Cotton-Malone 03 - Der Pandora-Pakt
Schildkröte setzte ihre rhythmische Vorwärtsbewegung fort, stoppte vor Hindernissen, um dann wieder weiterzurollen. Viktor hatte keine Ahnung, wie viele Angreifer draußen waren. Ob sie Rafael und ihn durch die drei anderen Fenster beschießen würden?
Er war sich der Gefahr, in der sie steckten, nur zu bewusst. Es war völlig klar, dass sie die Schildkröte stoppen mussten, um etwas Zeit zu gewinnen.
Aber dennoch.
Sie hatten keine Ahnung, wer da draußen auf sie wartete.
Cassiopeia steckte die Waffe wieder hinten unter den Gürtel und griff nach dem Fiberglasbogen, den sie aus dem Stoffbeutel hervorgeholt hatte. Thorvaldsen hatte sie nicht gefragt, wozu sie einen Bogen und Hochgeschwindigkeitspfeile brauchte, und sie war selbst nicht sicher gewesen, ob sie wirklich Verwendung für diese Waffe haben würde.
Doch das war nun definitiv der Fall.
Sie stand dreißig Meter vom Museum entfernt unter der Vorhalle der Basilika im Trockenen. Auf ihrem Weg über die Insel hatte sie im Dorf Halt gemacht und eine der Öllampen mitgenommen, die den Kai beim Restaurant erleuchteten. Die Lampen waren ihr schon aufgefallen, als sie und Malone auf der Insel eingetroffen waren, und als sie sie entdeckte, hatte sie an ihren Bogen gedacht. Dann hatte sie in einem Mülleimer neben einem Souvenirstand ein paar Lumpen gefunden. Während die Diebe im Museum ihrer Aufgabe nachgingen, hatte sie vier Pfeile vorbereitet, um deren Spitzen sie Stoffstreifen gewickelt hatte, die sie vorher mit Lampenöl getränkt hatte.
Streichhölzer hatte sie sich während des Essens mit Malone besorgt, als sie ein paar Streichholzhefte von einem Tablett in der Toilette genommen hatte.
Sie entzündete die Lumpen an zwei Pfeilen und legte dann sorgfältig das erste brennende Geschoss in den Bogen ein. Ihr Ziel war das Erdgeschossfenster, das sie gerade mit ihren Kugeln zerschmettert hatte. Wenn Viktor unbedingt ein Feuer wollte, sollte er genau das bekommen.
Bogenschießen hatte sie als Kind gelernt. Gejagt hatte sie nie, die Vorstellung war ihr immer ein Graus gewesen, doch sie hatte auf ihrem französischen Landsitz regelmäßig auf Scheiben geschossen. Sie war eine gute Schützin, vor allem auch auf größere Entfernungen, und die dreißig Meter über die Piazzetta bis zum Fenster des Museums stellten kein Problem für sie dar. Auch die Fenstergitter sollten die Pfeile nicht abhalten, denn die Lücken zwischen den Gitterstäben waren mehr als groß genug.
Sie spannte die Sehne.
»Für Ely«, flüsterte sie.
Viktor sah, wie Flammen durchs offene Fenster schossen und in eine hohe Glasscheibe krachten, die hinter einem der Ausstellungsstücke im Erdgeschoss stand. Das Geschoss hatte das Glas durchschlagen, und die Scheibe zerschmetterte auf dem Holzboden und riss das Feuer mit sich hinab. Die Schildkröte hatte diesen Teil des Museums schon bearbeitet, und das Griechische Feuer erwachte brüllend zum Leben.
Orangefarbene und gelbe Flammen schlugen in ein glutheißes Blau um, und der Boden loderte auf.
Und da waren noch die Päckchen.
Viktor sah, dass Rafael ebenfalls an sie dachte. Vier Päckchen lagen im Raum verstreut. Zwei auf den Schauvitrinen und zwei auf dem Boden. Aus einem der Päckchen schossen schon Flammen wie Pilze.
Viktor schlüpfte unter eine der Vitrinen und suchte dort Schutz vor der Hitze.
»Komm hierher«, schrie er Rafael zu.
Sein Partner stürzte zu ihm. Der halbe Boden stand inzwischen in Flammen. Der Boden, die Wände, die Decke und die Einrichtungsgegenstände brannten. Da, wo Viktor Zuflucht gesucht hatte, war noch kein Griechisches Feuer versprüht, doch er wusste, dass ihm nur noch eine kurze, kostbare Frist blieb. Rechts von ihm führte die Treppe nach oben, und der Weg dorthin war noch frei, doch da das Feuer auch bald auf das Obergeschoss übergreifen würde, bot dies keine wirkliche Zuflucht.
Rafael kam näher. »Die Schildkröte. Siehst du sie?«
Viktor begriff das Problem. Das Gerät war wärmeempfindlich und darauf programmiert, bei einer bestimmten Temperatur zu explodieren. »Wie hoch ist sie eingestellt?«
»Ziemlich niedrig. Ich wollte, dass das Gebäude rasch niederbrennt.«
Viktors Blick schoss durch die Flammen, und er entdeckte die Schildkröte, die noch immer über den brennenden Boden rollte. Ihre Sprühstöße loderten brüllend auf und erinnerten an einen feuerspeienden Drachen.
Auf der anderen Seite des Raums zerbarst erneut Glas.
Es war schwer zu sagen, ob die Hitze oder die Kugeln die
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