diese Insel. Warum weiß ich nicht.«
»Die Gefahr muß dort schon groß sein, wenn sie ein Land verlassen haben, das einmal auch unter ihrer Herrschaft stand.«
»Das denke ich mir auch«, stimmte König Mannach zu. »Aber besteht diese Gefahr nur für die Fhoi Myore? Kein Mabden ist jemals von Hy-Breasail zurückgekehrt. Man sagt von den Sidhi, daß sie Blutsverwandte der Vadhagh seien. Sie seien gemeinsamen Ursprungs, glauben viele. Vielleicht kann nur ein Vadhagh nach Hy-Breasail gehen und auch von dort zurückkehren?«
Corum lachte laut auf. »Vielleicht. Nun gut, König Mannach, ich werde dorthin gehen und mich nach euerem magischen Speer umsehen.«
»Ihr könntet in Eueren Tod ziehen.«
»Der Tod ist es nicht, was ich fürchte, König.«
Bedächtig nickte König Mannach. »Aye. Ich glaube, ich verstehe Euch, Prinz Corum. Aber vergeßt nicht, daß es in dieser dunklen Zeit Schlimmeres zu fürchten gibt als den Tod.«
Die Feuer waren nun heruntergebrannt, die Lieder gesungen, und die Geschichten erzählt. Ein letzter Harfner spielte eine traurige Weise und sang von einer verlorenen Liebe, ein Lied, das Corum in seiner Trunkenheit wie seine eigene Geschichte klang, der Geschichte von ihm und Rhalina. Und in dem Zwielicht der Halle schien ihm das Mädchen, das zuvor mit ihm gesprochen hatte, sehr wie Rhalina auszusehen. Er starrte sie an, während sie, seinen Blick nicht bemerkend, mit einem jungen Krieger lachte und erzählte. Und Corum begann eine Hoffnung zu hegen. Er hoffte, daß es irgendwo in dieser Welt eine Reinkarnation von Rhalina geben könnte, daß er sie finden könnte, und daß sie, auch wenn sie ihn nicht wiedererkennen mochte, sich in ihn verlieben würde, wie sie es schon einmal getan hatte.
Das Mädchen wandte den Kopf und sah seinen Blick. Sie lächelte ihm zu und verbeugte sich leicht in seine Richtung.
Er hob seinen Becher, kam auf die Beine und rief etwas zu laut: »Spielt weiter, Barde! Ich trinke auf meine verlorene Liebe Rhalina und die Hoffnung, daß ich sie in dieser finsteren Welt wiederfinde. Beten will ich dafür!«
Doch dann senkte er den Kopf, denn er fühlte, daß er sich wie ein Narr benahm. Das Mädchen sah, aus der Nähe betrachtet, sehr wenig wie Rhalina aus. Aber ihre Augen hielten seinen Blick fest, als er sich wieder auf seine Bank fallen ließ, und wieder blickte er sie voll Neugier an.
»Ich sehe, daß Ihr meine Tochter Euerer Beachtung würdig findet, Lord aus dem Hügel«, ließ sich die Stimme des Königs an Corums Seite vernehmen. Die Worte hatten einen etwas sardonischen Unterton.
»Euere Tochter?«
»Ihr Name ist Medheb. Ist sie schön?«
»Sie ist schön, sie ist großartig, König Mannach.«
»Sie ist mein Trost, seit ihre Mutter in der ersten Schlacht gegen die Fhoi Myore gefallen ist. Sie ist meine rechte Hand, meine Ratgeberin. Eine große Schlachtenlenkerin ist Medheb und unsere beste Kämpferin mit der Wurfschlinge und mit Schleuder und Tathlum.«
»Was ist ein Tathlum?«
»Eine harte Kugel, die aus Gehirn und Knochen unserer Feinde gefertigt wird. Die Fhoi Myore fürchten sie. Darum benutzen wir sie. Die Gehirne und die Knochen werden mit Leim gemischt und der Leim macht daraus harte Kugeln. Es scheint eine wirksame Waffe gegen die Feinde zu sein und wir
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