Cosmic Trigger (Band 2)
verändert. Da ich bereits als zwanghafter Wiederkäuer
diagnostiziert bin, werdet ihr nicht erstaunt sein, dass ich diese Frage fast
so interessant fand wie die Erfahrung selber.
Die Welt besteht aus farblosen Atomen,
so hatte ich es gelernt, und unser Gehirn gibt den großen Verbindungen von Atomen,
die wir “Objekte“ nennen, Farben. Wieso verändern sich die Farben, wenn wir
high sind? Die Farben repräsentieren die “Interpretation“ der
Wellenfunktionen durch unser Gehirn, die die Struktur von Gleichungen haben,
einschließlich der verdammten Quadratwurzel aus minus eins. Die Wellenformen
(Gleichungen) können sich nicht verändern, wenn wir die Cannabismoleküle in
unsere neurochemische Brühe lassen (oder doch?), also muss unsere
Gehirn-“Software“ die Änderungen vornehmen.
In diesem Fall scheint die
Gehirnsoftware die Organisation des “Verkehrs“ zu übernehmen – welche chemischen
Signale an welche Synapsen übergeben werden. Unser Gehirn erlebt eine Art
organisatorischen Quantensprung.
So löst die Cannabiserfahrung in
wissenschaftlichen Worten eine Halluzination aus (unser normaler Weg, Farben zu
sehen, die nicht da sind), um uns mehreren Halluzinationen zu öffnen (zahllosen
neuen Wegen, Farben zu sehen, die nicht da sind). Aber diese strikt
materialistische Erklärung schien mir nicht zufrieden stellend, aus Gründen,
die mit meinen Erfahrungen mit Kunst und anderen virtuellen Realitäten zu tun
haben.
Egal ob man durch Marihuana aus seinem
normalen Realitätstunnel in ein Labyrinth der vielfachen Wahl virtueller
Realitäten verschoben wird, oder durch Charlie Parker, oder einen Orgasmus,
oder Meditation, oder Picasso, oder King Kong oder durch die böse Hexe des
Westens: Die Erfahrung beinhaltet Zeitlosigkeit und Befreiung. Man fühlt
sich weniger mechanisch und scheint kurz davor zu sein, das zu verstehen,
was die Mystiker mit “Erwachen“ meinen; manchmal, besonders mit Beethoven,
fühlt man fast, dass man nie die “absurden guten Neuigkeiten“ (wie Chesterton
es nannte) dieses erwachten Zustandes vergessen wird.
Die Reich‘sche Therapie (wie ich bald
erfahren sollte) und einige orientalische Varianten der Chiropraxis können
einen ebenfalls in diesen zeitlosen Zustand versetzen, scheinbar zwischen
parallele Universen oder neurologische Realitätstunnel – alle als mögliche
Erfahrungen gleichermaßen “real“ – und alle wissenschaftlich gesehen
gleichermaßen “irreal“ als reine mnemonische Ikone, die von unseren Gehirnen
aus farblosen Atomen und der Leere kreiert und dann von uns benutzt werden, um
unsere Halluzinationen zu ordnen und zu indizieren. Das heißt zwischen Pot und
Korzybski konnte ich alle möglichen Realitätstunnel als menschliche Produkte
sehen und verlor die Tendenz, einen davon in ein Idol oder Dogma zu verwandeln.
(Nach der Reich‘schen Therapie fing mein Körper an, aus der Starrheit zu
erwachen, die ihm durch die katholische Ausbildung auferlegt worden war.)
Was ich erfahre, “ist“ nicht “Realität“. Was ich erfahre, löst in meinem Gehirn das Ordnungssystem auf und
notiert seinen Eindruck. Die leuchtenden Farben und die schöne Musik des
Marihuana-Zustandes “sind“ nicht mehr oder weniger “real“ als die Farben und
die Musik anderer neurologischer Zustände. Worüber wir auch immer reden, unsere
Gehirne können davon nicht getrennt werden, wie Roger Jones in Physics as
Metaphor sagt.
(Die meisten meiner Bücher versuchen,
den Leuten dabei zu helfen, unsere “mnemonischen Ikonen“ – Wahrnehmungen oder
Vorstellungen – als Modelle oder Landkarten zu sehen, statt sie als Idole oder
Dogmen zu behandeln. Ihr wärt überrascht, wie viele Drohbriefe ich von
Fundamentalisten aller Richtungen bekomme; die fundamentalistischen
Materialisten scheinen noch emotionaler zu sein als die protestantischen
Fundamentalisten, wie Jungs Analyse des rationalistischen Komplexes vorhersagt.
Einer hat mir vor kurzem vorgeworfen, ich sei ein “psychologischer Terrorist“.)
In der Zwischenzeit veränderte mich
die Drogenerfahrung auf eine Weise, die ich im Sinne von Jung verstehen konnte.
Ich hatte mich bereits als zwanghaften Rationalisten analysiert und wollte
lernen, wie ich meine sinnlichen, emotionalen und intuitiven Fähigkeiten
weiterentwickeln könnte, aber ich kannte keine “Schulen“, die mich das hätten
lehren können. Nun fand ich heraus, dass Marihuana definitiv das
Sinnen-Sinnliche um ein Vielfaches bereichert. Ich sah nicht nur mehr
Weitere Kostenlose Bücher