Corum 05 - Der gefangene König
aus besonderen Gräsern. Nun verhungert er euch. Und statt eines Hochkönigs der Mabden habt ihr nur den Kadaver eines verhungerten Schafes. Doch das tut nun auch nichts mehr zur Sache.«
Aus der Ferne hörte Corum ein lautes, wildes Schnauben, und er wußte, daß dies die Fhoi Myore sein mußten, die offenbar schon viel weiter marschiert waren, als er bisher angenommen hatte.
Goffanon legte den Kopf auf die Seite und lauschte. Er sah überrascht aus.
Dann donnerten von beiden Seiten die grünen Reiter auf sie zu, daß die Felsen unter den Hufschlägen erbebten. Und Gaynors hohles Gelächter wurde wilder und wilder.
Corum wirbelte seine Streitaxt gegen den ersten Reiter. Der Hieb schlug eine tiefe Wunde in den Nacken des Pferdes, aus der grüner Saft spritzte. Er brachte das Tier zum Stehen, tötete es aber nicht. Seine grünen Augen rollten, und seine grünen Zähne schnappten nach Corum, während sein grüner Reiter mit dem Schwert nach Corums Kopf hieb. Corum hatte gegen Hew Argech gekämpft und dabei gelernt, wie man sich gegen solche Schläge verteidigte. Er schmetterte seine Axt gegen das Handgelenk des grünen Reiters, und Hand und Schwert flogen wie ein abgeschlagener Ast zu Boden. Der nächste Schlag galt den Beinen des Pferdes, das zusammenbrach und sich im Staub wälzte. Das auskeilende Tier hielt so den nächsten Reiter auf, der sein eigenes Pferd zügeln mußte, um nicht zu stürzen. Er kam zu einem aussichtsreichen Schlag gegen den Vadhagh nicht nahe genug heran. Der Kieferngeruch war jetzt überwältigend. Er stieg aus jeder neuen Wunde auf, die Corums Axt riß. Corum hatte diesen Geruch früher gern gehabt, aber jetzt bereitete ihm seine widerliche Süße Übelkeit.
Hinter Corums Rücken fällte Goffanons Axt einen der grünen Krieger nach dem anderen. Die Brüder der Kiefern mußten einst stolze Mabdenkämpfer gewesen sein, vielleicht sogar die Kriegerelite von Caer Llud selbst. Aber die Fhoi Myore hatten ihr Blut gegen den Saft der Kiefern ausgetauscht, und nun dienten die Grünen dem Kalten Volk. Sie schämten sich für das, was aus ihnen geworden war, und gleichzeitig erfüllte sie trotziger Stolz über ihre Bestimmung.
Während des Kampfes spähte Corum zur Seite, um nach einer Fluchtmöglichkeit aus der Schlucht Ausschau zu halten. Aber Gay-nor hatte sich für seinen Hinterhalt den besten Ort ausgesucht hier waren die Felsen fast senkrecht und die Schlucht am engsten. Das bedeutete zwar auch, daß Corum und Goffanon sich hier würden lange halten können, weil nur immer ein bis zwei der grünen Krieger gegen sie antreten konnten. Doch letzten Endes würde die Übermacht die beiden Freunde erdrücken. Das Kiefernvolk würde sie erschlagen. Wie ein raschelnder, wandernder Wald drängten sie heran, die lebenden Bäume, die Brüder der ältesten Feinde der Eichen, und warfen sich auf den einäugigen Vadhagh mit der silbernen Hand und den zweieinhalb Meter großen Sidhi mit dem knisternden schwarzen Bart.
Und Gaynor lachte weiter in sicherer Entfernung. Er genoß sein größtes Vergnügen die Vernichtung von Helden, die Zerstörung von Ehre und Idealismus. Und er fand so großes Vergnügen daran, weil er es niemals ganz geschafft hatte, diese Eigenschaften bei sich selbst zu unterdrücken.
Corums Arme wurden müde, und er stolperte immer häufiger, während er seine Axt gegen grüne Arme schwang, gegen grüne Köpfe schmetterte und damit auf grüne Pferde einschlug.
»Leb wohl, Goffanon«, rief er dem Kampfgefährten zu. »Es hat mein Herz mit großer Freude erfüllt, daß du dich unserer Sache angeschlossen hast. Aber ich fürchte, es hat dir nichts weiter gebracht als einen schnellen Tod.«
Und erstaunt hörte Corum, daß sich jetzt in Gaynors Gelächter Goffanons tiefes Lachen mischte.
VII
Ein lange verlorener Bruder
Dann bemerkte Corum, daß nur noch Goffanon lachte.
Gaynor lachte nicht länger.
Corum versuchte etwas durch die dichten Reihen der grünen Krieger zu erkennen. Er spähte in Richtung des Endes der Schlucht, an dem er Gaynor zuletzt gesehen hatte, aber dort war nichts mehr von einer blitzenden, flammenden Rüstung zu entdecken. Es schien, daß Prinz Gaynor den Ort seines Triumphes verlassen hatte.
Und jetzt ließen die Brüder der Kiefern von Corum ab und sahen furchtsam zum Himmel auf. Und Corum riskierte ebenfalls einen Blick nach oben. Und Corum sah einen Reiter am Himmel. Der Reiter saß auf einem schimmernden schwarzen Pferd, das mit rotem und güldenem Leder
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