Cottage mit Aussicht
sich in die Toilette. Crystal frischte für die Taxifahrt zurück ins Hotel ihr Augen-Make-up auf. Amanda zählte fröhlich, wie viele neue Telefonnummern sie gesammelt hatte.
»Ich finde, das war ein wirklich großartiger Abend, meint ihr nicht auch?«, fragte sie den Raum im Allgemeinen.
Die Toilettenspülung erklang, und Zara kam wieder zum Vorschein. »Wenn wir uns das nächste Mal treffen, könnte mich dann jemand daran erinnern, nicht so viele verschiedene Drinks durcheinanderzutrinken? He, Anna, was ist mit dir? Stille Wasser sind tief, wie? Ich dachte, du hättest dich nicht einmal an Max Gordon erinnert.«
»Er ist mir irgendwie ... wieder eingefallen«, erwiderte Anna und gab sich alle Mühe, das Lächeln purer Selbstgefälligkeit unter Kontrolle zu halten.
»Den Eindruck hatte ich auch. Ihr habt auf dem Tanzboden ja praktisch aneinander geklebt. Anna, du Glückspilz!« Zara drehte den Wasserhahn auf und hielt den Mund darunter. »Ich hatte wirklich die Absicht, ihn für mich zu kapern.«
»Ich weiß, und es tut mir leid«, sagte Anna, die unter ihrem ekstatischen Glück tatsächlich ein klein wenig zerknirscht war.
»Also, warum bist du nicht mit ihm nach Hause gegangen?«, wollte Zara wissen, die angesichts Annas Erfolgs keinerlei Verbitterung zeigte.
»Er hat mich nicht gefragt«, antwortete sie schlicht.
»Du hättest doch nicht beim ersten Date mit ihm geschlafen!«, rief Crystal. »Das verstößt absolut gegen die Regeln.«
»Wir sind nicht mehr in der Schule, Crystal. Es gibt keine Regeln«, wandte Amanda ein.
»Ich meinte das Buch«, erklärte Crystal leise; ihr war plötzlich aufgegangen, dass sie die Einzige war, die davon gehört hatte.
»Also, hast du seine Nummer?«, erkundigte sich Zara.
Anna nickte. »Und was wichtiger ist, er hat meine.« Wie sehr sie ihn auch liebte, ihn begehrte, ihn wollte - all die besitzergreifenden, leidenschaftlichen Ausdrücke im Wörterbuch konnten dazu herangezogen werden -, sie würde ihn niemals anrufen, nicht einmal dann, wenn ihr Leben davon abhinge. Es hatte etwas damit zu tun, dass sie ihn zuvor auch nicht angerufen hatte. Er hatte ihre Nummer; er musste den ersten Schritt tun.
Glücklicherweise war sie in diesem Augenblick ziemlich optimistisch, dass er sie anrufen würde. Morgen, das wusste sie, würde sie daran zweifeln, aber heute Abend hatte sie Zuversicht.
»Sind wir dann alle so weit?«, fragte Crystal, nachdem sie endlich mit ihrem Äußeren zufrieden war.
»Ich glaube, ja«, antwortete Anna und schwang die Tasche mit den schwarzen, hochhackigen Schuhen darin.
»Hat jede von euch all denen Auf Wiedersehen gesagt, denen sie Auf Wiedersehen sagen sollte?«, fragte Amanda.
»Ich schätze, ja.« Zara seufzte. »Es war ein schöner Abend. Wir müssen uns öfter treffen.«
»Was ist mit dir, Anna?«, erkundigte Crystal sich. »Hast du dich von Max verabschiedet?«
»O ja, schon im Foyer.«
»Und er hat dich nicht mit nach Hause genommen? Ich finde, das ist beinahe beleidigend.« Zara war noch immer ein wenig verstimmt.
»Ganz und gar nicht. Er erweist ihr Respekt«, bemerkte Crystal. »Und jetzt kommt.«
Obwohl Anna gesehen hatte, wie Max das Hotel verlassen hatte, musste er eigens noch einmal zurückgekehrt sein, denn als sie gingen, stand er in der Dunkelheit neben der Tür. Er sagte nichts, sondern winkte Anna nur grüßend zu. Keine der anderen Frauen bemerkte ihn, aber Annas Herz vollführte einen freudigen Satz.
Gerade als sie sich ins Bett legen wollte, klingelte ihr Handy. Ihr Herz hüpfte abermals, diesmal jedoch vor Schreck. Was konnte geschehen sein, dass ihre Schwester sie mitten in der Nacht anrief? Caroline, ihre Mutter, ihr Haus - sie alle erlitten in den wenigen Sekunden, die sie brauchte, um ihr Telefon hervorzuholen, in ihrer Fantasie verschiedene schreckliche Schicksale.
»Ich habe nur angerufen, um mich davon zu überzeugen, dass du gut im Hotel angekommen bist«, erklang eine tiefe Stimme, die sich nicht identifizierte.
Anna seufzte ekstatisch, nicht zum ersten Mal an diesem Abend. »Natürlich bin ich gut angekommen. Was hätte mir auch zustoßen können?«
»Nichts. Ich nehme an, ich wollte einfach nur deine Stimme noch einmal hören. Ich werde jetzt Gute Nacht sagen.«
»Gute Nacht«, hauchte Anna.
Sie brauchte eine Ewigkeit, um einzuschlafen. Jedes einzelne Wort, jeder Gesprächsfetzen musste noch einmal abgespult, analysiert, seziert und auf versteckte Bedeutungen inspiziert werden. Sie konnte nicht
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