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Coruum Vol. 1

Coruum Vol. 1

Titel: Coruum Vol. 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael R. Baier
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einen Umschlag mit zwei gefalteten Faxkopien hervor und breitete sie auf dem Lageplan aus. Die Hieroglyphen auf dem Papier waren in der für Maya typischen zweispaltigen Schreibweise übereinander angeordnet. Durch die Übertragung hatten sie an Detailtiefe verloren, waren für meine Zwecke jedoch noch ausreichend gewesen.
    »Waren das alle Hieroglyphen auf der Stele?«, schickte ich als Gegenfrage vorweg.
    Karen nickte. »Alle, die in ihrer jetzigen Position sichtbar waren. Wie gesagt, sie liegt schräg im Schlamm. Was für ein Glück, dass sie nicht zerbrochen ist. Ich habe nie eine schmucklosere Stele gesehen. Wir deuten das für ein Zeichen größter Eile bei ihrer Errichtung.«
    »Oder für ein Zeichen größter Bedeutung der auf ihr dargestellten Informationen!«, warf ich ein.
    Karen sah mich mit offenem Mund an. »Wieso? Hast du etwas entdeckt?«
    Ich lächelte: »Gut, dann will ich euch meine Hypothesen – so weit sie gediehen sind – einmal vorstellen.«
    Ich nahm das erste Blatt mit der oberen Hälfte der Hieroglyphen zur Hand und deutete mit dem Zeigefinger auf die relevanten Stellen.
    Die Hieroglyphen der Maya bestanden aus zusammengesetzten Bildchen, die, jedes für sich, in eine meist quadratische Form hineinpassten und eine eigene Aussage hatten. Besonders wichtige Bildchen wurden von mehreren kleineren Bildchen am linken und oberen Rand eingerahmt, zu verstehen als kleine Erläuterungen zum Hauptbild. Jedes Bildchen erzählte sozusagen einen Teil einer Kurzgeschichte. Die gesamte Geschichte ergab sich aus der richtigen Übersetzung aller großen und kleinen Bildchen.
    Gegenüber unserer alphabetischen Zeichensprache, in welcher der einzelne Buchstabe überhaupt keine Bedeutung hat, sondern diese erst aus dem Zusammensetzen von einzelnen Buchstaben zu Worten und aus Worten zu Sätzen entsteht, enthielt jede Glyphe der Maya eine eigene Aussage.
    Diese konnte durch die Kombination mit anderen Glyphen variieren, was ihre Entzifferung deutlich erschwerte. Aufgrund der geringen Anzahl verfügbarer Übersetzungen und erhaltener Originalaufzeichnungen (die Spanier waren auf ihren Eroberungszügen in Mittelamerika bei der Vernichtung von Schriftgut sehr gründlich vorgegangen) war die Übersetzung der Hieroglyphen lange Zeit nur sehr schleppend vorangekommen.
    Die Hieroglyphen-Paare auf dem Papier waren zeilenweise untereinander geschrieben.
    »Wenigstens haben sie sich die Zeit genommen, die Stele zu unterschreiben«, fuhr ich fort.
    »Die Typographie der Maya beginnt auf den gefundenen Inschriften von Stelen mit einer Einführungshieroglyphe, die den Stadtstaat und seinen höchsten Würdenträger oder König bezeichnet, sozusagen als Absender und Unterzeichner.« Mein Zeigefinger ruhte auf der ersten Zeile.
    »Wie ihr behauptet, ist sie bis dato unbekannt.«
    Die Einführungshieroglyphe setzte sich aus zwei Hieroglyphen zu je fünf einzelnen Bildchen zusammen, von denen sich das große Bildchen – die Hauptglyphe – rechts unten befand und an seiner linken und oberen Seite von jeweils zwei kleineren Bildchen eingerahmt wurde.
    »Konntet ihr Bestandteile der ersten Emblemhieroglyphe entziffern?«
    Raymond schüttelte den Kopf. »Sie ist definitiv neu. Auf den ersten Blick erinnert sie stark an die Einführungshieroglyphe von Tikal. Das überrascht nicht, auf Grund der geographischen Nachbarschaft muss es irgendeine Beziehung zwischen beiden Städten gegeben haben.«
    Er zeigte auf das Blatt. »Wir sehen das hier an der fast vollkommenen Übereinstimmung der großen Hauptglyphen.« Er deutete auf das große Bildchen, das aussah wie ein Heuballen, vor dem sich zwei Hände trafen, und das als Handelspunkt oder Markt interpretiert werden konnte.
    »Alle Nebenglyphen sind dagegen vollkommen unterschiedlich«, fuhr Raymond fort. Er zeigte auf die kleineren Bildchen. »Das bedeutet für uns ein klares Indiz für eine weitere selbständige Stadt.«
    »Das bringt uns zur zweiten Glyphe der Einführungsserie.« Ich deutete auf das zweite Zeichen in der ersten Zeile. »Hierbei müsste es sich um die Ajaw -Glyphe handeln, die Königsglyphe, oder die des höchsten Würdenträgers des Stadtstaates zum Zeitpunkt der Errichtung.
    Auffällig ist nur, dass diese zweite Hauptglyphe nicht von vier, sondern von fünf Nebenglyphen eingerahmt wird.« Ich sah Karen fragend an.
    Sie nickte. »Das ist uns auch aufgefallen. Die Hauptglyphe zeigt den Jaguargott. Über seinem Kopf fliegt ein prunkvoller Vogel mit sehr betonten

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