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Coruum Vol. 2

Coruum Vol. 2

Titel: Coruum Vol. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael R. Baier
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auch Ihnen, Sybil, für Ihr Vertrauen, mich in dieses Team integriert zu haben«, mit einem leichten Schmunzeln fügte er hinzu: »Auch wenn ich diesen ganzen Papierkram unterschreiben musste und die nächsten zehn Jahre nicht darüber reden darf – und danach ist es wahrscheinlich zu spät für mich.« Er hob den Kopf und sah freundlich in die Runde seiner Zuhörer.
    »Die Entdeckungen der letzten Tage werden trotzdem der Auslöser für eine Revolution in der Biotechnologie sein.«
    Ich nahm meine Konzentration zusammen und setzte mich gerade hin. Im Saal war es erneut still geworden.
    »Bevor ich die Erklärung für das von Professor Young angedeutete Blutphänomen vorstelle, erlauben Sie mir einen kurzen Exkurs in die Funktionsweise unseres Immunsystems – um gewissermaßen eine Minimalbasis für die Erklärung zu erzeugen.« Er zoomte eine Zelle aus dem Bild heran.
    »Bei dieser Zelle, die Sie hier auf dem Bild erkennen – das Bild stammt nicht von dem Finger, sondern es handelt sich um eine endoskopische Aufnahme aus dem Brustbein eines gesunden, etwa vierzig Jahre alten Mannes – handelt es sich um ein neues, weißes Blutkörperchen, einen Leukozyten – und genauer – um eine determinierte Stammzelle. Diese ungetypten Leukozyten können sich auf besondere Aufgaben im Körper spezialisieren. Unser Organismus verfügt dazu über Wachstumsfaktoren, so genannte Zytokine, die die Spezialisierung der ungetypten Leukozyten in getypte steuern – die dann für eine bestimmte Aufgabe im Organismus vorgesehen sind.« Er drehte sich seinen Zuhörern zu, um festzustellen, wie es um unsere Aufnahmefähigkeit zu so später Stunde bestellt war.
    »Ich will es kurz machen. Wir nehmen unser Immunsystem nicht wahr, solange es funktioniert. Und das ist gut so. Leukämie und AIDS sind keine Themen, mit denen man sich gern befasst. Aber gerade diese schweren Krankheiten – Störungen des Immunsystems und unsere Limitierung, sie zu heilen – beschreiben unseren weiterhin geringen Verständnisgrad der Zusammenhänge am besten.«
    Doktor Massey deutete auf das Bild des weißen Blutkörperchens hinter sich.
    »Nehmen Sie im Moment nur soviel mit: Unser Immunsystem beruht in seiner Funktionsweise zu mehr als achtzig Prozent auf Leukozyten in all ihren Spezialisierungen. Der Organismus bildet sie im Erwachsenenalter im Knochenmark der Hüftknochen und des Brustbeins. Die wichtigste Aufgabe des Immunsystems besteht darin, zu erkennen, welche Zellen zu unserem Körper gehören und welche nicht. Damit es dazu in der Lage ist, verfügt jeder Leukozyt, wie jede andere Zelle auch, in seinem Zellkern über eine komplette Kopie unseres Erbgutes. Die gesamte Liste der spezialisierten Leukozyten befasst sich mit den Zellen, die nicht zu unserem Körper gehören – sprich – mit ihrer Aufspürung und Bekämpfung. Sie verfügen über zwei Arten der Fortbewegung – mittels unseres Blutstroms für alles, was im Blut schwimmt, oder mittels ihrer amöboiden Eigenschaft, aktiv aus dem Blutstrom ins Zellgewebe überzuwechseln, für alle defekten Zellen außerhalb des Blutstroms.«
    Ein neues Bild erschien. Es war die Skizze einer Hand. Der Zeigefinger war abgetrennt und die Blutbahnen innerhalb der Hand herausgearbeitet.
    »Es ist nicht wichtig, im Detail den Prozess des Immunsystems zum Verschließen einer entzündeten, offenen Wunde zu verstehen. Ausgehend von der Läsion über den arteriellen Spasmus, das Sludge-Phänomen bis hin zur massenhaften Einschwemmung von neutrophilen, basophilen und eosinophilen Granulozyten, Makrophagen und Lymphozyten in das zerstörte Gewebe und dem Aufbau einer Kruste, um erstens den weiteren Verlust von Blut und zweitens das Eintreten von Infektionskeimen zu verhindern. Wir erwarten diesen Vorgang gewissermaßen – allerdings mit einem Unterschied zu dem hier vorliegenden Fall – und das beschreiben wir im Moment mit dem Begriff des Blut-Phänomens.« Er sah uns aufmerksam an und fuhr dann fort:
    »Dieser Reparaturvorgang kann nicht auf der Seite des abgetrennten Gliedes funktionieren – denn hier verfügt das Glied nicht mehr über den Blutdruck, das heißt, die Leukozyten können sich erstens nicht abstimmen und zweitens kommen sie nicht mehr voran. Wie Professor Carlysle aber festgestellt hat, war der abgetrennte Finger vital und verfügte über Blutdruck – wie kann das sein?«
    Sturgis trommelte leise mit den Fingern auf seiner Stuhllehne und warf mir einen hilflosen Blick zu, den ich lächelnd

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