Corum 05 - Der gefangene König
viel, und so legte er auch sein Kettenhemd wieder an und setzte seinen Helm auf. Aber davon schien er beim Rudern behindert zu werden, denn ihm war, als tauche er die Riemen jetzt in zähen Schlamm. Nebelarme griffen nach dem Boot, und Goffanon zog wieder die Brauen zusammen und fröstelte.
»Kann das sein?« knurrte er und richtete sich so ruckartig auf, daß ihr Boot fast umgeschlagen wäre. »Kann es das sein?«
»Du denkst an den Fhoi Myore-Nebel?« flüsterte Corum.
»Es hatte jedenfalls viel Ähnlichkeit damit.«
»Das kommt mir auch so vor.«
Der Nebel war inzwischen überall um sie herum. Sie konnten in jeder Richtung nur noch wenige Armlängen weit sehen. Corum hörte auf zu rudern, und das Boot wurde langsamer und immer langsamer, bis es zu einem plötzlichen Halt kam. Corum sah über den Bootsrand.
Das Meer war zu Eis erstarrt. Es mußte von einem Augenblick zum anderen gefroren sein, denn aus den Wellen waren lange, glatte Eishügel geworden mit glitzernden Kronen, die nur Schaum gewesen sein konnten.
Corums Mut sank. Resigniert und verzweifelt packte er seine Lanze und seine Axt und richtete sich im Boot auf.
Goffanon setzte schon prüfend einen seiner Fellstiefel auf das Eis. Er hielt sich am Boot fest und ließ sich dann ganz auf das Eis hinunter. Sein Atem begann zu dampfen. Er zog seinen Fellmantel zusammen. Corum folgte ihm auf das Eis, wickelte sich in seinen eigenen Mantel und schaute aufmerksam nach allen Richtungen über die gefrorenen Wellen. In einiger Entfernung wurde es laut. Ein Grunzen. Ein Schrei. Etwas, das wie das Knarren eines großen, aus Weide geflochtenen Streitwagens klang. Überquerten die Fhoi Myo-re so die Meere? Waren dies ihre eisigen Brücken über die Wogen? Oder hatten sie Corum und Goffanon hier erwartet, um ihnen den Weg zu verlegen?
Sie würden es bald genug wissen, dachte Corum, während er sich neben das Boot duckte, um weiter zu beobachten. Die Fhoi Myore und ihre Armee bewegten sich von Osten nach Westen in dieselbe Richtung wie Corum und Goffanon, aber in einem etwas verschobenen Winkel. In der Entfernung sah Corum undeutlich dunkle Schatten durch den Nebel reiten und marschieren. Er roch den vertrauten Geruch nach Kiefern, sah die drohenden Gestalten der Fhoi Myore auf ihren Streitwagen, und einmal erspähte er einen flackernden Lichtschein, der nur von Gaynors leuchtender Rüstung ausgehen konnte. Und Corum begriff langsam, daß die Fhoi Myore nicht gegen Caer Mahlod zogen sondern gegen Caer Garanhir. Und wenn die Fhoi Myore Caer Garanhir vor Corum erreichten, waren die Chancen, jemals in den Besitz der goldenen Eiche und des silbernen Bockes zu gelangen, mehr als gering.
»Garanhir«, murmelte Goffanon. »Sie gehen nach Garanhir.«
»Aye«, erwiderte Corum verzweifelt. »Und wir haben keine andere Wahl, als ihnen zu folgen und zu hoffen, daß wir sie an Land noch überholen können. Wir müssen Garanhir warnen, falls wir das noch schaffen. Wir müssen König Daffyn warnen, Goffanon!«
Goffanon zuckte mit seinen breiten Schultern, zog an seinem struppigen schwarzen Bart und rieb sich die Nase. Dann streckte er die Linke gegen Westen und hob mit der Rechten seine Streitaxt und lächelte. »Das müssen wir in der Tat«, antwortete er Corum.
Sie waren dankbar, daß die Hunde des Kerenos diesmal die Fhoi Myore nicht begleiteten. Zweifellos jagten die Hunde noch nach drei Männern, die den Hochkönig aus Caer Llud entführt hatten. Den Nasen der Hunde wäre Corums und Goffanons Witterung kaum entgangen, aber so konnten sie unbemerkt der Armee des Kalten Volkes folgen. Auf der gefrorenen See kamen die beiden nur mühsam voran. Die Wellenberge waren gefährlich glatt und ließen sie oft ausgleiten und stolpern. Völlig erschöpft wurden sie schließlich Zeugen, wie die Fhoi Myore und die Brüder der Kiefern an Stränden landeten, die noch vor Stunden grün und blühend gewesen sein mußten und nun eisbedeckt und tot waren.
Und als die Fhoi Myore an Land gegangen waren, begann die See aufzutauen. Sie mußten das letzte Stück zur Küste durch Wasser waten, das noch immer eisig kalt war und Corum bis zum Kinn reichte und Goffanon bis zur Brust.
In Corums Kehle brannte eine Mischung aus Salzwasser und Fhoi Myore-Nebel, als er endlich auf den Strand taumelte. Da fühlte er sich von hinten um die Hüfte gepackt, hochgehoben und mit dem Kopf voran die Küste hinaufgetragen. Goffanon wollte keine Zeit verlieren. Mit Corum unter einem Arm stürmte der Sidhi gen
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