Coruum Vol. 2
weitere, die nicht da hin gegangen ist, sondern in den Tiefen des Alls verschwunden ist.«
Die Stille im Königsaal war vollkommen. Syncc Marwiin war in seinem Sessel versunken, die Hände in den Falten seines weiten, dunklen Gewands verborgen, den Blick ausdruckslos nach vorn in die Unendlichkeit gerichtet. Treerose warf Keleeze einen fragenden Blick zu, den der mit einem leichten Kopfschütteln verneinte und gleichzeitig mit der rechten Hand ein Dach über dem Kopf des Synccs andeutete – der Geste für Vertraulichkeit und Schutz.
Mit einem Fingerzeig blendete Torkrage Treerose alle Holo-Projektionen außer den beiden anderen Overteers und Keleeze aus. Im Königsaal ging er zwei Schritte an den alten Mann heran. Im Statusraum an Bord der Boe folgte seine Projektion dieser Bewegung. Syncc Marwiin spürte die Respekt einflößende Persönlichkeit von Treerose allein aus dessen Projektion heraus, während der König weniger als einen Meter vor dem Kulturbeauftragten im Antigrav-Sessel stehen blieb und erwartungsvoll zu ihm hinab sah.
Keleeze fuhr sich mit der unverletzten Hand durch das schwarze Haar, das er wie Treerose zu einem kompakten Zopf gebunden hatte, und stützte sich mit der Linken auf den Sessel des Synccs, der unter dem zusätzlichen Gewicht leicht zur Seite auswich.
»Syncc Marwiin, Ihr müsst mir etwas erklären.« Keleeze machte ein paar Schritte um den Syncc herum und stellte sich zwischen die Projektionen von Blaak Ferkuiz und Narg Laurenz, die ein wenig zur Seite gingen. »Wie konnten friedfertige Lehrer und Bewahrer der Kulturen, wie Eure Gemeinschaft es heute ist, eine Gruppe von wilden Coruumern – sagen wir fünfhunderttausend?«, er stellte das mehr als Frage in den Raum, und der alte Mann schüttelte den Kopf.
»Fünfzigtausend zum Zeitpunkt der Extraktion, fünfzehn Millionen zum Zeitpunkt des Angriffs«, flüsterte er mit matter Stimme, »genetisch optimiert.«
Der Merkanteer nahm die Zahl verblüfft auf. »Wie konnte Eure Gemeinschaft fünfzehn Millionen Coruumer zu Kriegern ausbilden? Ihr erweckt – entschuldigt meine Offenheit – den Eindruck eine Lammes!«
Die Overteers und Keleeze tauschten ratlose Blicke, während der alte Mann sich langsam aus dem Antigrav-Sessel aufrichtete und hinstellte, wobei ihn der Sessel unterstützte. Keleezes helfende Hand wischte er unwirsch zur Seite, Treerose trat einen Schritt zurück, um Platz zu machen.
»Lämmer?«, antwortete er mit einer Stimme, welche die Umstehenden aufhorchen ließ.
»Nur weil wir zuhören, anstatt zu brüllen und uns um Kulturen kümmern, anstatt sie zu verwalten?« Treerose war überrascht von der Energie, die in der Antwort des alten Mannes mitschwang. Die hellblauen Augen wirkten versöhnlicher, als er fortfuhr:
»Die Synccs haben die Ausbildung der Coruumer fortgesetzt. Oldo Merceers Absicht war es nicht , Krieger zu produzieren. Er benötigte Wissen. Die Synccs haben aus der einstigen Extraktionskultur Wissenschaftler gemacht. Ihr müsst die heutigen Nachfahren nicht bei den Schattentruppen suchen, sondern in der Pretaia! «
»Aber wie…?« Blaak Ferkuiz raufte sich seinen kurz gestutzten Bart, formulierte den Satz in Gedanken um und begann erneut:
»Aber wie konntet Ihr damit Harkcrows Vorstellung erfüllen? Seine Kriege zur Einigung der Sieben Königreiche und die Intention der Gründung einer gemeinsamen Schutzmacht der Königreiche mussten doch auf einer effektiven Armee beruhen!«
» Effektiv! Ja. Armee? – Nicht in erster Linie.« Syncc Marwiin machte vorsichtig einen unsicheren Schritt, während Keleeze es sich verkniff, erneut seine Hilfe anzubieten.
»Die Wissenschaftler der Pretaia sind effektiv. Ihre Erfindungen ermöglichen es uns, wie Ihr wisst, mit einer kleinen Gruppe von Schattentruppen das Gleichgewicht zur mehr als einhundert Mal größeren Anzahl der Truppen der Unsichtbaren Flotte und der Kirche zu wahren. Das Ziel Harkcrows war es, einen Vorsprung auf dem technologischen Sektor gegenüber dem Zentrum und den Nebelwelten herzustellen und zu halten – weitere Optionen zur reinen Gewalt zu schaffen.« Seine Augen suchten die des Organisations-Overteers.
»Dieser Schildverband«, er zeigte mit den Armen um sich, »diese Thieraport-Technologie«, er betrachtete die Fingerringe auf den implantierten Plattformen seiner linken Hand, »die Ringtechnologie, die Makrobots in unserem Blut, der neue MSD, die Nullgravitationstore – braucht Ihr mehr Beispiele? Das Rückgrat unserer
Weitere Kostenlose Bücher