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Corvidæ / Haus der Jugend [Twindie: Zwei Romane – ein Preis] (German Edition)

Corvidæ / Haus der Jugend [Twindie: Zwei Romane – ein Preis] (German Edition)

Titel: Corvidæ / Haus der Jugend [Twindie: Zwei Romane – ein Preis] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Keil , Florian Tietgen
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auf den Kohleherd und ließ etwas Margarine darin aus. »Aber ich denke, es ist besser, Abstand zu gewinnen, in den Bergen dein Gehirn durchpusten zu lassen und so Platz für neue Gedanken zu schaffen.« Das heiße Fett zischte in der Pfanne, als Darius die leicht feuchten Würste hineinlegte. Während sie brutzelten, nahm er sich die Zeit, zu mir zu kommen und mir die Hand auf den Kopf zu legen. »Außerdem würde ich mich freuen, wenn du mitkommst.«
          Ich schwieg. Durch den Geruch des heißen Fetts und der Bratwürste bekam ich doch Hunger. Der Kaffee trieb und ich musste aufstehen, um meine Blase zu entleeren. Darius ließ mich vorbei und ging wieder an den Herd. Als ich von der Toilette zurückkam, hatte er zwei Teller, zwei Gabeln und zwei Messer auf dem Mosaiktisch gedeckt. »Vielleicht hast du ja doch Appetit.«
          »Danke.«
          Beim ersten Treffen hatten wir stilles Glück, ruhigen Sex und Spaß, beim zweiten Streit, beim dritten traute Gemeinsamkeit, die Sex überflüssig machte. Jetzt saßen wir in trauriger Schweigsamkeit beieinander und verkrampften beim Versuch, mich aufzuheitern. Ich war wie ein Käfer, der die erste Nacht erlebte und noch nicht wusste, dass es wieder ein Morgen gab. Eine Nacht in einem Käferleben musste endlos sein, wenn schon ein Hund ein Jahr wie sieben erlebte. Darius war die Taschenlampe, aber für meine Dunkelheit reichte seine Energie nicht. Jedes Treffen anders, bald wäre jede Facette jede Stimmung abgedeckt, so als müssten wir uns im Akkord kennenlernen.
          Genauso schweigsam und dunkel spülten wir nach dem Essen gemeinsam das Geschirr, setzten noch einmal Wasser auf, um Tee zu kochen. Erst, als wir wieder saßen, als bestimmt eine Stunde vergangen war, fragte Darius noch einmal nach: »Kommst du nun mit? Wir haben eine Hütte in den Bergen bei Oy. Im Sommer dient sie Wanderern als Quartier, im Winter kann man sie nur auf Skiern erreichen. Niemand stört uns dort, niemand erpresst uns dort.«
          Ich goss uns beiden Tee ein, nahm mir Zucker und trank einen Schluck. Zum ersten Mal, seit wir uns kannten, hatte Darius so etwas wie Familie anklingen lassen. Möglicherweise hatte seine Fähigkeit, aus meinem Körper Vergangenheit zu lesen mich verwirrt, aber ich hatte mir nie Gedanken darüber gemacht, dass auch er Eltern haben musste. »Es klingt verlockend«, antwortete ich. »Vielleicht ist es ohnehin egal, wenn man vor dem Nichts steht. Aber wie kommen wir dort hin?«
          »Zu Fuß oder mit der Bahn, du kannst es dir aussuchen.« Darius Grinsen prallte gegen eine Wand. Ich war zu leer für Scherze.
          »Wie weit ist es denn?«
          »Wenn wir fünfzig Kilometer am Tag schaffen, sind wir in drei Tagen da.« Er lachte, als er das sagte, doch in mir kam das nicht an. Ich hob nur resigniert die Schultern und antwortete: »Dann wird das wohl nichts.«
          Wir schwiegen wieder, tranken Tee, Darius stellte seine Versuche, mich aufzuheitern ein. Als die Kanne leer war, ging er zum Herd und zum Ofen, feuerte neu, setzte Wasser auf. An jedem anderen Tag wäre ich ihm zur Hand gegangen. An diesem war ich froh, wenn er mich in Ruhe sitzen ließ.
          »Ich muss sehen, ob ich zu Hause noch genug Geld für die Bahnfahrt habe«, lenkte ich ein. »Wann wolltest du denn los?«
          »Morgen Mittag.« Gegen den Küchenschrank gelehnt wartete er auf das Wasser. »Ich hatte mir gedacht, du gehst nach Hause, wenn die Vorstellung zu Ende ist, und packst deine Sachen zusammen. Dann stellen deine Vermieter keine Fragen. .Hast du einem Rucksack? Vom Bahnhof müssen wir noch mit dem Bus fahren und ein bisschen laufen Ein Koffer ist also ungeeignet. Morgen um zwölf treffen wir uns.« Mit den letzten Worten stellte er die Teekanne auf den Tisch und wiederholte die Frage: »Hast du einen Rucksack?«
          »Erst einmal muss ich ja Fahrgeld haben.«
          Darius setzte sich zu mir, streichelte mir wie einem kleinen Jungen durch das Haar. »Wenn du keinen hast, könnten wir es anders machen. Meiner ist groß genug für uns beide. Dann müssten wir uns nur hier treffen.«
          Er redete sich in Fahrt. Für ihn war es keine Frage, ob ich mitkam. Jedenfalls ließ er es als Frage nicht zu, plante, als hätte ich schon ja gesagt. Dabei wäre mir alles recht gewesen, solange er mich aus meiner zukunftslosen Dunkelheit riss. Ich glitt an der Kante von Aufmerksamkeit und Ohnmacht, hörte ihm mal zu, mal nicht, ließ

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