Coruum Vol. 2
draußen als Rückendeckung!«, befahl ich ihm. Ein lautloses, blaues Einverständnissignal erschien unmittelbar als zustimmende Antwort.
Lumidor bremste neben mir und deaktivierte seine Exor-Mimikry. Der blau-schwarze Exor hinter dem matten Delta-Gleitschild funkelte in einem durchdringenden Sonnenstrahl auf. Das Trägheitsfeld schimmerte in allen Regenbogenfarben. »Eines ist tatsächlich hier herausgeklettert. Siehst du das Seil dort am Baum?«, fragte ich ihn.
»Ja, nur ist es schon weiter weg. Auf meinem Schirm habe ich nichts entdecken können.« Er flog vorsichtig über die Öffnung neben dem tosenden Wasserfall. »Zwei Exemplare sind noch auf dem Absatz, gut dreißig Meter unter der Oberfläche. Wir müssen schnell bei ihnen sein, damit sie nicht in Panik geraten und sich verletzen. Lass uns die Felder abschalten, Ashia. Ich fliege vor.«
Ich hatte mir vorgenommen, mich im Hintergrund zu halten. Die Exemplare waren mir mehr als gleichgültig und indem ich meinen besonnenen Lumidor vorschickte, schuf ich mir wenigstens einen gewissen Emotionspuffer, sollte meine Wut über den Verlust von Hafis beim letzten Besuch in dieser Höhle zurückkehren. Ich deaktivierte ebenfalls meine Anzugtarnung und folgte ihm in wenigen Metern Abstand durch die Öffnung. Das Tageslicht hatte sich deutlich verstärkt, trotzdem schalteten wir das Flutlicht unserer Visiere ein, um möglichst die ganze Höhle auszuleuchten. Lumidor hielt direkt auf den Felsvorsprung zu, auf dem sich die beiden Exemplare an der rückwärtigen Wand befanden. Der Vorsprung war an zwei Seiten von einem tiefen Abgrund umgeben und an einer Seite von einem wilden Fluss, der, von Oberflächenwasser gespeist, dort aus einer Wandöffnung schoss.
Es handelte sich um die beiden weiblichen Exemplare. Sie waren optisch fast nicht vom umgebenden Felsen zu unterscheiden, so sehr hatte sich die Farbe ihrer Kleidung, Haare und Haut durch die permanente Berieselung mit Gesteinsschlamm der Felsoberfläche angenähert. Ich konnte den Aufschrei eines der beiden Exemplare nicht hören, nur sein angstverzerrtes Gesicht sehen, als es Lumidor neben sich wahrnahm, eine insektengleiche, zweieinhalb Meter große Gestalt, mit den fluoreszierenden Kraftverstärkern und Feldemittern.
Ich wusste, ich hatte die richtige Wahl getroffen, ihn vorzuschicken. Das Exemplar sprang entsetzt auf und rannte ein paar Schritte von ihm weg, in Richtung des Flusses, wo es auf dem schlüpfrigen Untergrund das Gleichgewicht verlor. Meine Gleichgültigkeit diesen Exemplaren gegenüber hätte wahrscheinlich meine Reaktion verlangsamt und seinen Absturz nicht verhindert. Lumidor hingegen war auf alles vorbereitet und fing es im letzten Moment kontrolliert auf. Er verlagerte es so, dass es auf seinen Stiefeln stehen konnte und er es mit dem rechten Arm vor seiner Brust festhalten konnte. »Alles klar, Ashia. Ich werde nicht versuchen mit ihm zu reden. Das können der Crownie und sein Wissenschaftler tun. Nimm du das Verletzte. Geht das?« Ich setzte bereits zu einer gleichgültigen Antwort an, schluckte sie dann aber hinunter.
Das Exemplar in Lumidors Arm hatte seine Anfangspanik überwunden und seinen Widerstand eingestellt. Mit einem Arm klammerte es sich an seinem Unterarm fest, während es mit der anderen Hand nasse, schlammverschmierte Strähnen aus dem Gesicht wischte. Wahrscheinlich fragte es sich in diesem Moment, warum es überhaupt noch am Leben war. Ich lächelte säuerlich. Lumidor schwebte mit ihm langsam nach oben.
Ich landete auf dem Absatz und deaktivierte das Trägheitsfeld. Um mich zu dem liegenden Exemplar hinabbeugen zu können, musste ich meinen Exor entriegeln. Es hatte sich nicht bewegt, als das andere aufgesprungen war, ich nahm daher an, dass dieses bewusstlos war. Überrascht stellte ich fest, dass dem nicht so war. Dunkle Augen aus einem fast weißen, mit einer feinen Schlammkruste bedeckten Gesicht musterten mich furchtlos. Ich kniete mich neben das Exemplar, den Delta-Gleitschild links neben ihm aufsetzend, so dass er es wie ein Dach gegen den permanenten Sprühnebel schützte. Dann öffnete ich mein Visier. Das Exemplar hielt die Luft an, als es den unbedeckten Teil meines Gesichts sah – ungläubig.
»Ja«, sagte ich ungerührt, »jetzt bist du sehr erstaunt, dass die Weltraumbesucher keine zwei Köpfe mit fünf Augen und einem Schnabel haben, sondern aussehen wie du selbst.« Natürlich verstand es mich nicht, aber der Klang meiner Stimme würde ihm helfen, zu
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