Cotton-Malone 03 - Der Pandora-Pakt
lächelte scheinbar zufrieden. »Wofür ich dankbar bin. Außerdem verfügen Sie über eine hervorragende Armee mit einer Truppenstärke von beinahe einer Million Mann, einhundertdreißig Düsenjägern, zahlreichen Truppentransportern zu Wasser und in der Luft, angemessenen Stützpunkten und einem ausgezeichneten Kommunikationsnetzwerk. Kurz, Sie haben alles, was eine ehrgeizige Despotin so braucht.«
Es gefiel ihr nicht, dass Viktor das mitbekam, aber sie musste unbedingt mehr hören, und deswegen wandte sie sich ihrem Gefolgsmann zu und sagte: »Finde heraus, was die beiden Wächter machen, und sorge dafür, dass wir hier ungestört bleiben.«
Die beiden Wächter?
Malone hörte diese Worte, als er sich hinter eine Steinbalustrade kauerte, die hoch über dem Chorraum lag. Er befand sich jetzt knapp fünfzig Meter über Thorvaldsen und Zovastina. Cassiopeia war vierzig Meter entfernt auf der anderen Seite des Kirchenschiffs, wo sie einen ähnlich hohen Beobachtungsposten eingenommen hatte.
Malone konnte sie nicht sehen, hoffte aber, dass sie Zovastinas Worte gehört hatte.
Zovastina wartete, bis Viktor gegangen war. Dann starrte sie Thorvaldsen wütend an. »Ist es schlimm, dass ich mein Land verteidigen will?«
»Dass nur nicht ihr feindseligen Männer zu Raub und Beute dahinsinkt, welche sie bald austilgten, die Stadt voll prangender Häuser. «
»Das hat Sarpedon in der Ilias zu Hektor gesagt. Sie haben sich über mich informiert. Dann will ich Ihnen auch mit einem Zitat antworten: Nimmer auch sollst unseres Muts du vermissen, soviel die Kraft nur gewähret. «
»Ihnen geht es nicht um Verteidigung. Sie bereiten einen Angriff vor. Diese Zoonosen sind Offensivwaffen. Bisher hat erst ein einziger Mann den Iran, Afghanistan, Pakistan und Indien erobert. Alexander der Große. Und der konnte sein Reich nur für ein paar Jahre halten. Seit damals sind alle gescheitert, die es versucht haben. Selbst die Amerikaner haben versucht, den Irak zu erobern. Aber Sie, Frau Chefministerin, Sie wollen alle ausstechen.«
Irgendwo in ihrem Sicherheitsapparat gab es eine undichte Stelle, und zwar eine gravierende. Sie musste nach Hause zurückkehren und dieses Problem angehen.
»Sie wollen Alexanders Beispiel folgen, nur in umgekehrter Richtung. Diesmal soll nicht der Westen den Osten erobern. Diesmal wird der Osten herrschen. Sie haben vor, all Ihre Nachbarstaaten zu unterwerfen. Und Sie glauben tatsächlich, dass der Westen Ihnen das durchgehen lässt, weil er Sie für eine Verbündete hält. Aber Ihnen geht es nicht nur um Ihre Nachbarstaaten, nicht wahr? Sie wollen auch den Mittleren Osten und die arabischen Länder erobern. Sie verfügen über Erdöl. Das ehemalige Kasachstan hat große Erdölvorkommen, doch Sie verkaufen das meiste davon billig an Russland und Europa. Daher suchen Sie nach anderen Dingen, die Ihnen weltweit noch mehr Macht verschaffen können. Und Ihre Zoonosen könnten ein solches Mittel sein. Mit ihnen könnten Sie innerhalb weniger Tage eine ganze Nation verheeren. Sie in die Knie zwingen. Die von Ihnen anvisierten Staaten sind ohnehin nicht besonders gut für Kriege gerüstet, und wenn Sie Ihre Krankheitserreger gegen sie einsetzen, werden diese Staaten bald völlig schutzlos sein.«
Sie hielt die Waffe weiter im Anschlag. »Der Westen sollte diese Entwicklung willkommen heißen.«
»Wir ziehen das bekannte Übel vor. Und im Gegensatz dazu, was die muslimischen Staaten denken, ist nicht der Westen ihr Feind.«
Er zeigte auf Zovastina.
»Sie sind ihr Feind.«
Malone hörte aufmerksam zu. Thorvaldsen war kein Dummkopf, es musste also einen Grund dafür geben, dass er Zovastina derart provozierte. Dass der Däne überhaupt hier war, war schon äußerst ungewöhnlich. Er blieb mittlerweile lieber zu Hause und hatte seine letzte Reise im vergangenen Herbst nach Österreich gemacht. Trotzdem befand er sich nun mitten in der Nacht hier in einem italienischen Dom und warf einer bewaffneten Despotin Knüppel zwischen die Beine.
Malone hatte beobachtet, wie Viktor den Chorraum verließ und an der Stelle, über welcher Cassiopeia kauerte, ins südliche Querschiff eingebogen war. Er machte sich Sorgen wegen der Treppe, die zwanzig Meter von ihm nach unten ins Kirchenschiff führte. Wenn es zum nördlichen Querschiff einen Zugang gab, würde mit großer Wahrscheinlichkeit auch eine Treppe zum südlichen Querschiff führen, da die mittelalterlichen Baumeister die Symmetrie geliebt hatten.
Um ihn herum
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