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Cosm

Cosm

Titel: Cosm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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und sogar etwas warm an. Nicht kühl, wie sie unbewußt erwartet hätte; Metalle fühlen sich selbst bei Zimmertemperatur kühl an, weil sie gute Wärmeleiter sind und die Haut auf Wärmeverluste empfindlich reagiert. Beim Messen strich sie noch ein paarmal darüber, dann errechnete sie den Durchschnitt: 37,8 cm plus oder minus 0,3 cm. Eine kleine Bowlingkugel.
    Zur Gewichtsbestimmung gab es verschiedene Möglichkeiten. Sie überlegte. Wenn sie zuerst die Masse des Magneten in Erfahrung brachte, konnte sie beides zusammen wiegen und das Gewicht des Magneten abziehen – aber das wollte sie nicht. Um direkt zu einem Ergebnis zu kommen, müßte die Kugel aus dem Magnetfeld entfernt und auf eine Schale gelegt werden. Das war ihr nicht geheuer. Angenommen, der magnetische Widerstand wäre irgendwie von Bedeutung für das Gefüge? Ihr Instinkt warnte sie, die Anordnung zu verändern, auch wenn das Ding umständlicher zu handhaben war, solange es zwischen den Magnetpolen hing. Aber wenn sie sich vorstellte, daß es ihr hier im Labor außer Kontrolle geriet …
    Sie runzelte die Stirn. Der Ozongeruch. Ein verdämmt dicker Hinweis, aber worauf? Wer Zweifel hat, besorge sich Zahlen.
    Sie ging hinauf in den Fachbereich Chemie und suchte nach einem einfachen Verfahren zur Bestimmung der Ozonkonzentration. Sie wußte, daß gewöhnlicher Sauerstoff zweiatomig war und, wenn man genügend Energie zuführte, dreiatomig wurde: Ozon. Wenn die Kugel Ozon abgab, würde es sich auf dem Boden des Labors sammeln, da es schwerer war als Luft. Ozon entstand bei Dunkelentladungen und wurde laut Chemical Rubber Handbook auch durch Ultraviolettstrahlung im Bereich von 250 Nanometern erzeugt. Das entsprach einer Energiemenge von 4 Elektronenvolt bzw. einer Temperatur von etwa 40 000 Grad.
    Gab die Kugel also Ultraviolettstrahlung ab? Zu sehen war davon nichts. Rasch ging Alicia durch den Raum und schaltete die Deckenbeleuchtung und alle Punktstrahler aus. Sobald ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, wandte sie sich der Öffnung zwischen den Magnetpolen zu. Das menschliche Auge nahm ein breiteres Lichtspektrum wahr als jeder Photodetektor, aber es ließ sich auch täuschen.
    War da ein Lichtschein? Sie versuchte, nur aus dem Augenwinkel hinzusehen. Der Wunsch, etwas zu finden, konnte Halluzinationen auslösen, und dann fischte man auch da noch ein Signal heraus, wo nichts als Rauschen war. Um dem vorzubeugen, drehte sie sich einmal um sich selbst und suchte dann im stockdunklen Labor nach der Kugel. Wo war sie? Da? Sie streckte die Hände aus und ertastete eine Werkbank. Nein, sie hatte keine volle Drehung beschrieben. Der schwache Lichtschein, den sie sich eingebildet hatte, war an der falschen Stelle gewesen. Sie drehte den Kopf, sah aber nichts. Noch einmal. Nichts. Sie unternahm noch einige weitere Versuche, dann gab sie auf.
    Vielleicht sollte man sich das Ding in einem völlig verdunkelten Raum mit hochempfindlichen Photodetektoren ansehen? Dazu brauchte man Quarzlinsen …
    Später vielleicht. Zuerst die einfacheren Methoden.
    Ein Labor im Fachbereich Geophysik hatte für seine Untersuchungen zur Luftverschmutzung ein kompaktes, elektronisch gesteuertes Ozonmeßgerät unbenutzt im Schrank herumstehen. Den zuständigen Postdoc hatte sie bald überredet, doch der Ordnung halber mußte sie natürlich auch den Lehrstuhlinhaber fragen. Der erlaubte ihr nicht nur sofort, es sich für kurze Zeit auszuborgen, sondern verfolgte sie bis in ihr Labor, um sich zu erkundigen, wozu sie im Hochenergiebereich ein so alltägliches Instrument brauche. Sein Besuch machte sie so nervös, daß sie sich zunächst schützend vor den U-Magneten stellte, bis ihr klar wurde, daß er bei dem Durcheinander von Instrumenten ohnehin nichts erkennen konnte. Kein Laie kann jemals eine Versuchsanordnung durchschauen. »Ich will mir nur eine sonderbare Ozonquelle ansehen«, sagte sie, so lässig sie konnte.
    Die Mittagspause verbrachte sie damit, die Ozonwerte in verschiedenen Abständen von der Kugel zu messen und fein säuberlich in ihr Laborbuch einzutragen. Das Gerät war wunderbar benutzerfreundlich. Die Ozonkonzentration nahm ziemlich genau mit dem Quadrat der Entfernung ab, es sah also ganz so aus, als würde das Ozon an der Kugeloberfläche entstehen und dann nach außen diffundieren.
    Sie starrte das Ding stirnrunzelnd an. Hinter der Trennwand waren die Stimmen ihrer Diplomanden zu hören, die dabei waren, das neue Core-Element zusammenzusetzen. Sie

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