Cotton-Malone 03 - Der Pandora-Pakt
der Kirche eine begrenzte Präsenz in der Föderation gestatten, die ausreichte, um die radikalen Moslems zu beunruhigen, aber sie würde eine Organisation, die fähig war, all das hier zu erhalten, auf ihrem Territorium nie wirklich Fuß fassen lassen.
Sie zeigte auf den Hochaltar; dieser stand hinter einem verzierten, bunten Lettner, der verdächtig an eine Ikonostasis erinnerte. Auf der anderen, hell erleuchteten Seite schienen Leute zu arbeiten.
»Die Öffnung des Sarkophags wird vorbereitet. Wir haben beschlossen, eine Hand, einen Arm oder eine andere bedeutende Reliquie, die sich leicht entnehmen lässt, zurückzugeben.«
Sie konnte nicht widerstehen. »Finden Sie das nicht lächerlich?«
Michener zuckte die Achseln. »Was schadet es, wenn es die Ägypter zufriedenstellt?«
»Und was ist mit der Totenruhe, die Ihre Religion ständig predigt? Wenn dann anscheinend doch nichts dabei ist, den Frieden eines Mannes im Grab zu stören und einen Teil seiner sterblichen Überreste zu entnehmen und wegzugeben.«
»Es ist nicht schön, aber notwendig.«
Für seine zur Schau gestellte Unschuld hatte sie nichts als Verachtung übrig. »Genau das gefällt mir so an Ihrer Kirche. Sie sind flexibel, wenn es notwendig ist.«
Sie sah sich in dem verlassenen Kirchenschiff um, dessen Kapellen, Altäre und Nischen zum größten Teil im Dunkeln lagen. Ihre beiden Leibwächter standen nur ein paar Schritte entfernt. Sie betrachtete den Marmorboden, der so edel war wie die Mosaikwände. Es wimmelte nur so von geometrischen Motiven, Tier- und Pflanzenbildern, die einer unverkennbaren Wellenbewegung folgten. Manche behaupteten, diese solle eine Imitation des Meeres darstellen, doch wahrscheinlich war sie einfach die Folge eines schwachen Fundaments.
Sie dacht e an Ptolemaios’ Worte: Und du, Abenteurer, meine unsterbliche Stimme erreiche deine Ohren, auch wenn sie aus weiter Ferne erklingt, höre meine Worte.
Segele in die von Alexanders Vater gegründete Hauptstadt, wo weise Männer Wache stehen.
Auch wenn P tolemaios das zweifellos für ziemlich raffiniert gehalten hatte, hatte die Zeit doch diesen Teil des Rätsels gelöst. Zu Zeiten Alexanders des Großen war Nektanebo Pharao in Ägypten gewesen. Als Alexander heranwuchs, wurde Nektanebo durch einfallende Persertruppen ins Exil getrieben. Damals waren die Ägypter fest davon überzeugt, dass Nektanebo eines Tages zurückkehren und die Perser vertreiben würde. Knapp zehn Jahre später, als Alexander kam und die Perser kapitulierten und das Land verließen, erwies diese Vorstellung sich als mehr oder weniger zutreffend. Um ihren Befreier zu erhöhen und seine Anwesenheit zu legitimieren, erzählten die Ägypter sich Geschichten, dass Nektanebo zu Beginn seiner Regierungszeit als Magier verkleidet nach Makedonien gereist sei und sich mit Olympias, Alexanders Mutter, vereinigt habe, was bedeute, dass Nektanebo und nicht Philipp Alexanders Vater wäre. Die Geschichte war völliger Unsinn, hatte sich aber doch so weit verbreitet, dass sie fünfhundert Jahre später im Alexanderroman aufgegriffen wurde, einer fantasievollen romanhaften Erzählung über das Leben Alexanders, die viele Historiker, wie Zovastina wusste, fälschlicherweise als verlässliche historische Quelle ansahen. Während seiner Regierungszeit als letzter Pharao Ägyptens hatte Nektanebo Memphis zu seiner Hauptstadt gemacht, was die Bedeutung des Rätselteils »Segele in die von Alexanders Vater gegründete Hauptstadt« leicht erraten ließ.
Die nachfolgende Formulierung »Wo weise Männer Wache stehen« bestätigte diese Schlussfolgerung, denn im Tempel des Nektanebo in Memphis stand ein Halbkreis aus elf Kalksteinstatuen, die griechische Dichter und Weise darstellten. Homer, den Alexander verehrt hatte, war eine zentrale Figur. Plato, der der Lehrer Aristoteles’ gewesen war, und Aristoteles, der Alexanders Lehrer gewesen war, standen ebenfalls dort, zusammen mit anderen berühmten Griechen, zu denen Alexander eine enge Beziehung gehabt hatte. Von diesen Skulpturen waren nur Bruchstücke erhalten, die aber als Beweis für die Existenz dieser Statuen ausreichten.
Ptolemaios hatte die Mumie, die er für Alexanders Leichnam gehalten hatte, im Tempel des Nektanebo beisetzen lassen. Dort war sie geblieben, bis Ptolemaios’ Sohn sie nach dem Tod seines Vaters in den Norden nach Alexandria gebracht hatte.
Segele in die von Alexanders Vater gegründete Hauptstadt, wo weise Männer Wache stehen.
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