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Coruum Vol. 2

Coruum Vol. 2

Titel: Coruum Vol. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael R. Baier
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quittierte.
    »Reicht Ihnen das als Hintergrund, bevor ich nun zur Erklärung übergehe?«, fragte der Biotechnologe mitfühlend und erntete heftiges Kopfnicken.
    »Gut – dann halten Sie sich bitte fest.« Er gab dem Assistenten ein Zeichen und das nächste Bild erschien.
    Ich hielt die Luft an. Mehrfach hatte ich medizinische Aufnahmen von Elektronenmikroskopen gesehen, von Ganglien und Synapsen, dem wahnsinnigen Moment, wenn ein Spermium den Mantel einer Eizelle durchdringt. Doch dieses Foto erzeugte unmittelbares Unbehagen.
    Das weiße Blutkörperchen auf dem Bild war von einer äußerst feinen, netzartigen Struktur umgeben. Sozusagen eine Kugel in der Kugel – auch wenn die Form eher wie ein Ellipsoid erschien. Die fahlweiße Zelle hatte an einigen Stellen offenbar Kontakt zu der umgebenden Netzstruktur, die ihrerseits unterschiedlich große Maschen aufwies und größere Flächen der Zelle auch völlig verdeckte. Besonders auffällig war jedoch eine Art rechteckiger Blase im Zentrum des Bildes, eingerahmt von vier Netzfäden.
    »Was Sie hier als Käfig- oder netzartige Struktur um einen Leukozyten erkennen, gehört nicht zum menschlichen Organismus – zumindest nicht zu unserem.« Doktor Massey strich sich durch das feine Haar und sah nachdenklich auf die Leinwand. Ein neues Bild erschien, auf dem drei dieser eingehüllten weißen Blutkörperchen zu sehen waren. Bei einem von ihnen hatte sich die Umhüllung geöffnet und hing wie ein platter Reifen an einer Seite herunter, während das Blutkörperchen zur Seite davonzuschwimmen schien. »Dieses Foto stammt aus unmittelbarer Nähe zur Läsionsstelle. Wie Sie erkennen können, verlässt der nun spezialisierte Leukozyt seine künstliche Hülle und bewegt sich auf die verletzte Stelle des Fingers zu. Die Öffnung in der Hülle ist hierbei dynamisch durch eine Veränderung der Käfig- oder Netzstruktur entstanden.«
    Er stützte sich mit einer Hand auf der Stuhllehne von einem der herumstehenden Podiumsplätze ab.
    »Wir kennen einen ähnlichen Prozess aus unseren eigenen Zellen. Es handelt sich dabei um das Cytoskelett – ein aus Proteinen aufgebautes Netzwerk im Cytoplasma – das sich dynamisch aus auf- und abbaubaren, dünnen, fadenförmigen Zell-Filamenten bildet. Es ist verantwortlich für die mechanische Stabilisierung unserer Zellen, für ihre äußere Form, aber auch für die Signalübertragung zwischen der Zelle und ihrer Umgebung.«
    Sein Blick suchte sein Auditorium ab. Einige Zuhörer – ich vermutete, die anderen Wissenschaftler – nickten ihm wissend zu.
    »Die Funktion dieser rechteckigen Blase innerhalb der Hülle ist zurzeit nicht ganz klar. Meine Vermutung ist, dass sie eine Art künstliche Steuerlogik für den eingehüllten Leukozyt und die Hüllstruktur beinhaltet. Ich konnte sehr schwache elektrische Ströme messen. Die Art der Verbindungen der Umhüllung zum Leukozyten über Proteine lässt auf eine sehr fortgeschrittene Bio-Connector-Technologie schließen. Eine kurze Bemerkung zur Dimension der Technologie: Wir reden über einen Durchmesser des Leukozyten von vielleicht fünfzehn Mikrometern und ungefähr fünfundzwanzig Nanometern bei den umhüllenden Netzstrukturen der Mikrotubuli.«
    »Was stellt diese Umhüllung der Leukozyten dar, Doktor? Was ist ihr Sinn?« Colin Rogers hatte sich in eine der hinteren Stuhlreihen gesetzt und meldete sich das erste Mal innerhalb der letzten Stunde zu Wort.
    »Erlauben Sie mir ein letztes Bild, bevor ich Ihre Frage beantworte, Sir.« Er holte einen kleinen Laserpointer aus der Innentasche seines Jacketts und schaltete ihn ein.
    Auf dem Bild war eine in der Mitte zusammengedrückte, fahlweiße Scheibe zu erkennen. »Das hier habe ich durch Zufall gefunden. Ein Einzelstück soweit. Sie sehen eine weitere künstliche Struktur, die es in unserem Organismus in dieser Form nicht gibt, obwohl sie aus Einzelbausteinen besteht, die sehr wohl bei uns existieren. Ihre Bedeutung ist mir nicht klar. Sie hat ungefähr die Größe eines typischen Erythrozyten, eines roten Blutkörperchens, und auch dessen Form. Möglicherweise sogar dessen Aufgabe. Die körpereigenen Erythrozyten des Fingers konnten im Blut nur noch zusammengefallen nachgewiesen werden, das heißt, sie hatten ihren Sauerstoff schon vor geraumer Zeit an das Gewebe abgegeben und befanden sich in Auflösung.«
    Doktor Massey gab dem Techniker ein Zeichen, die Beleuchtung wieder herzustellen. Im hinteren Teil des Raumes, eine Reihe hinter dem Direktor

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