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Coruum Vol. 1

Coruum Vol. 1

Titel: Coruum Vol. 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael R. Baier
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Der Sturm peitschte das Wasser aus den Pfützen und überzog jeden, der sich draußen aufhielt, mit einer hellen Schlammschicht.
    »Nein«, fuhr ich schließlich fort, »ich befürchte, wir sind hier erst einmal gefangen.« Karen sah mich niedergeschlagen an.
    »Wenigstens haben wir noch Glück, dass wir in das unterirdische Lager flüchten können, wenn tatsächlich ein Hurrikan hier rüber kommen sollte.«
    Sinistra zuckte unsicher mit den Schultern. Mit einer Hand verdrehte sie eine ihrer kurzen, dunklen Haarsträhnen zu einem Zopf.
    »Ich möchte jedenfalls jetzt nicht mit den Leuten in der Stadt tauschen, die ohne Strom und Informationen dasitzen und nicht wegkommen.«
     
    *
     
    Das Zittern des Bodens, gefolgt von einem lauten Schrei, warf mich aus meinem Nachtlager.
    Der Schrei stammte vermutlich von Karen, die sich ebenfalls vom Fußboden des Bürocontainers aufrappelte. Der Sturm rüttelte an der soliden Stahlkonstruktion des Containers. Regentropfen prasselten in einem präzisen Stakkato auf das Dach.
    Das kalte Licht der Neonröhre ging zuckend an. Sinistra sah mit wachem Blick aus dem Fenster, an dem das Wasser in einer geschlossenen Fläche hinablief.
    »Was war das?« fragte Karen laut gegen das Dröhnen der Regentropfen auf dem Aluminiumdach des Containers. Sie zog sich einen Stuhl heran und setzte sich müde darauf, das Gesicht mit den Händen reibend.
    Ich richtete mich auf und schüttelte zur Antwort den Kopf – ich wusste es auch nicht. Es war zehn vor vier Uhr morgens. Wir hatten gerade einmal zwei Stunden geschlafen. Ich zog mir die Stiefel an.
    »Es fühlte sich an wie ein Erdbeben. Aber ich fühlte nur einen Stoß.« Sinistra schlüpfte in ihre Jacke und öffnete die Tür des Containers.
    »Ahhhh!« Ein scharfer Luftzug riss sie ihr aus der Hand und schlug sie krachend gegen die Außenwand. Ich sprang zu ihr. Ein von einer Böe herangetragener Regenschwall wusch mein Gesicht und machte mich vollends wach.
    Ein paar Gestalten kämpften sich, mit Taschenlampen bewaffnet, an uns vorbei.
    »Kommen Sie, Doktor, es wird Zeit, in das unterirdische Lager umzuziehen, der Sturm wird zu stark!«
    Ein Marine war gegen den Sturm gebeugt stehen geblieben und winkte und schrie uns gegen das ohrenbetäubende Rauschen und Pfeifen des Hurrikan die Worte zu.
    Ich erkannte Branson, der unter seinem Regenponcho leidlich gut gegen die Wassermassen geschützt war. Er musste uns das nicht zweimal sagen. Sinistra schlug die Kapuze hoch und sprang hinaus, gefolgt von Karen und mir. Innerhalb von Sekunden waren wir klatschnass. Der Wind trieb das Wasser aus allen Richtungen unter die Kleidung und der feine Kalkschlamm überzog uns in kürzester Zeit mit einem schmierigen Film.
    »Direkter Weg nach unten! Schnell!« schrie ich Karen ins Ohr.
    Sie nickte und stemmte sich gegen den Wind in Richtung Rampe, Sinistra auf den Fersen. Die Gasdrucklampen, welche normalerweise die erste Rampe hinab zur Stele und die zweite Rampe hinab zum Eingang in den unterirdischen Komplex beleuchteten, waren zum großen Teil bereits vom Sturm abgerissen worden oder hingen an ihren Kabeln umherbaumelnd an den Stativen und verbreiteten ein gespenstisches, zuckendes Licht.
    Auf dem unebenen, nassen Boden rutschten wir mehrmals aus. Auf der ersten Rampe halfen uns quer zur Fahrtrichtung in den Beton gefräste Rillen ein wenig, das Gleichgewicht zu halten. Dafür lief das Wasser in Bächen um unsere Füße. Auf halber Höhe der Rampe kamen wir, dicht an der Wand lang eilend, in ihren Windschatten.
    Eine plötzliche Serie von lauten Explosionen drang durch die Sturmgeräusche. Ich hielt überrascht an und sah mich um.
    Nein! Ich traute meinen Augen nicht.
    Hinter einer grauen Wand aus wirren Figuren, die der Sturm in die Regenschwaden zeichnete, schwebte in vielleicht fünfzig Metern Höhe eine Gruppe von ausgefransten, in ihrer Helligkeit schwankender Lichtflecken über der Stelle, an der sich ungefähr der Eingang zum Ausgrabungsgelände befinden musste. Flammensäulen loderten vom Boden unter ihnen auf. Die Lichter bewegten sich nur sehr langsam und schienen den Sturm nicht zu bemerken.
    »Komm schon, Don!«
    Karen war am Fuße der Rampe ebenfalls stehen geblieben und hatte das Objekt angestarrt. Jetzt schrie sie mir aus Leibeskräften zu und winkte aufgeregt, ihr zu folgen.
    Auf der Ebene der Stele blieb ich unter dem Schutzdach erneut stehen und suchte die Erscheinung. Sie verharrte nach wie vor an der Stelle, an der ich sie zuerst gesichtet

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