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Coruum Vol. 2

Coruum Vol. 2

Titel: Coruum Vol. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael R. Baier
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übel zugerichtet hatte, war zu einem tauben Pochen abgeklungen. Ich musste die Schnitte nicht sehen, um zu wissen, wie stark sie sich mittlerweile ohne Behandlung – und nur provisorisch mit abgerissenen Hemdärmeln verbunden – entzündet hatten. Behutsam richtete ich mich ein wenig auf.
    »Don?« Karen hob ihren Kopf, durch mich geweckt.
    »Entschuldige, aber ich muss mich dringend anders hinsetzen.« Ich fühlte, wie sie sich vorbeugte, um mir Platz zu machen. Sie schwieg und ich tastete vorsichtig mit einer Hand in ihre Richtung und berührte ihre Kapuze. Sie hatte sich nach vorn gebeugt.
    »Mir geht’s gut, Don. Um Sinistra mach ich mir große Sorgen!« Karens Hand erfasste mein Handgelenk und zog mich langsam in ihre Richtung. Ich kniete mich neben sie und sie ergriff meine Fingerspitzen, führte sie über einen nassen Regenponcho, bis ich kalte, feuchte Haut spürte. Karen schob meine Hand etwas höher und ich berührte Sinistras heiße Stirn. Sie hatte hohes Fieber.
    »Sie wird hier unten sterben, wenn wir nicht schleunigst nach oben kommen und Hilfe finden, Don!« Karen klang ermattet. »Hilf mir, sie umzudrehen, ich muss ihre Verletzungen untersuchen.« Gemeinsam drehten wir Sinistra behutsam auf die Seite, legten ihren Kopf auf einen Arm und winkelten ein Bein an zur Lagestabilisierung. Sinistra gab bei der gesamten Prozedur nicht ein Lebenszeichen von sich. Ich vermutete, dass Karen in den folgenden Minuten Sinistras Rücken untersuchte, wo sie von Splittern der Truck-Kabine getroffen worden war, als wir uns auf unserer halsbrecherischen Flucht vor den Geschossen der Soldaten befanden. Karen hatte diese teilweise recht tiefen Wunden auf der Rückbank des Trucks vor unserem Einbrechen nur notdürftig verbinden können. Ich hockte währenddessen hilflos daneben und lauschte dem monotonen Dröhnen des Wassers.
    »Wie spät ist es? Was meinst du?«, fragte sie niedergeschlagen, nachdem sie den Boden und die Felswand neben mir vorsichtig nach einem ebenen Stück Untergrunds zum Sitzen abgetastet hatte.
    »Es ist vollkommen dunkel«, entgegnete ich. »Kein Mondschein. Irgendwann sehr früh am Morgen.«
    »Sinistras Rücken ist ganz geschwollen. Sie hat keinen einzigen trockenen Faden am Leib. Diese Regenkleidung wärmt nicht mehr, wenn sie von innen einmal nass geworden ist. Sie ist unterkühlt und hat Blut verloren. Die Wunden schließen sich nicht richtig. – Ich weiß einfach nicht, was ich machen soll, Don .«
    Ich streckte meinen Arm vorsichtig in die Dunkelheit, in Richtung ihrer Stimme, bis ich ihren Kopf erreichte. Vorsichtig zog ich sie zu mir heran.
    »Ach, Don, wie kommen wir hier nur raus?« Sie legte ihre nasse Wange an meine und ich nahm sie in beide Arme. Karen gab mir einen flüchtigen Kuss und begann dann hemmungslos zu weinen.
    Irgendwann schlief sie unruhig wieder ein und ich begann weiterzugrübeln. Wie mochte es wohl Warren in der Zwischenzeit ergangen sein? Er hatte sich im unterirdischen Lager einschließen lassen und schien in relativer Sicherheit zu sein. Hatte er von den Erdstößen etwas gespürt? Waren die Soldaten zu ihm zurückgekommen? Solange er im Lager blieb, konnten sie ihm wohl nichts anhaben – sofern sie nicht über einen eigenen Schlüssel verfügten. Schlüssel! – schoss es mir durch den Kopf. Der Schlüssel hatte sich in der Stele befunden und er war zuletzt wieder zugänglich gewesen, nachdem das rote Schutzfeld verschwunden war. Ich hatte es deutlich erkannt, als wir mit dem Truck auf unserer wilden Flucht um sie herum gefahren waren. Ein missliches Gefühl machte sich kühl in mir breit und geleitete mich in ein träges Dahindämmern.
    Ich zuckte zusammen. Ein Stein war gegen mein Knie gesprungen. Ein weiterer kleiner Stein schlug vor meinen Füßen auf und sprang gegen meine angezogenen Beine. Mittlerweile war es heller geworden. Ich war wohl doch noch für ein paar Stunden eingenickt. In dem Dämmerlicht hatte ich den Stein aus dem Augenwinkel die letzten Meter anfliegen kommen sehen, kurz bevor er mich berührt hatte. – Er war nicht von oben gekommen.
    Karen lehnte an meiner Schulter. Ich bewegte mich so vorsichtig wie möglich unter ihr weg, doch sie erwachte aus ihrem leichten Schlaf und sah mich aus grünen Augen in einem mit Kalkschlamm hell gefärbten Gesicht an, in dem die Tränen der vergangenen Nacht ihre Spuren hinterlassen hatten. »Was ist?«
    »Ich habe was gehört«, antwortete ich und stand auf. Der Stein war aus der Richtung des Wasserfalls

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