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Corvidæ / Haus der Jugend [Twindie: Zwei Romane – ein Preis] (German Edition)

Corvidæ / Haus der Jugend [Twindie: Zwei Romane – ein Preis] (German Edition)

Titel: Corvidæ / Haus der Jugend [Twindie: Zwei Romane – ein Preis] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Keil , Florian Tietgen
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ausfüllen. Und mehr.“ 
    „Aber ich kann nicht Darkos Platz einnehmen.“ Rokans Gesicht wurde hart. „Er ist der nächste. Ich bin nur …“
    „Sei still, Junge, willst du Mutter Eiche erzürnen? Darko hat einen anderen Weg gewählt, jetzt ist es an dir und du wirst deine Bestimmung annehmen.“ Sie lächelte und setzte sich auf, fixierte mich. „Was willst du von mir?“ Ihre Stimme hatte einen scharfen Klang angenommen und das Lächeln war auf ihren Lippen gefroren. „Hast du etwas zu geben?“
    Ich zuckte die Schultern und sah hilfesuchend zu Rokan. Was sollte ich zu geben haben?
    Rokan nahm die Hand der Alten, strich über die runzlige Haut und küsste ihre Fingerspitzen. „Ja, Mutter“, sagte er. „Sie wird etwas geben.“ Und dann sprang er und noch im Sprung zog er ein Messer aus einer versteckten Scheide unter seinem Hemdsärmel hervor. Die Klinge blitzte in einem Sonnenstrahl, der sich durch die Blätter gemogelt hatte, auf. „Sie gibt Mutter Eiche etwas von ihrer Kraft. Und unserem Volk einen Hoffnungsschimmer für die Zukunft.“
    Ich spürte den kalten Stahl der Klinge an meiner Wange, Finger legten sich an meinen Hals und ich hörte mich erstickt röcheln. Und über meinem Kopf schüttelte Mutter Eiche ihre Äste.

19
    „D u bist dümmer, als ich dachte. Wenn plemplem ein Name wäre, niemand außer dir dürfte ihn tragen.“ Vorak befühlte meine Wange und ich versuchte aufzustehen, doch ich konnte mich nicht bewegen. Keinen Zentimeter. Um mich herum war es düster. Es roch nach fauligem Holz und ich nieste.
    „Gesundheit! Dir Intelligenz zu wünschen scheint ein sinnloses Unterfangen.“
    „Wo bin ich?“ Mein Hals schmerzte beim Sprechen. „Und wo ist Rokan?“
    „Willst du das wirklich wissen, Dümmste?“
    „Warum nennst du mich so? Warum beleidigst du mich dauernd?“
    „Wie sollte ich jemanden nennen, der seinem Häscher mit geschlossenen Augen lächelnd zum Schafott folgt? Ihr Menschen seid so blind. Ihr lauft, ohne euren Weg zu sehen, trampelt alles nieder, was vor euren plumpen Füßen wächst. Nur eure Nasenspitze, die habt ihr sicher im Blick.“
    „Was redest du denn da? Rokan ist mein Freund, er würde mir nie etwas antun.“ Die Worte klangen falsch in meinen Ohren, aber ich wollte einfach nicht glauben, was passiert war. Ich konnte es nicht glauben, es musste eine Erklärung für Rokans Handeln geben. Er hatte sicher einen triftigen Grund gehabt. Maya. Er musste sie täuschen. Und er würde kommen, um mich zu befreien.
    Vorak schüttelte den Kopf. „Warum wollt ihr die Wahrheit nicht sehen? Die leeren Köpfe der Menschen sind mir ein Rätsel. Waren es immer und werden es wohl immer sein.“ Er reckte sich und hob die Arme über den Kopf. „Mutter Eiche nimmt, was sie zum Leben braucht. Sie fordert nichts, doch auch ihre Wurzeln brauchen Nahrung.“
    Meine Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit und ich sah mich um. Ich befand mich in einer Art Höhle. Über meinem Kopf raschelte es, ein Geräusch wie kleine flinke Füße, die über Äste huschten. Die Wände um mich herum bestanden aus Holz. Gewachsenes Holz. Ich riss die Augen auf.
    „Ich bin in dem Baum“, flüsterte ich. „Vorak, warum hat er mich hierher gebracht?“ Das Wissen um das Warum lag schwer auf meinem rasenden Herzen, aber ich konnte es nicht aussprechen.
    „Du weißt es“, sagte er und dann spürte ich seine Arme meinen Körper umfassen und versteifte mich. Er lachte. „Bevor ich dir zu nahe träte, ließe ich mir die Hände von einem Biber abnagen. Jetzt steh auf und komm!“
    Ich zog meine schmerzenden Arme hinter dem Rücken hervor und rieb meine Handgelenke. Vorak warf ein Seil in die Ecke. Vorsichtig bewegte ich meine kribbelnden Füße und folgte dem Baumgeist mit zittrigen Knien in einen niedrigen Gang.
    Schon nach wenigen Schritten stieß ich mir den Kopf an und musste Vorak kriechend folgen. Der Boden war schlammig, stinkiger Morast quoll zwischen meinen Fingern hindurch. Meine Haare verhedderten sich in Zweigen und Spinnweben. Meine Hände griffen in aufgeweichte Erde und in Dinge, die sich glitschig, warm und lebendig anfühlten.
    Der Gang wurde immer enger, mit Schultern und Armen streifte ich die Wände und die schienen zu pulsieren, körperlich zu sein, und strahlten eine bedrohliche Vitalität aus. Ich biss die Zähne zusammen, meine Knie schmerzten, der Geruch nach menschlichen Ausdünstungen nahm mir den Atem. Menschlich? Ich hielt kurz inne. Menschlich traf es nicht, es war

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