Corum 06 - Das gelbe Streitross
Myore, und die anderen, er sei ein Schutz für die verfaulenden Leiber des Kalten Volkes. Und sie wußten, daß vor ihnen die Stätte der Sieben Steinkreise lag, die heilige Stätte der Mabden, ihre größte Stätte der Macht Craig Don. Als sie näher heran ritten, hörten sie das grauenvolle Geheul der Hunde des Kerenos, die unwirklichen, dumpfen Stimmen der Fhoi Myore und das Rascheln und Raunen der Brüder der Kiefern, die einmal Menschen gewesen waren, und in deren Adern jetzt Kiefernharz floß.
Jhary-a-Conel gelang es, sein Pferd, das in dem oft brusthohen Schnee nur schwer vorankam, neben das Corums zu treiben. »Es sieht danach aus, daß einige unserer Kameraden noch leben«, rief er. »Die Fhoi Myore würden sich nicht so nah bei Craig Don aufhalten, wenn es dort nicht jemanden zu beklagen gäbe.«
Corum nickte. Er wußte, daß die Fhoi Myore die Steinkreise fürchteten und diesen Ort normalerweise um jeden Preis mieden. Gaynor hatte ihnen das verraten, als er glaubte, sie hier in der Falle sitzen zu haben. Monate war das jetzt schon her.
An der Spitze ritt Ilbrec auf Zaubermähne. Das Riesenpferd bahnte den nachfolgenden Reitern einen Pfad durch den Schnee. Hätten sie den Sidhi-Riesen nicht bei sich gehabt, wären sie viel langsamer vorwärts gekommen. Wahrscheinlich hätten sie Craig Don ohne ihn gar nicht erreicht, sondern wären vorher Opfer der furchtbaren Kälte geworden. Hinter Ilbrec kam Goffanon, wie immer zu Fuß, die Axt über der Schulter, die Truhe mit Terhalis Kopf unter dem Arm. Seine Verletzung begann zu verheilen, aber die Schulter war immer noch steif.
»Der Belagerungsring der Fhoi Myore scheint keine Lücken zu haben«, bemerkte Ilbrec. »Ich fürchte, wir werden nicht unentdeckt durch ihre Reihen schlüpfen können.«
»Wenn wir es überhaupt lebend schaffen«, fügte Corum hinzu. Er sah den weißen Dampfwolken seines Atems in der eisigen Luft nach und zog sich die dicken Pelze noch enger um den zitternden Körper.
»Könnte Sactric nicht ein paar Illusionen beschwören, die uns erlauben, unbemerkt durch die Reihen der Belagerer zu reiten?« schlug Jhary vor.
Goffanon gefiel diese Idee nicht besonders. »Es ist besser, die Illusionen für später aufzuheben«, meinte er. »Damit im entscheidenden Moment niemand gewarnt ist und die Wahrheit ahnen kann.«
»Das ist ein vernünftiger Einwand, muß ich zugeben«, erwiderte Jhary nach einigem Zögern. »Dann müssen wir es mit einem gewaltsamen Durchbruch versuchen. Letzten Endes werden sie ja kaum einen Angriff von hinten erwarten.«
»Nur jemand, der völlig verrückt ist, würde versuchen, nach Craig Don durchzubrechen. Das werden sich die Fhoi Myore auch sagen.« Corum lächelte schwach mit erfrorenen Lippen.
»Im Augenblick sind wir das ja wohl auch«, antwortete Jhary. Und es gelang ihm, Corum zuzuwinken.
»Was meint Ihr dazu, Sactric?« Ilbrec wandte sich an die kleine Katze.
Sactric zog die Katzenstirn kraus. »Ich würde raten, daß meine Schwester und ich all unsere Kräfte für den letzten Moment aufheben. Was ihr euch da vorgestellt habt, ist zwar möglich, aber außerhalb von Ynys Scaith ist es für uns viel schwieriger, unsere Kräfte einzusetzen. Und anstrengender.«
Ilbrec akzeptierte dies. »Ich reite an der Spitze, um euch den Weg frei zu machen. Haltet euch dicht hinter mir.« Er zog seine berühmte Klinge Vergelter, und in dem kalten Licht funkelte sie eigenartig. Sie war eine Klinge der Sonne, und die Sonne hatte ihre Strahlen schon lange nicht mehr über diese Ebene geschickt. Das Schwert strahlte Wärme aus. Die tanzenden Schneeflocken schienen in seiner Aura zu schmelzen. Und Ilbrec lachte, und er rief seinem Pferd zu:
»Vorwärts, Zaubermähne! Auf nach Craig Don! Auf zur Stätte der Macht.«
Und schon galoppierte er los. Zu beiden Seiten seines Pferdes wirbelten Schneewolken auf. Seine Gefährten folgten dicht auf, mit heiseren Kampfrufen und die Waffen schwingend, als Ilbrec als erster in den unnatürlich kalten Fhoi Myore-Nebel eindrang. Die Schlachtrufe und die gezückten Waffen dienten allerdings in erster Linie dazu, sich selbst Mut zu machen und sich warm zu halten.
Auch Corum erreichte die Nebelwand und trieb sein Pferd hinein. Er bemühte sich, sich seinen riesigen Gefährten nicht aus den Augen zu verlieren. In dem eisigen Dunst hatte er den Eindruck von großen, schwarzen Schatten, die sich schwerfällig hin- und herbewegten, von Hunden, die alarmiert aufheulten, und grünhäutigen Reitern,
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