Cosa Mia
einen kleinen, aber einen düsteren, der mich anlächelte,
mich wissend anlächelte und den ich nicht vertreiben konnte. Es fühlte sich an,
als wäre ein Dorn übrig geblieben und der steckte nun in mir, ein Dorn, den sie mir beschert hatten: Maurizio, Sabatino, selbst Emidio, Piero und Constanza,
sie hatten mich zu einem winzigen Teil zugehörig gemacht und das verfluchte ich
nun, doch ich
konnte mir den Dorn auch nicht herausziehen, denn er war
längst eingewachsen. Ich gehörte zum Teil immer noch dazu und in diese andere
Welt, aber ich verdrängte und bekämpfte es, wo ich nur konnte.
Aber ich hatte mich schlussendlich ja wieder in eine
liebreizende Kreatur verliebt, die nicht der Normalität entsprach. Aber das was
ich eigentlich nicht wollte, war wieder irgendwo hineinzuschlittern, um dann
mit zerrissenen Herzen zurück zu bleiben, deshalb redete ich mir die meiste
Zeit ein, dass mir Isabella gar nicht so viel bedeutete und auch keine richtige Freundin für mich war auch wenn wir viel Zeit miteinander verbrachten. Ihren
„Beruf“ zu akzeptieren fiel mir auch nicht leicht, obwohl sie mich von
vornherein nie im Unklaren gelassen oder mich irgendwie getäuscht hatte. Sie
war eine ehrliche Haut und das brauchte ich auch. Und eine weiche und zarte. In
den feuchten und düsteren Wintermonaten im übernächsten Jahr, in denen mir
Venedig teils gefiel, mich teils aber auch schwermütig machte, beschlossen wir,
endlich meine Eltern zu besuchen, nachdem meine Mutter mich am Telefon schon
etliche Male dazu eingeladen hatte und auch Isabella war sehr auf das Landleben
gespannt, besaß aber absolut romantische, verklärte Vorstellungen davon, wie
ich ihr oft genug klarzumachen versuchte, was sie aber, wie auch die meisten
Touristen, gekonnt ignorierte. Eigentlich war es auch unfair von mir, denn ich
fand meine Heimat schon immer sehr schön und wohl auch idyllisch, aber nach
dieser Geschichte und meinem Herzschmerz sah ich nur noch argwöhnisch nach
Spoleto mit seinen Hügeln zurück, wenn mich meine Gedanken dorthin trieben.
Doch dann war der Tag der Abfahrt gekommen, an einem Morgen,
der für Venedig einen dunklen Tag ankündigen wollte. Es war kalt und neblig und
wahrscheinlich würde es auch nicht mehr hell werden, was nichts Ungewöhnliches
im Winter und für diese Stadt war.
Isabella wollte unbedingt mit dem Auto fahren, das sie besaß,
aber nicht einfach nur so und mit einmal, sondern mit ein paar Zwischenstopps
und maximal zwei Übernachtungen. Sie sah die ganze Fahrt schon als Abenteuer
und Urlaub an und war bester Laune.
Zusammen verstauten wir ihre zwei Koffer und fuhren dann zu
meiner bescheidenen Wohnung, um meine Tasche zu holen und dann ging es in ihrem
kleinen dunkelblauen Fiat los, dorthin wo sie sich die ländliche Idylle
versprach und wo für mich die Geister hausten, um mich heimzusuchen. Aber
irgendwann, so dachte ich mir, hätte ich sowieso diese Reise machen müssen,
denn ich vermisste meine Eltern und meine Schwestern, Onkel Pedro natürlich
auch sehr nach der langen Zeit. Was sie wohl sagen würden, wenn sie Isabella
sehen würden? Würde mir mein Vater stolz auf die Schulter klopfen und würde
meine Mutter nach Babys fragen? Ich hatte mit meiner Freundin ausgemacht, dass
sie verschweigen würde, woher ihr Einkommen kam, stattdessen hielten wir die
Idee am besten, dass wir uns beide im selben Hotel kennengelernt hatten, was
auch stimmte, nur war sie keine Angestellte, sondern kam und ging wie ein Gast,
nur in meistens neuer Begleitung.
Schlussendlich war es mir lieber mit ihr diese Reise anzutreten
als ganz auf mich allein gestellt und allein mit meinen Gedanken.
XV
Die Geister der Vergangenheit…
„Paolo, Schatzi, ich glaub ich hab mich verfahren. Wo sind
wir?“
„Was?“, ich machte die Augen auf und blinzelte durch die
Frontscheibe in einen fast klaren Himmel wo sich darunter eine herrliche
Landschaft erstreckte. Doch als ich zu ihrem Fenster hinausschaute sah ich eine
kleine Stadt, fast ein Dorf das auf einem Hügel thronte und war fast etwas
erschreckt, weil es mich an Spoleto erinnerte, aber das stimmte nicht wirklich
und solche Dörfer gab es in der Region wirklich zuhauf. Wir standen, irgendwo
im Nirgendwo vor uns ein Tal mit eine Besiedlung, hinter uns ein Berg mit einem
Dorf, das auch eine Art Festung hatte und zwischendrin nichts als Olivenbäume,
Zypressen und Weinterrassen. Mir war schon eher aufgefallen, dass sie nur
Zickzack zu fahren schien, dabei hätten wir die
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