Cosmic Trigger
und von der Presse in Schweden so sehr verleumdet, daß er nicht mehr länger in diesem Lande arbeiten konnte. Nach den USA ausgewandert, wurde er dort von der American Medical Association diffamiert, so daß er schließlich 1957 in einem Staatsgefängnis starb. All dies hat viele Leute, darunter auch mich, zur Überzeugung gebracht, daß die wissenschaftliche Freiheit im 20. Jahrhundert ebensowenig garantiert war wie im Mittelalter, sobald ein Wissenschaftler in seinen Überlegungen revolutionär wurde.
Der Fall Reich jagte Timothy keinerlei Angst ein.
»Ich befinde mich in jeder Hinsicht bei bester Gesundheit«, diagnostizierte er sich selbst mit seinem breiten, echten Leary-Grinsen. »Ich werde die Hysterie und Verfolgung gut überstehen, bis alles, was ich behaupte, sich bestätigt hat und akzeptiert wird; bis es täglich und in allen Kliniken der Welt Anwendung findet und zur Binsenwahrheit geworden ist.« Dann grinste er noch breiter. »Aber dann, hoffe ich, werde ich neue Ketzereien verbreiten und einmal mehr mit heißen Füßen dastehen.« Diese Prophezeiung mag sich eines Tages noch bewahrheiten.
Es ist recht sonderbar, im Jahre 1977 in einem Buch wie z. B. David Solomons Anthologie LSD 24 zu lesen, das 1964, also vor erst dreizehn Jahren, veröffentlicht worden ist. Hier stoßen wir auf Wissenschaftler wie Dr. Humphrey Osmund, Dr. James Terrill, Dr. Charles Savage, Dr. Donald Jackson, Dr. Sanford Unger (dessen Neigung, Patienten zu umarmen, weiter oben erwähnt wurde), Dr. Jonathan Cole, Dr. Martin Katz, Dr. Eric Kast usw. die alle von vorteilhaften und interessanten Wandlungen des Bewußtseins (und Verhaltens) durch LSD berichten – vorausgesetzt, daß Set und Setting stimmen. Hier finden wir Philosophen wie Aldous Huxley und Alan Watts, die ihren Blick mit Optimismus und Hoffnung auf das Potential dieser Chemikalien richten. Wir finden auch Dr. Leary, der die Einführung zu Solomons Werk schrieb, und der bei den meisten mitwirkenden Wissenschaftlern als hochgeschätzter Kollege galt. Kurz, das ganze Buch scheint in einer Zeitverschiebung aus einem anderen Universum gefallen zu sein.
Wurde all dies vor erst dreizehn Jahren veröffentlicht? Wurden nicht alle Mitwirkenden auf einmal ins Gefängnis geworfen? Wie war damals die Welt, in der über LSD wissenschaftlich, objektiv und rational diskutiert werden konnte?
Dr. Leary schreibt in The Curse of the Oval Room:
Nur sehr wenige Amerikaner – sogar nach Watergate –begriffen, wie Nixon seine ureigene Spezial-Geheim-Elite-Polizei eingesetzt hatte. Unter der Maske Drogen-Kontrolle erlangte dieser Orwellsche Coup die Unterstützung der Liberalen mittleren Alters. Es war alles so einfach. Das Budget des Drogendezernats stieg von 22 auf 140 Millionen… Verfassungsmäßige Gesetze wurden aufgehoben, wogegen martialische Gesetze (nicht anklopfen; anhalten und filzen, Ausgangsverbot usw.) einem auf diese Weise leicht zu identifizierenden Teil der Bevölkerung auferlegt wurden… Furcht legte sich über das Land. Die Wortführer der Gegenkultur wurden verhaftet, verfolgt und zum Schweigen gebracht. Die Presse machte vollumfänglich mit… 25
Im Zuge der von Leary beschriebenen terroristischen Kampagne wurde er selbst wiederholt verhaftet und wegen Besitzes von zwei Marihuana-Joints für schuldig erklärt. Er behauptete damals, daß alles ein abgekartetes Spiel sei, aber die Liberalen waren nicht an seinen Behauptungen interessiert, seitdem die Cops als die neuen Götter des vereinigten Liberalismus galten. Man verurteilte ihn zu 30 Jahren Haft und zur höchsten Buße in der amerikanischen Geschichte (5.000.000 Dollar); er wurde in Afghanistan wegen Übertretung von 148 Gesetzesbestimmungen gekidnappt, kurze Zeit in Ketten gehalten und schließlich für neunzehn Monate in Einzelhaft gesetzt. Weitere zehn Monate lang wurde eine Informationssperre verhängt, so daß seine Freunde ihm weder Mitteilungen zuspielen, noch solche von ihm empfangen konnten.
All dies geschah am hellichten Tage, während die Liberalen nicht erkannten, daß das Gesetz verstümmelt und falsch ausgelegt wurde. Die Sache war dem berüchtigten »Roten Terror« der frühen fünfziger Jahre nicht unähnlich.
Ich habe mit Entsetzen die Vernichtung von Dr. Reich durch die Kräfte der Bürokratie und Bigotterie in den Fünfzigern verfolgt. Es war eine Art Erwachen, das erste Dämmern der Ahnung, daß unsere Regierung, wie jede andere, mehr schlecht als recht ist. Für andere kam
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