Cottage mit Aussicht
genügen. Glücklicherweise war es eine sehr hübsche Strickjacke in einem schönen Korallenrot, und die Wirkung war ziemlich feminin. Lauras Wildlederslipper lösten das Schuhproblem, und sie war fertig.
Sie gingen über dieselben Fußwege, über die Anna am vergangenen Abend mit Rob gegangen war, aber die Atmosphäre war vollkommen anders. Gestern war es ein schöner Spaziergang im Schlenderschritt durch duftende Feldwege gewesen, jetzt, in Lauras Schuhen, die eine Spur zu groß waren, kam es Anna so vor, als befände sie sich auf einem steinigen, gefurchten Pfad. Max' Anweisungen machten das Ganze nicht besser. Sie war froh, dass Julian bei ihnen war.
»Wenn meine Mutter feststellt, dass du eine der beiden Frauen bist, die ihr Gewächshaus ausgeräumt haben, wird sie fuchsteufelswild sein«, überlegte Max laut. »Sie hat sehr altmodische Ansichten über Dienstboten, die eine allzu vertrauliche Beziehung zu der Familie entwickeln, und das Ganze wäre ihr grauenhaft peinlich.«
»Aber sie hat uns in einer Tombola gewonnen! Das macht uns wohl kaum zu Dienstboten.« Anna war froh, ihm nicht die Geschichte vom Whirlpool erzählt zu haben, obwohl sie sich ziemlich sicher war, dass Mrs. Gordon sie unter dem Schaum nicht erkannt hatte.
Max ging ziemlich schnell, und weil der Weg sehr schmal war, musste Anna hinter ihm hertrotten, in Slippern, die ihr bei jedem Schritt vom Fuß zu rutschen drohten. Julian bildete die Nachhut.
»Sie hat in diesen Dingen keinen Sinn für Humor, also versuche, taktvoll zu sein!«, rief Max über die Schulter.
Er schien in diesen Dingen ebenfalls keinen Sinn für Humor zu besitzen. »Es ist kaum wahrscheinlich, dass ich das Thema anschneide, wenn sie es nicht tut!«, entrüstete Anna sich.
»Bei dir bin ich mir nie sicher, Anna, du kannst ziemlich unberechenbar sein.«
Ein weiterer Minuspunkt für sie. Anna seufzte.
Mrs. Gordon musterte Anna ein wenig eigenartig, als Max sie miteinander bekannt machte, aber sie sagte nichts, das Anna nervös gemacht hätte, daher versuchte sie, sich zu entspannen.
Max führte sie alle ins Wohnzimmer, wo Teller mit in winzige Dreiecke geschnittenen Sandwiches bereitstanden. Auf einem altmodischen Kuchenständer warteten ein altmodischer Marmeladenkuchen und ein Kaffee-Walnuss-Kuchen. Letzterer war leicht wiederzuerkennen. Anna hatte bei Chloe bereits einige Stücke davon gegessen; er stammte vom Stand der Frauenvereinigung auf dem Markt. Eine leise Angst beschlich sie, dass Mrs. Gordon vielleicht neben allem anderen auch diese spezielle Demütigung miterlebt hatte. Diese Befürchtung berührte Anna wie eine kalte Hand. Sie schüttelte die Regung ab. Die Frau folgte ihr schließlich nicht wie ein Geist.
Neben einigen silbernen Kuchengabeln stand ein rot-goldenes, mit Rosen bemaltes Teeservice, bei dem es sich durchaus um Mrs. Gordons bestes Service handeln konnte. Der Tee war in diesem Haus offenkundig keine Mahlzeit, die man auf die leichte Schulter nahm, und Anna, die sich vorstellte, wie Caroline auf etwas so Zierliches und leicht Erreichbares reagieren würde, musste sich ein Lächeln verkneifen.
Sie setzte sich wie geheißen auf das Sofa, während Max und Mrs. Gordon in der Küche verschwanden, um den eigentlichen Tee zu holen.
»Ich vermute, Mrs. Gordon wärmt die Kanne vor, meinen Sie nicht auch?«, bemerkte Anna leise zu Julian, um ein Gespräch in Gang zu bringen.
»Oh, eindeutig.«
Davon abgesehen sagte er nichts mehr, daher unterhielt Anna sich damit, ihre Umgebung zu bewundern. Es war ein hübscher Raum mit Balkontüren, durch die man in den Garten schauen konnte. Das Wohnzimmer war voller antiker Möbel und Zierstücke und machte auf Anna den Eindruck, als wäre der Inhalt eines erheblich größeren Hauses in dieses Cottage gezwängt worden. Anscheinend war seine Besitzerin eher darauf bedacht gewesen, alles zu behalten, als den Raum ansprechend einzurichten.
Unter den Möbelstücken fanden sich zwei große Sekretäre, eine Vielzahl kleiner Tische und mehrere Stühle, und jede freie Fläche war bedeckt mit Zierstücken, silbernen Fotorahmen und Kristallvasen. Wenn man das Ganze um zwei Drittel reduziert hätte, wäre es ein wahrhaft entzückender, zeitloser Raum gewesen. Die Tapete war ein verblichener Zofani-Druck, der eher wie ein Gemälde denn wie eine Tapete wirkte und Papageien vor dem Hintergrund eines blauen Himmels zeigte. Auch viele der Zierstücke waren Papageien, und wenn man Anna darauf losgelassen hätte, hätte sie
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