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Coruum Vol. 2

Coruum Vol. 2

Titel: Coruum Vol. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael R. Baier
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Fahrzeugdecke. Ich wusste, was jetzt kam. Ich hatte die braun-rot-gelben Linien der Blutvergiftung gesehen, die mittlerweile von meinen Händen bis zu den Ellenbogen reichten. Der Soldat öffnete ein Notoperationskit und hängte es über meinen Sitz. Dann band er meinen linken Oberarm ab und fixierte den ganzen Arm mit drei Klettbändern an einer Strebe, bevor er ein steriles Skalpell aus der Einwegverpackung zog und mich ansah.
    »Noch da, Doktor?«, fragte er und stach mit der Spitze des Skalpells irgendwo in meinen Arm. Ich spürte nichts. »Ich mache den linken Arm zuerst. Irgendwelche Wünsche, was das Muster der Nähte angeht?«
    Ich bekam keine Antwort mehr heraus. Während mein Bewusstsein glücklicherweise dahinschwand, wogten Riesenbrecher aus Trauer gegen Felsen aus Hoffnung und mit jedem Brecher zerbröckelten die Felsen mehr und mehr und wurden von hereinbrechenden Fluten weggeschwemmt.

 
Erdorbit
11. Oktober 2014
30397/1/12 SGC
     
     
Sinistra
     
    Sinistra war kalt. Sie hatte in der letzten Zeit so intensive Kälte empfunden, dass sie sich nicht mehr daran erinnern konnte, wie es sein mochte, etwas anderes zu spüren – Wärme zum Beispiel.
    Oder Helligkeit. Immer, wenn sie ihre Augen geöffnet hatte, war es dunkel gewesen – vollständig dunkel, so dunkel, dass sie beschlossen hatte, ihre Augen nicht mehr zu öffnen. Und als sie es einmal doch wieder versucht hatte, Karen war furchtbar unruhig gewesen, hatte sie in das Gesicht eines fremden Mannes mit langen schwarzen Haaren gesehen, der eine sehr modische Sonnenbrille getragen hatte. Nur Sekunden später lag dieser Mann neben ihr auf dem nassen, kalten Felsen, blutüberströmt. Danach war wieder die Dunkelheit gekommen.
    Und der Schmerz.
    Zuerst waren es auf der Flucht aus Coruum klar unterscheidbare Schmerzpunkte im Rücken gewesen. Karen hatte ihr Mut gemacht. Nicht so schlimm, Kleine – das kriegen wir wieder hin.
    Dann waren sie eingebrochen. Die Schmerzpunkte waren intensiver und größer geworden. Der Amerikaner hatte sie Doktor MacAllon in die Arme geworfen, bevor er selbst es nicht mehr rechtzeitig aus dem Truck geschafft hatte. Jetzt waren Kälte und Nässe dazugekommen, die Schmerzpunkte waren zu einem tiefen Brennen angewachsen und hatten ihren Rücken und ihre Beine in eine einzige taube Masse verwandelt.
    Nur ab und zu hatte sie das Bewusstsein wiedererlangt. Meistens war Karens Stimme sofort bei ihr gewesen, kurz vor dem Schmerz. Immer hatte sie ihr Mut gemacht – auch wenn sie glaubte, Tränen auf ihrer Wange gespürt zu haben – aber das konnte auch die überall präsente Nässe gewesen sein. Ihr ganzer Körper war erfüllt von Schmerz und wenn sie ihre Augen öffnete, war da nur Dunkelheit gewesen.
    Als sie einmal aus einem Traum erwacht war – war sie allein gewesen. Sie hatte Karen nicht in ihrer Nähe gespürt. Sie hatte sich eingebildet, ein Sonnenstrahl habe die Wand der Höhle beleuchtet. Aus dem Augenwinkel hatte sie eine Bewegung wahrgenommen. Dann wurde plötzlich ein länglicher Gegenstand auf ihrer rechten Seite in den Fels gerammt, dass es knirschte, und der Sonnenstrahl wurde wieder verdeckt. Sie hatte ihren Blick langsam an dem Gegenstand hoch wandern lassen, bis der Gegenstand in einen Arm überging, dessen Haut am Ellenbogen und der Schulter von leuchtend gelben Linien umgeben war. Dann erkannte sie, dass dies ein riesiger Mensch in einer Rüstung sein musste. Er kniete links neben ihr und sein Kopf steckte in einem Helm, der sie durch unzählige kleine Augen ansah. Plötzlich fuhren diese unzähligen Augen wie auf Schienen nach oben über den Helm und sie erkannte die echten Augen und die zierliche Nase einer asiatisch wirkenden Frau.
    Die Frau sprach zu ihr. Kehlige Laute, ein kurzer Satz. Sie spürte, wie die Frau ihren Bauch abtastete. Sie spürte ihre Beine nicht mehr. Sinistra erstarrte vor innerer Aufregung. Das musste ein Besucher sein! Sie wollte etwas zu ihr sagen, sie begrüßen, irgendetwas – aber die Schmerzen waren schlagartig wieder da. Ihre Sinne schwanden dahin. Sie glaubte zu fliegen, Wärme umgab sie und helles Licht. Der Schlaf umhüllte sie wie ein warmes Tuch.
    Das nächste Mal, als sie erwachte, spürte sie Karens Nähe. Karen war verunsichert. Dann musste auch sie Grund zur Furcht haben. Sie öffnete die Augen. Ihr Blick fiel auf einen älteren Mann. Er hatte eine längliche Gesichtsform und schien zu schlafen. Irrwitzig anmutende, lange blonde Locken verdeckten den Großteil seines

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