Cotton-Malone 03 - Der Pandora-Pakt
Gegenmitteln durchgeführten Tests überwachte. Außerdem musste jemand Zovastina Sand in die Augen streuen.
»Wie ist die Temperatur?«, fragte er. Lyndsey überprüfte die Digitalanzeige. »Stabil.« Das Labor, ein neutraler, steriler Raum mit cremefarbenen Wänden und einem schwarzen Kachelfußboden, war Vincentis Reich. Zwei Reihen von Edelstahltischen standen in der Mitte des Raums. Kolben, Reagenzgläser und Büretten standen auf Metallständern über einem Autoklav, Destilliergeräten, einer Zentrifuge, einer Präzisionswaage und zwei Computerterminals. Mittlerweile spielten digitale Simulationen eine Schlüsselrolle bei ihren Experimenten, anders als in seiner Zeit bei den Irakis, als die damals gängige Arbeitsmethode, die noch in Versuch und Irrtum bestanden hatte, sie viel Zeit und Geld gekostet hatte und es zu zahlreichen Fehlern gekommen war. Mit den ausgeklügelten aktuellen Programmen ließen sich fast alle chemischen oder biologischen Wirkweisen simulieren, wenn die nötigen Parameter bekannt waren. Und im Laufe des letzten Jahres hatte Lyndsey beim Erstellen der Parameter für das virtuelle Testen von ZH ausgezeichnete Arbeit geleistet.
»Die Lösung hat Raumtemperatur«, sagte Lyndsey. »Und sie schwimmen wie verrückt darin herum. Es ist wirklich erstaunlich.«
Das Becken, in dem er die Archaea gefunden hatte, wurde von einer Thermalquelle gespeist, deren Temperatur um die achtunddreißig Grad Celsius betrug. Die benötigten Billiarden von Bakterien herzustellen und sie bei einer so hohen Temperatur sicher in die ganze Welt zu transportieren könnte sich als äußerst schwierig erweisen. Daher hatten sie die Kleinstlebewesen verändert und sie langsam an immer niedrigere Umgebungstemperaturen gewöhnt. Interessanterweise verlangsamte sich die Aktivität der Archaea bei Raumtemperatur, bis sie fast zum Erliegen kam, doch sobald die Organismen in einen siebenunddreißig Grad warmen Blutstrom kamen, lebten sie schnell wieder auf.
»Der klinische Versuch, den ich vor ein paar Tagen abgeschlossen habe«, sagte Lyndsey, »hat bestätigt, dass sie sich für einen längeren Zeitraum bei Raumtemperatur lagern lassen. Diese hier halte ich nun schon seit vier Monaten bei dieser Temperatur. Ihre Anpassungsfähigkeit ist wirklich unglaublich.«
»Nur so konnten sie Milliarden von Jahren überleben, bis wir sie gefunden haben.«
Er beugte sich tief über einen der Tische und streckte die fleischigen Hände durch Gummihandschuhe in einen hermetisch versiegelten Behälter. In einem Gerät, das gleichförmig vor sich hin brummte, wurde die hereinströmende Luft durch lamellenförmige Mikrofilter gereinigt. Vincenti sah durch ein Plexiglas-Guckloch und hantierte geschickt mit einer Petrischale und ihrem rasch verdunstenden Inhalt. Dann gab er eine Probe der aktiven HIV-Kultur auf einen Objektträger und vermischte sie mit einem Tropfen Fixierflüssigkeit. Anschließend klemmte er den Träger unter das eingebaute Mikroskop. Er schlüpfte aus den schweißnassen Gummihandschuhen und fokussierte das Objektiv.
Mit zwei Handgriffen hatte er die Blende richtig eingestellt.
Ein einziger Blick genügte.
»Das Virus ist verschwunden. Unmittelbar nach dem Kontakt. Es ist, als ob die Archaea nur darauf gewartet hätten, es zu verschlingen.«
Ihm war klar, dass die Manipulationen, die sie an den Biosubstanzen vornahmen, der Schlüssel zum Erfolg waren. Vor einigen Jahren hatte eine New Yorker Anwaltskanzlei, an die er sich gewandt hatte, ihn darüber informiert, dass ein neues, in der Erde entdecktes Mineral oder eine bisher unbekannte, in der Wildnis gefundene Pflanze nicht patentierbar sei. Einstein konnte seine weltberühmte Gleichung E=mc 2 ebenso wenig patentieren lassen wie Newton das Gesetz der Schwerkraft. Die Naturgesetze waren universaler Besitz. Aber genmanipulierte Pflanzen, gezüchtete mehrzellige Tiere und modifizierte Archaeabakterien waren patentierbar.
Bald würde er diese Anwaltskanzlei wieder anrufen und sie damit beauftragen, die Patentierung seines Heilmittels in die Wege zu leiten. Außerdem war noch die Genehmigung der FDA – der Gesundheitsbehörde – für die Zulassung des Medikaments erforderlich. In Amerika gab es dafür die härtesten Auflagen, und ein Medikament benötigte durchschnittlich zwölf Jahre, bis es den Weg aus dem Labor in die Hausapotheke der Verbraucher geschafft hatte. Vincenti kannte die Statistiken, und ihm war nur zu klar, dass von viertausend durch die FDA in
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