Coruum Vol. 2
innerhalb von Z-Zemothy empfehlen können und war nur ein Jahr später zum Cektronn ernannt worden; etwa zur gleichen Zeit, als Vater Rastolon seine Ritterehre und das Recht zur Reinkarnation verloren hatte und von Raoula zum Archivar auf Manifestum degradiert worden war.
Er strich nachdenklich mit einer Hand über den Behälter. Du bist sicherlich kein Teil mehr davon, mein lieber Seers, dachte der Abt und aktivierte den Schließmechanismus des Behälters, trotzdem vielen Dank für deine Informationen, vielleicht hast du ja einen kleinen Teil wieder gut gemacht.
Vater Rastolon hatte dem Verräter ausreichend Zeit zum Bedauern gegeben. Als dessen letzte Gehirnströme versiegten und sich auch die strapazierten Schmerzzentren nicht mehr stimulieren ließen, hatte er sich in der Nacht auf den Balkon begeben und seinen Plan zur Rückkehr an die Macht geschmiedet.
Er gab einem entfernt auf der steinernen Turmplattform wartenden Ritter ein Zeichen, worauf der näher kam und den Behälter aufnahm. »Ich benötige ihn nicht mehr, Sohn.«
Der Ritter überprüfte die Anzeigen im Deckel des Behälters und nickte zustimmend, nachdem er den Gehirntod des Kopfes festgestellt hatte. »Der Cektronn ruht sich bis zum Mittagsmahl in seinen Gemächern aus, Vater«, meldete er, bevor er sich mit dem Behälter entfernte.
Der Abt war mit seinen Gedanken bereits wieder weit entfernt. Es hatten sich ungewöhnliche Ereignisse in den letzten Tagen gehäuft, nachdem er die Jahre davor in ungestörter Einsamkeit dem Studium der Kirchengeschichte widmen konnte. Nur durch diese einlullende Eintönigkeit hatte es Snar Es’Menah gelingen können, ihm mitsamt den gewonnenen Informationen zu entwischen. Es war nicht vorstellbar gewesen, dass dieser falsche Händler einem Kirchenkreuzer entkommen konnte. Hätte ihn der Hinweis der Benedictine nur ein paar Tage vorher erreicht, wäre er vorbereitet gewesen und das Gehirn des Händlers hätte ihm heute für eine ausführliche Befragung zur Verfügung gestanden.
Doch auch so war die Ausbeute an Erkenntnissen beeindruckend, fand Rastolon. Die Analyse der Datenströme des falschen Gildenhändlers hatten ihm zwei klare Spuren aufgezeigt: Jemand suchte mit Nachdruck nach Hinweisen zu dem Aufenthaltsort einer verloren gegangenen Extraktionskultur mit dem Namen Coruumer . Und dieser Jemand suchte sie in einem System oder Sektor Cetna . Bemerkenswert war für ihn, dass offenbar das Extraktionscorps des Zentrums auch nicht mehr Informationen darüber besitzen sollte.
Doch erst sein eigener Versuch, mit Hilfe der Archiv-KI mehr Informationen über Coruumer und Cetna zu finden, hatte ihn äußerst misstrauisch werden lassen und zu der eigentlichen, zweiten Spur geführt: es hatte keine weiteren Informationen gegeben, die Archiv-KI lieferte nicht einen Eintrag.
Es waren in einem fast dreihundert Jahre andauerndem Zeitraum, beginnend um 29202, kontinuierlich Informationen aus dem Archiv zerstört worden. Erst die Auswertung der aufgezeichneten Daten des falschen Gildenhändlers und die Zurückverfolgung seiner Suchpfade in der KI des Archivs hatte diverse Bruchstellen in der Kontinuität der Ereignisse deutlich werden lassen. Und plötzlich hatte Vater Rastolon wenige Hinweise in der Hand gehalten. Es stellte sich ihm nur die eine Frage: Wer war jemals so einflussreich innerhalb der Kirche gewesen, einen solchen Prozess zu initiieren und anschließend über so eine lange Zeit konsequent aufrecht zu erhalten?
Die Antwort ergab sich fast von selbst. Nur eine Urmutter oder eine Benedictine wären dazu aufgrund ihrer Macht in der Lage gewesen. Aber auch sie hätten Spuren hinterlassen müssen. Er lächelte in sich hinein.
Ich habe Spuren entdeckt.
An unverhoffter Stelle – aber eindeutig. Kurz vor dem Ende des Verräters hatte er einen Bereich von Seers O’Lamdiirs Erinnerung geöffnet – als letztes Lösegeld für einen schnellen, gnadenvollen Tod gewissermaßen – der Rastolon vollkommen unerwartet getroffen hatte. Er hatte Bilder aus der Vergangenheit gesehen, weit zurückliegend, genau 1.191 Jahre. Bilder von der kombinierten Bestattungszeremonie und der Inthronisationszeremonie einer neuen Urmutter. Zuerst hatte er damit nichts anzufangen gewusst und Seers O’Lamdiir bestraft – wegen des Versuchs, abzulenken. Doch nur wenige Stunden später hatte er den Bezug zu einer ungeheuren Parallele entdeckt. Seers O’Lamdiir hatte diese Informationen irgendwoher. Er hatte nicht so lange gelebt, um eigene
Weitere Kostenlose Bücher