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Coruum Vol. 2

Coruum Vol. 2

Titel: Coruum Vol. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael R. Baier
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gekommen. Vorsichtig ging ich an den Rand des Felsabsatzes, der fahl vor dem schwarzen Hintergrund der Tiefe schimmerte, bei jedem Schritt die Rutschfestigkeit des unebenen und schlammigen Felsens unter mir prüfend.
    Ein weiterer Stein kam aus der Dunkelheit angeflogen und traf mich mit einiger Wucht an der Brust. Ich erstarrte. Sollte es tatsächlich möglich sein?
    » Sturgis? Sturgis! «, schrie ich aus Leibeskräften. Karen ergriff meinen Arm.
    »Er ist tot, Don!«
    »Nein, er ist unter uns, möglicherweise auf einem anderen Absatz. Hilf mir!« Ich setzte mich auf den Boden und robbte bäuchlings an die schroffe Felskante heran. »Halt meine Füße fest!«
    Karen nickte und legte sich hinter mich auf den schlammigen Boden, meine Knöchel mit beiden Händen fest umfassend. Zentimeter für Zentimeter bewegte ich mich vorwärts und versuchte das nur eine Armlänge neben mir in die Tiefe stürzende Wasser zu ignorieren, dessen Gischt meine Haare sofort durchnässt hatte.
    » Scotsman! «, hörte ich die raue Stimme des Amerikaners leise durch das Rauschen der Fluten unter mir, » Scotsman! Willst du endlich antworten und mir helfen! «
    » Sturgis! Ich bin hier über Ihnen «, antwortete ich, gegen das Donnern des Wasser anbrüllend, unsagbar erleichtert darüber, die Stimme des Mannes zu hören, der mir beim Einbruch in diesen Cenote das Leben gerettet hatte. Ich strengte mich an, das Dunkel zu durchdringen, konnte aber in der Gischt nichts erkennen.
    Von unten ertönte ein lautes Ächzen. » Damn, ich kann dich sehen, Scotsman, streck die Hände aus, ich bin dreißig Zentimeter darunter! «
    Ich robbte so weit nach vorn, wie ich konnte, ohne Angst haben zu müssen, mit Karen an den Füßen über die Kante zu rutschen. Ich drehte mich auf die Seite und langte mit der linken Hand nach unten so weit es ging. Meine Fingerspitzen berührten etwas. » Noch etwas, ja! « Ein Ruck und das Gewicht des Amerikaners zog mich mit Karen an den Füßen einen Kopf weit nach unten, bevor ich mich mit meiner rechten Hand und den Stiefelspitzen in Unebenheiten des Bodens festhalten konnte. Der schraubstockartige Griff um meine verletzte Hand ließ mich vor Schmerzen am ganzen Körper zusammenzucken. Karen schrie auf.
    » Don! Ich kann dich nicht lange so halten! « Mit ihrem ganzen Gewicht lag sie auf meinen Waden.
    » Bleib so, Scotsman, nicht bewegen! « Sturgis Stimme klang ziemlich nah. Er schien zu spüren, dass sein Griff mir wehtat.
    Mit einem weiteren Ruck, der mir vor Schmerzen fast die Besinnung raubte, kam er ein Stück höher und seine Hand rutschte über mein Handgelenk hinweg an meinen Unterarm. Der Zug wurde kontinuierlich stärker, als er langsam mehr und mehr Gewicht verlagerte und mich auf den rauen Felsen presste. Ich spürte, wie Karen hinter mir krampfhaft arbeitete, um in der Kalkoberfläche den Halt nicht zu verlieren. Wie in Zeitlupe kletterte Sturgis an mir hoch, die Finger der einen Hand in die raue Oberfläche des spröden Felsens klammernd, die andere langsam am Stoff meiner Jacke hochschiebend. Er musste irgendwo noch Halt mit den Füßen haben. Wenn er jetzt abrutschte, würde er mich mit hinunterziehen. Als sein Gesicht auf Höhe meines Kopfes war, presste er seine Lippen auf meine Schläfe. » Damn, Scotsman, selten habe ich mich so gefreut, einen anderen Mann zu küssen. Danke! Jetzt sind wir wohl quitt. «
    In meiner Sprachlosigkeit kletterte er über mich hinweg und zog mich hinter sich her, nachdem er festen Halt hatte. Aus dem Dämmerlicht hörte ich noch »Lady!« und sah, wie Karen sich aus der euphorischen Umarmung des Hünen wand. Er schien vollkommen unverletzt.
    »Wie haben Sie das geschafft, aus dem Truck zu kommen?« fragte sie ihn entgeistert.
    Er strich sich verlegen über die Bartstoppeln und fuhr sich durch die nassen, schulterlangen blonden Haare. »Ich bin gesprungen, wie Sie, Lady. Bin nur eine Etage tiefer gelandet. Hätte ich auch nicht gedacht. Bin hart aufgeschlagen und als ich aufwachte, war es stockdunkel.« Er zeigte uns eine dicke Beule am Hinterkopf. »Das dröhnt immer noch ganz schön. Deshalb habe ich mir gestern auch ein wenig Ruhe gegönnt und bin erst vorhin beim frühesten Licht raufgekommen.« Ich konnte mir bei seiner lockeren Erzählweise ein Lachen nicht verkneifen. »Wie ist dein Name, Scotsman?«, fragte er mich, sich auf dem Felsabsatz umsehend.
    »Nennen Sie mich einfach Scotsman«, entgegnete ich, seinem anrauschenden, freundlich gemeinten Schulterhieb

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