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Coruum Vol. 1

Coruum Vol. 1

Titel: Coruum Vol. 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael R. Baier
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sehr beeindruckend gewesen sein, sicher eines der größten Häuser in der Stadt. Jetzt war es notdürftig erhalten und bedurfte neben massiven Reparaturen wenigstens eines neuen Anstrichs. Meterlange Risse zogen sich durch Teile des Mauerwerks, und etliche Glasscheiben waren blind oder fehlten.
    »Das ist der momentane Außenposten des Archäologischen Instituts.« Karen sah mich entschuldigend an. »Allerdings glaube ich nicht, dass sich das in naher Zukunft ändern wird. Ich habe hier immerhin in zwei Räumen unser derzeitiges Ausgrabungsbüro mit unterbringen können.«
    Wir betraten das Gebäude durch einen Seiteneingang und stiegen eine Treppe mit ausgetretenen Stufen in den dritten Stock empor. Es schien relativ verlassen am frühen Abend.
    Am Ende eines Flures betraten wir einen großen Raum, der hell erleuchtet war und dessen Wände förmlich mit Papier tapeziert waren. In der Mitte standen drei Schreibtische in einer Gruppe zusammen, auf denen altmodische Bildröhrenmonitore wie Gipfel aus Papierbergen herausragten. Vor einem der Monitore saß ein drahtiger, junger Mann mit zerzausten braunen Haaren, indianischen Gesichtszügen und durchtrainierter Statur. Er trug eine abgeschnittene Jeans und ein braunes T-Shirt, und tippte eifrig auf seiner Tastatur herum.
    »Hallo Raymond«, begrüßte Karen ihn, »darf ich dir Dr. MacAllon vorstellen?«
    Raymond sprang auf und kam mir mit zwei großen Schritte entgegen, wobei ich auf seinem T-Shirt eine boshaft grinsende Mayahieroglyphe erkannte, welche das Konterfei des Regengottes Chaak darstellte.
    »Ich freue mich, Sie kennen zu lernen, Monsieur«, sagte er, wobei er tadellose Zähne entblößte und mir die Hand reichte. »Wir alle haben schon viel von Ihnen gehört. Besonders Ihre Abhandlungen über die Zahlen- und Ziffernsysteme der mittelamerikanischen Kulturen sind hier Standardwerke.« Mit einer Geste fasste er alle Arbeitsplätze des leeren Raumes zusammen. Er strahlte mich an, als hätte ich ihm gerade die Nachricht über den Hauptgewinn der staatlichen Lotterie überbracht.
    Ich nickte ihm zu. »Raymond, die Freude ist ganz meinerseits. Ich kann im Moment gut eine Zeitlang ohne die Abhandlungen und den Vorlesungssaal auskommen.«
    »Das wird uns helfen, Don.« Karen sah Raymond an. »Raymond ist uns vom Archäologischen Institut Toulouse ausgeliehen worden. Er leitet das Taucherteam in der Höhle und hilft mir, wo es nur geht. Ich wüsste nicht, was ich ohne ihn tun sollte. Er hat beim ersten Tauchgang auch die Stele im Schlamm entdeckt und damit erst richtig für Aufregung gesorgt.«
    Raymond grinste mich an. Karen war sonst wohl nicht so großzügig mit ihren Komplimenten.
    Sie winkte mich zu ihrem Schreibtisch, der Kopf an Kopf mit dem von Raymond stand. Aus dem Nachbarraum holte sie einen langen, dünnen Kunststoffzylinder, von dem sie eine Seite aufschraubte. Heraus zog sie ein großes, leicht bläuliches Kunststoffpapier, das sie auf ihrem Schreibtisch zu DIN A0 ausrollte und mit der abgegriffenen Computermaus, einem Locher und dem Fuß einer gusseisernen Schreibtischlampe aus den zwanziger Jahren des vorherigen Jahrhunderts beschwerte, um es am Zusammenrollen zu hindern.
    »Sieh hier. Das ist der aktuelle Lageplan des Ballspielplatzes im Gelände.« Sie fuhr mit dem Zeigefinger über ein zentral gelegenes, lang gezogenes Rechteck. »Er ist vollständig verschüttet, besitzt aber einen großen Hohlraum, der wiederum zur Hälfte mit Regenwasser gefüllt ist, das nur sehr langsam in den knapp darunter liegenden Grundwasserspiegel ablaufen kann.
    Den Platz haben wir in der Höhle vermessen. An diesen beiden Seiten sind Reste von Fundamenten großer Strukturen, hier an der Nordseite sogar Treppenstufen zu erkennen. Die vierte Seite, Süden, war wie es scheint ursprünglich offen. Die Höhlendecke erreicht hier den Boden.« Karen deutete auf die jeweiligen Seiten des Rechtecks. »Ein sehr gut erhaltender Torring aus massivem Kalkstein befindet sich hier an der Westseite in einer über vier Meter hohen, leicht nach außen geneigten Mauer aus ebenfalls großen Kalksteinblöcken, die gleichzeitig die Funktion einer Tribüne hatte. Genau gegenüber vor der Ostwand liegen Teile eines identischen Torrings zerbrochen im Schlamm.«
    Karen deutete auf ein Oval in einer Hälfte des Rechtecks.
    »Auf der Längsachse des Platzes, etwas seitlich der Mitte, haben wir die Stele im Schlamm gefunden. Etwa dreißig Meter vom einzigen Zugang zur Höhle entfernt, der hier in

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