Coruum Vol. 1
eine sehr gut erhaltene« – Megan suchte nach einem Wort – »so ähnlich wie eine Steinsäule.«
»Stele«, warf ich ein.
»Ja, sie hätte eine Stele entdeckt, die über und über mit Hieroglyphen versehen wäre. Davon könnte sie einige entziffern, aber – « Megan beugte sich zu mir rüber, »die meisten hätte sie noch nie gesehen, und sie wäre sich sicher, dass diese auch nicht von den Maya stammen könnten.«
Ich setzte mich unbeholfen auf. Der Burgunder wirkte bereits. »Kannst du das bitte noch einmal wiederholen?«
Megan sah mich überrascht an. »Eine Stele mit unbekannten Schriftzeichen!«
Mein Gesichtsausdruck schien sie zu irritieren. Megan fuhr fort.
»Karen erwähnte, sie hielte es für möglich, dass die unbekannten Hieroglyphen ein Datum bezeichnen könnten.«
Megan blinzelte mich an. »Na, interessiert?«
Debra hatte die gesamte Unterhaltung bis hierher wortlos verfolgt. Jetzt stand sie auf.
»Donavon, was sind Hieroglyphen?«
Ich war zu aufgeregt, um jetzt diese Frage zu beantworten. Ich ignorierte sie daher und sah Megan an. »Wie kann ich Karen erreichen?«
»Der Zettel mit ihrer Telefonnummer liegt in deinem Zimmer.«
Ich war schon fast aus der Tür, da fiel mir noch etwas ein. »Megan«, sie sah mich an, »hat Vater dir heute seinen Gast George Mason vorgestellt?«
»Ja, hat er. Ist ein alter Arbeitskollege von ihm. Warum?«
»Habt ihr Euch unterhalten?« Ich ging langsam zu ihr zurück.
»Nein. Er hat sich nur kurz nach Marie erkundigt, das war alles. Er ist den ganzen Nachmittag auf seinem Zimmer geblieben. Warum?«
Wenn es eine Eigenschaft von Megan gibt, die sie von allen anderen Menschen auf der Welt unterscheidet, dann die, niemals auf die Antwort auf eine einmal gestellte Frage zu verzichten.
»Oh, nichts Besonderes. Vater hat ihn mir heute beim Abendessen vorgestellt. Mich hätte dein Eindruck von ihm interessiert.« Ich sah sie an.
Megan winkte mich weg. »Er hat keinen Eindruck auf mich gemacht.«
Die Notiz in Megans sauberer Schrift lag auf meinem Nachttisch. Ich öffnete meine Reisetasche und nahm mein Computertelefon heraus. Als ich es einschaltete, ertönte ein kurzes Signal und ich sah, dass ich am Abend noch zwei Anrufe aus der Universität erhalten hatte.
Na ja, jetzt war Wochenende und danach Urlaub. Die Nummer war aus der Verwaltung. War es wichtig, würde der Anrufer sich am Montag noch einmal melden.
Ich setzte mich aufs Bett und wählte die Satellitentelefonnummer von Karen. Am anderen Ende klingelte es, bis sich der Anrufbeantworter meldete.
Ich unterbrach die Verbindung und wählte neu. Wieder nur der Anrufbeantworter.
Nach dem dritten Versuch hinterließ ich eine kurze Nachricht und legte auf.
Guatemala war sechs Stunden hinter uns her, dort war es also kurz vor fünf Uhr nachmittags. Sie würde die Nachricht mit hoher Wahrscheinlichkeit heute noch abhören. Ich steckte das Computertelefon in meine Hemdtasche, machte mich kurz frisch und ging wieder in den Burgsaal hinunter.
Dort traf ich nur noch Gordon und das Hauspersonal beim Abräumen. Ich bat um einen schwarzen Tee und nahm ihn mit in Richtung Herrenzimmer, welches im mittleren Turmgeschoss lag. Als ich eintrat, schlug mir eine dicke Wolke aus Pfeifen- und Zigarrenqualm entgegen. Brian entdeckte mich als erster und winkte mich zu sich in eine Gruppe genieteter Ledersessel, die er allein belegt hatte.
»Don, für welche Wettkämpfe wirst du dich morgen anmelden?« Er gab mir eine kleine Havanna, die ich vorsichtig auf der breiten Sesselarmlehne ablegte. Die Frage erinnerte mich an meinen Trainingsrückstand im Joggen.
Normalerweise laufe ich jeden Tag wenigstens eine Meile und einmal in der Woche zehn. Den Zehn-Meilen-Lauf hatte ich in den letzten Monaten ausgelassen. Das würde ich morgen merken.
»Nun, natürlich nehme ich an der Verteidigung unserer Clan-Ehre teil, und wenn ich genügend Reserven habe, am Mountain-Run.«
Er grinste verständnisvoll.
Bei der Verteidigung der Clan-Ehre ging es um Tug-o-War – das klassische Tauziehen zweier Mannschaften, bestehend aus jeweils acht erwachsenen Männern.
Für uns war es der traditionelle Clan-Wettkampf. Mit Brian hatten wir erst zweimal verloren. Gegen die Mannschaft des Königs im letzten Jahr, und gegen die McDonalds vor drei Jahren bei Dauerregen. Das war eigentlich kein Tauziehen mehr gewesen, sondern eher eine Schlammschlacht. Die Mannschaft des Königs hatte uns im letzten Jahr nur vom Platz gezogen, da Brian zeitgleich
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