Corum 06 - Das gelbe Streitross
glühende Metallstück hoch. Jetzt schimmerte es rotglühend in der Farbe frischen Blutes. »Sieh her, Corum! Was siehst du?«
»Ich sehe eine Schwertklinge.«
»Du siehst die beste Schwertklinge, die je in Mabdenlanden geschmiedet wurde. Wir haben Wochen gebraucht, um das hier zu erreichen. Wir beide, Hisak und ich, haben es geschmiedet. Es ist ein Symbol für den alten Bund zwischen Sidhi und Mabden. Ist es nicht herrlich?«
»Es ist eine wunderbare Klinge.«
Goffanon schwenkte das rote Schwert in der Luft hin und her. Das Metall begann zu summen. »Es muß noch weiter bearbeitet werden, aber es ist fast fertig. Es muß auch noch einen Namen erhalten, dieses Schwert. Das wird dir überlassen bleiben.«
»Mir überlassen bleiben?«
»Selbstverständlich!« Goffanon lachte vor Begeisterung. »Selbstverständlich! Es ist dein Schwert, Corum. Es ist das Schwert, mit dem du die Mabden in die Schlacht führen wirst.«
»Mein Schwert?« Corum trat überrascht einen Schritt zurück.
»Unser Geschenk für dich. Heute nacht, nach dem Fest, werden wir hierher zurückkehren, und dann wird das Schwert fertig für dich sein. Es wird dir ein guter Freund sein, dieses Schwert, aber erst wenn du ihm einen Namen gegeben hast, wird es dir all seine Stärke geben können.«
»Ich fühle mich geehrt, Goffanon«, erwiderte Corum. »Ich ahntnicht.«
Der riesige Zwerg stieß die Klinge in einen Wasserbottich. Zischend stieg eine Dampfwolke auf. »Halb Sidhi-Werk und halb von Menschenhand. Das richtige Schwert für dich, Corum.«
»In der Tat«, stimmte Corum zu. Er war von Goffanons Worten tief berührt. »In der Tat, du hast recht, Goffanon.« Er wandte sich schüchtern dem grinsenden Hisak zu. »Ich danke Euch, Hisak, Ich danke euch beiden.«
Dann sagte Goffanon ruhig und etwas geheimnisvoll: »Nicht umsonst nennt man Hisak den Sonnendieb. Aber erst ist noch ein Lied zu singen, und ein Zeichen muß gemacht werden.«
Die Rituale respektierend, aber ohne ihnen persönlich irgendwelche Bedeutung beizumessen, nickte Corum ernst. Er war überzeugt, daß ihm eine große Ehre zuteil wurde, aber er war nicht in der Lage zu sagen, worin diese Ehre denn nun genau bestand.
»Ich danke euch nochmals«, sagte er tief beeindruckt. »Ich finde nicht die geeigneten Worte, denn die Sprache ist ein armseeliges Mittel, um die Gefühle auszudrücken, die ich euch mitteilen möchte.«
»Dann laßt uns von dieser Sache nicht weiter sprechen, bis die Zeit der Schwerttaufe gekommen ist«, erklärte Hisak, der sich damit zum erstenmal äußerte. Seine Stimme klang schroff, aber verständnisvoll.
»Ich bin eigentlich gekommen, um dich wegen einer anderen Angelegenheit zu fragen, Goffanon«, sagte Corum. »Ilbrec erzählte mir vorhin von möglichen Verbündeten. Ich wollte wissen, ob du mir dazu etwas sagen kannst.«
Goffanon zuckte die Achseln. »Ich habe dir schon gesagt, daß mir keine weiteren möglichen Verbündeten für den Kampf gegen die Fhoi Myore einfallen.«
»Dann wollen wir diese Sache ruhen lassen, bis Ilbrec selbst Zeit gefunden hat, sich mit Euch darüber zu unterhalten«, verkündete Medheb und zupfte Corum am Ärmel. »Wir sehen uns heute abend alle auf dem Fest, meine Freunde. Jetzt sollten wir ein wenig ausruhen.«
Und sie führte einen nachdenklichen Corum zurück zu den Mauern von Caer Mahlod.
III
Auf dem Fest
Die große Halle von Caer Mahlod hatte sich gefüllt. Für einen Fremden wäre es kaum vorstellbar gewesen, daß die Menschen hier sich auf den letzten, verzweifelten Kampf gegen einen nahezu unbezwingbaren Feind vorbereiteten. Im Gegenteil, alles hier trug den Charakter einer Siegesfeier.
Vier lange Eichentische formten ein weites Viereck, in dessen Mitte recht unbequem ein goldhaariger Riese saß. Ilbrec hatte seinen eigenen Becher, seinen Teller und seinen Löffel mitgebracht. An den Tischen saßen, mit den Gesichtern nach innen, die Edelen der Mabden. Der Hochkönig, der schlanke, asketische Amergin, nahm unter ihnen den Ehrenplatz ein. Er trug seinen von Silberfäden durchzogenen Mantel und eine Krone aus heiligem Eichenlaub. Ihm gegenüber saß Corum, mit seiner bestickten Augenklappe und seiner silbernen Hand. Zu beiden Seiten von Amergin saßen Könige, und neben den Königen saßen Königinnen und Prinzen und die berühmtesten Ritter mit ihren Damen. Corum hatte Medheb zu seiner Rechte und Goffanon zu seiner Linken. Und neben Medheb saß Jhary-a-Conel, und neben Goffanon saß Hisak Sonnendieb, der
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