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Corvidæ / Haus der Jugend [Twindie: Zwei Romane – ein Preis] (German Edition)

Corvidæ / Haus der Jugend [Twindie: Zwei Romane – ein Preis] (German Edition)

Titel: Corvidæ / Haus der Jugend [Twindie: Zwei Romane – ein Preis] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Keil , Florian Tietgen
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Hahn.
          »Moment«, sagte Darius. »Ich muss erst den Haupthahn aufdrehen. Denkst du bitte mit mir daran, ihn wieder zu schließen, bevor wir das Haus verlassen. Sonst frieren die Leitungen zu und platzen.«
          Ich lauschte auf die Geräusche, während er durch das Haus ging. Das Holz im Ofen knackte, durch das offene Fenster strömte leicht pfeifend frische Luft. Aus der Ferne hörte ich Darius’ Stimme: »Probier mal, ob Wasser kommt!« Es kam keines. Die Schritte verrieten mir, ob er gerade in der Nähe war. Zum Schluss kam er wieder in die Küche, öffnete die Klappe im Boden, stieg hinab, fluchte: »So ein Mist. Die Batterie der Taschenlampe ist leer. Kannst du mal schauen, ob du in einer der Schubladen welche findest?« Darius kam die Stiege wieder hoch. In der Hand hielt er eine Taschenlampe, die aussah, wie ein silberner Flachmann. Der Leuchtkörper sah aus wie ein überdimensionierter Augapfel und thronte wie ein Schraubverschluss auf der Lampe.
          Ich zog eine Schublade nach der anderen heraus. In der dritten fand ich tatsächlich eine Batterie, die ich Darius in die Hand drückte. Der bedankte sich, steckte sie in die Lampe und verschwand wieder.
          »Probier noch einmal!«, rief er nach oben. Jetzt kam Wasser. Jetzt konnte ich den Kessel füllen, auf den Herd stellen und die Kaffeekanne herrichten.
          »Du warst anscheinend lange nicht hier«, sagte ich, als Darius die Bodenklappe wieder schloss. Ohne mich anzusehen, fragte er: »Warum?«
          »Du bist durchs ganze Haus gegangen, dabei war …«
          Darius winkte ab. Für einen Moment nahm sein Gesicht eine finstere Miene an, die mich verstummen ließ, doch gleich darauf lächelte er wieder, gab mir einen Kuss, sagte aber nichts.
          ›Wir sind Einbrecher‹, schoss es mir wieder durch den Kopf.
          Darius machte uns in einem Topf Dosensuppe warm und wir aßen Brot mit Butter dazu. Am Abend saßen wir in der Gaststube, tranken Tee und spielten »Schiffe versenken« auf zwei Schreibblocks, die wir unter dem Tresen gefunden hatten. Nach der Anreise, der Bestellung des Hauses, als das Feuer im Ofen endlich für behagliche Wärme überall gesorgt hatte, brauchten wir uns nur noch zu genießen. Fritz, mein Chef, die Bergmosers, die Zukunft rückten in weite Ferne. Während des Spiels waren wir nur noch Gegenwart, voller Vertrautheit und voller Neugier aufeinander. Die Entdeckungen, die es noch zu machen galt, schoben wir spannungsvoll hinaus. Für das Spiel hatten wir die Regel ausgemacht, bei jedem Treffer zur Anzeige ein Kleidungsstück auszuziehen. Da jeder von uns nur sieben Kleidungsstücke trug, konnten wir nur kleine Schiffe bauen, bis einer von uns nackt war. Danach zogen wir uns jedes Mal beide wieder an und begann das Spiel von vorn.
          Ausziehen, anziehen, ausziehen, anziehen.
          Später wechselten wir nach jeder Runde die Kleidung, der Gewinner zog alles an, was der Verlierer abgelegt hatte, der Verlierer alles, was der Gewinner los geworden war. Wir lachten wie bescheuert, als ich eine Runde nur mit Darius’ Strümpfen beginnen musste, während er über seine Hose, meine Unterhose und meine Hose, über seinen Pullover mein Unterhemd, mein Hemd und meinen Pullover zerren musste. Er sah aus wie ein Michelinmännchen, Schweiß trat ihm auf die Stirn. »Hoffentlich versenkst du meine Schiffe schnell«, stöhnte er lachend und um Luft ringend. Aber es dauerte nicht lange, bis er auch noch seine Strümpfe über meine ziehen musste.
          Den ganzen Abend hatten wir uns nicht geküsst, nicht einmal berührt. Wir haben gelacht, gespielt und wieder gelacht. Zwischendurch sind wir in die Küche gegangen, haben neuen Tee gekocht, geschimpft, weil wir keine Süßigkeiten dabei hatten und im Vorratskeller nach Schokolade oder Keksen geschaut. Aber wir waren nicht zärtlich zueinander. Den ganzen Abend haben wir kaum geredet, jedenfalls nichts Substanzielles, das einem im Gedächtnis bleibt. Wir hatten schlicht Spaß.
          Als ich endgültig nackt auf meinem Stuhl in der Gaststube saß, meine Erektion nur durch die Tischkante vor Darius verborgen, kletterte dieser, in vierzehn Kleidungsstücken wie ein Paket verpackt auf Knien auf den Tisch. Die Tassen klapperten, ein paar aus dem Block gerissene Zettel wehten auf den Fußboden und durch die Menge der Kleidung war Darius in seiner Bewegungsgenauigkeit etwas eingeschränkt. Wie ein Hund kniete er vor mir, jedoch

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