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Coruum Vol. 2

Coruum Vol. 2

Titel: Coruum Vol. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael R. Baier
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Wahrscheinlich hatte sich ein größerer Stein oder etwas Erdreich aus den oberen Schichten des Cenote [1] , in dem wir uns befanden, gelöst und war herab gefallen.
    Eine kalte Steinspitze drückte schmerzhaft in meine Haut unter dem linken Schulterblatt. Vorsichtig bewegte ich mich sitzend ein paar Zentimeter seitwärts, was Karen – die meine Oberschenkel als Kopfkissen benutzte – zu einem schläfrigen Brummen veranlasste. Es war pechschwarz um mich herum. Meine innere Uhr tippte auf eine Zeit irgendwo zwischen Mitternacht und drei Uhr morgens. Das würde bedeuten, dass wir hier bereits seit mehr als 24 Stunden ausharrten.
    Seit unserem Einbruch in diesen Cenote und der alptraumhaften Begegnung mit den Besuchern hatten wir uns praktisch nicht von der Stelle gerührt. Im trüben Lichtschein des gestrigen Tageslichts hatte sich unsere Lage hier als nicht sehr sicher herausgestellt. Wir saßen auf einem unregelmäßig geformten Absatz aus porösem Kalkstein von ungefähr acht mal zehn Metern Größe, der an seiner kürzeren Rückseite aus der nahezu senkrechten Felswand herausragte. An der linken Seite und vorn war er von einem Abgrund umgeben, dessen gegenüberliegende Wände wenigstens zwanzig Meter entfernt waren. Rechts diente unser Absatz als Ufer für einen wild strömenden, unterirdischen Flusslauf, der sich genau an dieser Stelle lautlos über eine Felskante in die Tiefe stürzte. Das Echo des weit unter uns auftreffenden Wassers war ein unbestimmtes, zerstörerisches Dröhnen, welches mir jegliche Lust, das Ufer im diffusen Dämmerlicht näher zu erkunden, ausgetrieben hatte. Der Blick in die Tiefe war mir nach wenigen Metern von der Gischtwolke des Wasserfalls genommen worden, die mit ihrer Feuchtigkeit die gesamte Umgebung in einen klammen Schleier einhüllte. Von oben rieselte ununterbrochen schlammig-weißes Oberflächenwasser in unzähligen mehr oder minder starken Rinnsalen herab – und ab und zu kamen auch Steine oder Pflanzenreste mit herunter. Durch die leicht überhängende Wand trafen diese Geschosse glücklicherweise einige Meter von uns entfernt auf. Unsere Bekleidung war bereits auf der Flucht vollkommen durchnässt worden und die Feuchtigkeit hier im Cenote hatte effektiv verhindert, dass sie auch nur eine Spur trockener wurde. Meine Haut fühlte sich mittlerweile an wie nach mehreren Stunden Dauerbaden in einer Salztherme, nur dass sie nicht annähernd so warm oder so sauber war.
    Wenigstens war die Intensität der Rinnsale meinem subjektiven Empfinden nach seit gestern deutlich zurückgegangen – trotzdem war uns allen eine Lungenentzündung gewiss, sollte sich unsere Situation in der nahen Zukunft nicht dramatisch verbessern. Leider hatte ich keine Idee, wie sich das ohne fremde Unterstützung gestalten sollte.
    Die Hilfe, die bereits so nah gewesen schien, hatte sich auf brutale Art in eine noch hilfsbedürftigere Person verwandelt als wir selbst es gegenwärtig wohl waren. War der Mann noch am Leben? Ich hoffte es – schließlich hätten die Soldaten ihn auch gleich hier töten können, wäre das ihr Plan gewesen. Interessant an dieser Szene war für mich gewesen zu erkennen, dass wir es offensichtlich mit mehreren Parteien von außerirdischen Besuchern zu tun hatten, die sich untereinander ganz und gar nicht grün waren, obwohl sie sich offensichtlich in der gleichen Sprache verständigen konnten. Bei den Soldaten hatte es sich unverwechselbar um die Angreifer der Ausgrabungsstätte gehandelt, die unser Lager in der vorangegangenen Nacht umgekrempelt hatten. Ihre leuchtenden Panzer hatte ich sofort wieder erkannt. Doch wer war der einzelne Mann gewesen? Angst hatte er nicht vor den Soldaten gehabt – er hätte es gut mit ihnen aufnehmen können. Warum hatte er sich ihnen dann ergeben? Um uns zu schützen? Aus welchem Grund – wir hatten keinen Bezug zueinander.
    Ich fand darauf keine plausiblen Antworten und wünschte mir zum wiederholten Male einen Schluck MacAllon Whisky, um den intensiven Kalkgeschmack aus dem Mund zu bekommen. Wirklichen Durst hatte keiner von uns, Wasser war hier wirklich nicht knapp, nur war der Geschmack alles andere als angenehm.
    Ich musste mich bewegen. Mein ganzer Körper war klamm und eine permanente Gänsehaut überzog mich. Das unbequeme Lehnen der letzten Stunden war meiner gesamten Schulter- und Rückenmuskulatur nicht sonderlich gut bekommen. Der Schmerz in meinen Handflächen, die ich an dem Rahmen der zerborstenen Windschutzscheibe des Trucks

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