Cotton-Malone 03 - Der Pandora-Pakt
Vitrinen auslagen.
»Die meisten Schätze stammen aus Konstantinopel«, sagte Thorvaldsen, »das im Jahr 1204 von Venezianern geplündert wurde. Aber all die Restaurierungen, Brände und Diebstähle seither haben ihren Tribut gefordert. Als die venezianische Republik dann unterging, wurde auch ein großer Teil der Sammlung eingeschmolzen, um Gold, Silber und kostbare Steine zu gewinnen. Nur zweihundertdreiundachtzig Ausstellungsstücke sind übrig geblieben.«
Malone bewunderte die glänzenden Kelche, Reliquienschreine, Schatullen, Kreuze, Schalen und Ikonen, die aus Stein, Holz, Kristall, Glas, Silber oder Gold gearbeitet waren. Auch die Amphoren, Phiolen, Manuskriptdeckel und fein gearbeiteten Weihrauchgefäße, die alle einmal Trophäen aus Ägypten, Rom oder Byzanz gewesen waren, fielen ihm ins Auge.
»Eine ziemlich beeindruckende Sammlung«, sagte er.
»Eine der schönsten der Welt«, meinte Thorvaldsen.
»Wonach suchen wir?«
Stephanie zeigte auf eine Vitrine. »Michener hat gesagt, es sei da drüben.«
Sie traten zu der Vitrine, in der ein Schwert, ein Bischofsstab, einige sechseckige Schalen und mehrere vergoldete Reliquienbehälter ausgestellt waren. Thorvaldsen öffnete die Vitrine mit einem Schlüssel und klappte einen der Reliquienbehälter auf. »Sie verwahren es so, dass man es nicht sehen kann.«
Malone betrachtete den kleinen Gegenstand, der in dem Behälter lag. »Ein Skarabäus.«
Während der Mumifizierungsprozedur schmückten die ägyptischen Einbalsamierer den Leichnam mit zahllosen Amuletten. Einige dieser Amulette waren einfach nur Dekoration, während andere an ganz bestimmte Stellen gelegt wurden, um die toten Gliedmaßen zu stärken. Das Amulett, das nun vor ihm lag, war nach dem Insekt aus der Familie der Skarabaeidai benannt, das es krönte – dem Mistkäfer. Malone hatte die Wahl des Mistkäfers als Symbol der Schöpferkraft immer befremdet, doch die alten Ägypter hatten gesehen, wie diese Käfer scheinbar aus dem Dung sprangen, und hatten sie deshalb mit Chepre, dem Schöpfer aller Dinge und Vater aller Götter gleichgesetzt, der sich aus der von ihm selbst geschaffenen Materie erschaffen hatte.
»Es ist ein Herz-Amulett«, sagte Malone.
Stephanie nickte. »Das hat Michener auch gesagt.«
Malone wusste, dass bei der Mumifizierung alle inneren Organe der Leiche außer dem Herzen entfernt wurden. Auf das Herz wurde immer ein Skarabäus gelegt, der ewiges Leben symbolisierte. Das Amulett vor ihm war relativ typisch. Es war aus Stein gehauen. Wahrscheinlich Karneol. Aber etwas war auffällig: »Kein Gold. Normalerweise sind diese Amulette aus Gold gefertigt oder zumindest damit verziert.«
»Wahrscheinlich ist das Amulett aus diesem Grund bis heute erhalten geblieben«, sagte Thorvaldsen. »Es ist historisch bekannt, dass das Soma in Alexandrien von den späteren Ptolemaiern geplündert wurde. Das ganze Gold wurde abgekratzt, der goldene Sarkophag eingeschmolzen und alle wertvollen Gegenstände entwendet. Diesen Stein hielten sie nicht für wertvoll.«
Malone griff nach dem Amulett und hob es hoch. Es war etwa zehn Zentimeter lang und fünf Zentimeter breit. »Es ist ziemlich groß. Normalerweise sind diese Amulette nur halb so groß.«
»Sie wissen eine Menge über die Dinger«, sagte Davis. Malone lächelte, bewunderte das Amulett weiter und sah, dass drei Hieroglyphen in die Flügel des Käfers eingeritzt waren.
»Wofür stehen die?«
»Michener sagte, sie bedeuten Leben, Stabilität und Schutz«, antwortete Thorvaldsen.
Malone drehte das Amulett um. Auf der Rückseite prangte das Abbild eines Vogels.
»Dieses Amulett wurde bei den Gebeinen des Heiligen Markus gefunden, als sie 1835 aus der Krypta geholt und zum Altar geschafft wurden«, sagte Thorvaldsen. »Weil bekannt war, dass der Heilige Markus in Alexandria den Märtyrertod starb und dort mumifiziert wurde, ging man davon aus, dass es der Mumie beigelegt worden war. Da es unverkennbar etwas Heidnisches an sich hat, beschlossen die Kirchenväter, es nicht mit den sterblichen Überresten des Heiligen in den Sarg zu legen. Sie erkannten jedoch den historischen Wert des Amuletts und verwahrten es deshalb hier in der Schatzkammer. Als die Kirche von Zovastinas Interesse an den sterblichen Überresten des Heiligen Markus erfuhr, betrachtete man das Amulett mit neuem Interesse, und als Präsident Daniels mir davon erzählte, erinnerte ich mich an Ptolemaios’ Worte.«
Auch Malone musste an sie denken.
Berühre das
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