Cotton-Malone 03 - Der Pandora-Pakt
wollte unser Präsident mich mit einbinden, hatte aber nicht die Höflichkeit zu fragen.«
Hinter ihnen auf dem Platz ertönten Rufe und Schreie, doch Malone bereitete etwas anderes Sorgen. Torcello. »Mein Boot liegt unmittelbar hinter San Marco am Kai.« Er zeigte auf eine andere Gasse. »Dieser Weg hier müsste dorthin führen.«
»Wohin fahren wir?«, fragte Stephanie.
»Wir eilen einer Person zu Hilfe, die diese noch dringender braucht als du.«
Viktor stellte den Motor ab und legte vorsichtig am Kai an. Die nächtliche Insel präsentierte sich ihm in gedämpften schiefergrauen, schlammgrünen und blassblauen Schattierungen. Hinter den stoppeligen Schatten eines Obstgartens erhob sich in dreißig Meter Entfernung die eisenfarbene Silhouette der Basilika. Rafael kam mit zwei Rucksäcken beladen aus der Achterkabine und sagte: »Acht Packungen und eine Schildkröte sollten reichen. Wenn wir das Erdgeschoss in Brand stecken, wird der Rest von allein in Flammen aufgehen.«
Rafael verstand sich auf das uralte Gebräu, und Viktor hatte gelernt, der Fachkenntnis seines Kollegen zu vertrauen. Er sah zu wie dieser die Rucksäcke vorsichtig ablegte und noch einmal in die Kabine trat, um eine der Roboterschildkröten zu holen.
»Er ist einsatzbereit.«
»Warum ist das Ding ein ›er‹?«
»Ich weiß nicht. Es kommt mir passender vor.«
Viktor lächelte. »Wir brauchen eine Verschnaufpause.«
»Ja, ein paar Tage Erholung wären gut. Vielleicht gibt uns die Ministerin ja zur Belohnung Urlaub.«
Viktor lachte. »Die Ministerin glaubt nicht an Belohnungen.«
Rafael stellte die Schulterriemen der Rucksäcke ein. »Ein paar Tage auf den Malediven wären großartig. Einfach am Strand liegen und im warmen Meer baden.«
»Hör auf zu träumen. Dazu wird es nicht kommen.«
Rafael schulterte einen der schweren Rucksäcke. »Träumen kann man immer. Vor allem in diesem Regen hier.«
Viktor packte die Schildkröte, während Rafael den zweiten Rucksack hochnahm. »Wir gehen rein und sofort wieder raus. Okay?«
Rafael nickte. »Sollte einfach werden.«
Viktor stimmte ihm zu.
Cassiopeia stand unter dem Vorbau der Basilika und nutzte deren Schatten und sechs hoch aufragende Säulen als Deckung. Der Nieselregen war stärker geworden, doch zum Glück war es warm. Sie horchte, doch ein steter Wind peitschte den Regen auf und übertönte alle anderen Geräusche. Sie lauschte auf das Motorgeräusch des Bootes, das jetzt eigentlich schon unmittelbar hinter dem Garten zu ihrer Rechten hätte zu hören sein müssen.
Zwei Kieswege lagen vor ihr, der eine führte zu dem Kai, an dem Viktor wahrscheinlich anlegen würde, der andere direkt zum Wasser hinab. Sie musste sich gedulden und den beiden die Zeit lassen, ins Museum einzubrechen und ins Obergeschoss hinaufzugehen.
Dann würde sie ihnen eine Dosis ihrer eigenen Medizin verabreichen.
39
Stephanie stand neben Malone, als dieser ablegte. Polizeiboote trafen ein und wurden an den Pfosten am Ende des Platzes an der Lagune vertäut. Blaulicht zuckte stroboskopartig durch die Dunkelheit.
»Da draußen wird gleich die Hölle los sein«, sagte Malone.
»Darüber hätte Daniels sich Gedanken machen sollen, bevor er dich hergeschickt hat.«
Malone folgte den Leuchtbojen parallel zum Ufer in nördlicher Richtung. Noch mehr Polizeiboote rasten mit heulenden Sirenen vorbei. Stephanie nahm ihr Handy, wählte eine Nummer, trat dann zu Malone und drückte auf »Lautsprechen«.
»Edwin«, sagte sie. »Ein Glück für Sie, dass Sie nicht hier sind, sonst würde ich Ihnen in den Arsch treten.«
»Arbeiten Sie etwa nicht für mich?«, fragte Davis.
»Ich hatte drei Mann auf diesem Platz. Warum waren die nicht da, als ich sie brauchte?«
»Wir haben Malone geschickt. Ich habe gehört, dass er drei Männer aufwiegen soll.«
»Wer immer Sie sind«, sagte Malone, »normalerweise kann man mit Schmeicheleien durchaus bei ihr landen. Aber jetzt bin ich schon bei ihr. Warum haben Sie Stephanies Leute abgerufen?«
»Sie hatte den Scharfschützen auf dem Dach und Sie. Das war genug.«
»Jetzt möchte ich Ihnen wirklich gerne in den Arsch treten«, knurrte Stephanie.
»Wie wär’s, wenn wir die Sache erst einmal zu Ende bringen, bevor Sie das tun dürfen?«
»Was zum Teufel ist hier eigentlich los?«, fragte sie mit erhobener Stimme. »Warum ist Cotton hier?«
»Ich muss wissen, was passiert ist.«
Sie schluckte ihre Verärgerung runter und berichtete kurz. Dann sagte sie: »Auf dem
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