Cosa Mia
wieder zu wilden Theorien ab, was
den Anschlag auf Raffaele anging und es interessierte mich, was sie
herausgefunden hatten. Und ich musste immer wieder an Toni und Piero denken, an
all das ganze Blut. Sicher musste Sabatino bei der Arbeit, die er tat, schon
viele Opfer in Kauf nehmen und das größte waren seine beiden Söhne gewesen.
Ich konnte mir kaum vorstellen, wie ich das verkraftet hätte,
das war ein großer Schlag, aber er hatte dennoch weitergemacht. Er hatte
gesagt, dass es nicht einfach ist, einfach aufzuhören, auch wenn es das Beste
wäre. Es war eine Zwickmühle und mir war klar, dass die Sache mit Raffaele ihn
wieder weiter hineingezogen hatte.
Und was war ich? Ich konnte nichts tun und fühlte mich
hilflos, ich konnte ihm nicht helfen, auch wenn ich es gern täte. Ich war der
Junge, der seine Nase hineingesteckt hatte und nun nicht mehr den Blick
abwenden aber auch nichts tun konnte. Und alles nur, fluchte ich, weil du dich
damals in diesen Verbrecher verliebt hast, das hast du nun davon. Irgendwann
schießen sie vielleicht wieder auf ihn oder sogar auf dich und was ist, wenn du
selbst die Waffe in die Hand nimmst, um ihn oder dich zu verteidigen? Kannst du
das überhaupt, willst du das? Willst du so sein wie er? Nein, das will ich
nicht, aber ich will ihn, ich kann ihn nicht gehen lassen! Ich weiß nicht, was
ich in Kauf nehmen würde, aber ich kann mich nicht von ihm abwenden. Ich war
mir so felsenfest sicher, dass ich es nicht konnte.
Es schien keinen Zweifel zu geben.
X
Ein französischer Todesfall…
Wieder vergingen ruhige Wochen und die Arbeit lenkte mich vom
vielen Nachdenken gehörig ab. Vom späten Nachmittag bis in die frühe Nacht
hinein arbeite ich im Bellona und das war eine schöne Arbeit, denn
meistens herrschte fröhliche Ausgelassenheit und die Besucher taten ihr übriges
hinzu. Ich erfuhr, dass ich noch mehr Trinkgeld bekam, wenn ich mich recht
charmant benahm und mit einem reizenden Lächeln und so manchem freundlichen
Wort die Gäste umgarnte. Bald wurde es fast zu einem Sport zwischen Enrico und
mir, das war auch der Kellner gewesen, der damals auf der Party bei der Villa
gewesen war, der aber nicht in Spoleto wohnte, sondern jetzt nur hier arbeitete
und mit dem ich recht schnell Freundschaft schloss. Er war mir ähnlich, denn er
wusste von den Freunden, die ich unter Castellis Männern hatte, denn er war
ihnen auch lieb und hatte selbst schon so manche, kleineren Dienste für sie
übernommen. Meine anderen Freunde wussten davon nicht viel und wollten damit
nichts zu tun haben, was ich auch verstand. Wäre einiges anders gelaufen, so
stünde
ich auch nicht hinterm Tresen in diesem einschlägigen Laden.
Die Touristen und Besucher wussten freilich nichts von
alledem und tranken froh und in Urlaubslaune ihren Cappuccino und Espresso und
ließen ihr Geld gern bei uns. Manchmal geschah es sogar, dass Maurizio oder ein
anderer, Personen, die ihnen interessant erschienen, zum Kartenspiel oder auf
ein Gläschen Wein einluden und natürlich waren auch Frauen dabei. Diese Gäste
gingen quasi aufs Haus.
„Oft lernen wir wichtige Menschen kennen und man weiß ja
wirklich nie, wie einem diese Leute noch behilflich sein könnten, Paolo.
Jedenfalls ist es oft interessant zu hören, wie sie unser Städtchen und die
Umgebung kennenlernen und erfahren, denn eines musst du wissen: Besuchern
entgeht nichts, denn ihre Sinne sind ohnehin schon gespannt und Gesichter
merken sie sich auch oft schneller.“, sagte einmal Maurizio zu mir, als er sich
grinsend zwei süße Cocktails bei mir abholte. „Kannst du dir zum Beispiel
vorstellen, dass der sonderbare Kauz da vorne ein Arzt und Professor ist, der
damals lange Zeit in Sizilien praktizierte?“
„Wohl kaum.“ Entgegnete ich, weil der Mann mit dem
verstaubten Hut eher wie ein Bauer aus der Umgebung aussah, grinste ich zurück,
Maurizio nickte ernst mit bedeutungsschwangeren Blick und marschierte dann mit
den Gläsern davon. Natürlich passierte es auch, dass sich Mädchen und junge
Frauen in mich verliebten, besonders diejenigen, die zwei oder drei Wochen
verweilten, dachten, sie müssten mir in meinem tristen Kellnerjob etwas
Abwechslung bieten, als sei ich bettelarm und wünschte mir nichts sehnlicher,
als in ihren teuren Mietwagen so schnell es ging das Land zu verlassen. Andere
waren im sinnlichem Taumel, den nur Italien hitzig entfachen kann, so gefangen,
dass sie mir ihre erotischen Phantasien auf Servietten schrieben
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