Cosmic Trigger (Band 3)
solchen
‚empfindsamen’ Bereichen so, als würden Worte tatsächlich den Dingen
gleichkommen? („Stöcke und Steine brechen meine Beine, doch mit
schlimmen
Worten verletzt man meinen Namen.“) Eröffne einmal zwei Restaurants und
schreibe auf die Speisekarte des einen Restaurants ‚ Chef
Spezial :
zartes, saftiges Filet Mignon’ und auf die Karte des anderen
Restaurants ‚ Chef
Spezial : ein Stück totes Fleisch, herausgeschnitten aus einem
kastrierten
Bullen’. Beide Beschreibungen zeigen auf dasselbe nonverbale Ereignis,
doch
rate einmal, welcher Laden mehr Umsatz macht?
Wenn
wir daher sagen, dies sei ein
‚gutes’ oder ein ‚schlechtes’ Wort, reagieren Leute, die behaupten,
niemals
Wörter und Dinge zu verwechseln, dennoch so, als würde sie das Wort
ebenso
betreffen wie das Ding. Fast alle Wörter werden zu ‚Reizwörtern’ in
einem
Streit über ein physisches oder ‚geistiges’ Territorium (Besitztümer
oder
Dogmen).
Nehmen
wir einmal einen extremen Fall,
in dem E-Prime ziemlich pedantisch wirkt: Statt „Dies ist ein Stuhl“
schreibe
ich „Ich nenne dies einen Stuhl und nutze es als einen Stuhl“. Die
Verwendung
von ‚ist’ in einer Aussage tendiert in größerem oder kleinerem Umfang
dazu,
einen vergessen zu lassen, was E-Prime-Aussagen wieder in Erinnerung
rufen:
Nämlich dass das nonverbale Raum-Zeit-Ereignis namens ‚Stuhl’ auch
viele andere
Namen haben kann. Und auch viele andere Verwendungszwecke – zum
Beispiel als
eine aggressive Waffe in einer disfunktionalen Familie, eine defensive
Waffe
bei einem Einbrecher, als schützendes Holz im Winter, eine Kratzstelle
für
Katzen etc. Entsprechend wird dich die Aussage „Dies ist eine Rose“
vergessen
lassen, dass dieses nonverbale Dingsbums ebenso eine botanische Art
‚ist’ wie
auch eine Struktur, die durch die DNA aus Molekülen geformt wurde, eine
Quelle
wundervollen Geruches, ein Geschenk für eine Geliebte, der Gegenstand
eines
Malers, eine Ansammlung von Elektronen etc.
Dieser
neurosemantische Sachverhalt
hat viele praktische und wichtige Anwendungen.
Betrachte
als erstes die gegenwärtige
Abtreibungsdebatte und die Serie von Gewalttaten, die sie provoziert
hat. Die
ganze Kontroverse dreht sich um die Frage: Was ‚ist’ ein Fötus? In
E-Prime kann
man diese Frage nicht stellen . In E-Prime hört sich
eine Meinung auch
wie eine Meinung an und wird nicht als ein Naturgesetz eines
bewiesenen
Theorems maskiert. Die besten Aussagen für die beiden gegensätzlichen
Behauptungen, die mir gerade einfallen, lauten in etwa:
„Ich
klassifiziere den Fötus als eine
menschliche Person.“
„Ich
klassifiziere den Fötus nicht als
eine menschliche Person.“
Dies
führt zu weiterer Klarheit und
geistiger Gesundheit, wenn man diese Aussagen noch weiter
ausdifferenziert:
„Entsprechend
der Philosophie, die ich
momentan verwende, klassifiziere ich den Fötus momentan als eine
menschliche
Person.“
„Entsprechend der
Philosophie, die ich
momentan verwende, klassifiziere ich den Fötus momentan nicht als eine
menschliche Person.“
Dies
repräsentiert keinen Einzelfall,
bei dem die Verwendung von ‚ist’ Dogmen und Gewalttätigkeit fördert
(also das,
was der Psychologe Edward de Bono das „ICH HABE RECHT, DU HAST
UNRECHT“-Syndrom
nennt) und wie die Verwendung von E-Prime Dogmen und Gewaltbereitschaft
minimiert. Nur sehr wenige Formen des Faschismus, Rassismus und
Sexismus (sogar
die in den meisten modernen Kreisen der politischen Korrektheit) können
unter
der Verwendung von E-Prime bestehen. Zum Beispiel:
„Ich
neige dazu, alle
Hispanoamerikaner als grundlegend gleich und widerwärtig zu
betrachten.“
„Ich
neige dazu, alle Asiaten als
grundlegend gleich und widerwärtig zu betrachten.“
„Ich
neige dazu, alle Menschen als
grundlegend gleich und widerwärtig zu betrachten.“
Obwohl
man wohl kaum in Begleitung von
Leuten gesehen werden möchte, die solche Aussagen abgeben, sind sie
doch nicht
so hoffnungslos hirnrissig wie jene, die dir erzählen, wie alle
Hispanics,
Asiaten und alle Menschen in Wirklichkeit ‚sind’ …
„Ich
neige dazu, X als Y zu sehen“ und
ähnlich bedeutende und offensichtlich selbstreferentielle Aussagen
entfachen in
E-Prime nicht die gewalttätigen Vorurteile (und Gewalttaten) in den
Menschen
wie die wissenschaftlichen und existentialistisch bedeutungslosen
‚ist’-Aussagen: „Alle Italiener sind Gangster“, „Alle Presbyterianer
sind
verrückt“
Weitere Kostenlose Bücher