Cotton Malone 04 - Antarctica
bestäubt waren, der entweder durch die leeren Fensteröffnungen oder durch offene Dächer eingedrungen war. In leeren Nischen wucherten Nesseln und anderes Unkraut. Über einer Tür erkannte er das verblasste, in Stein gemeißelte Relief der Jungfrau Maria. Er blickte durch den Eingang und entdeckte einen geräumigen Saal. Wahrscheinlich war das der Kapitelsaal, in dem die Mönche sich versammelt hatten. Dann sah er sich nach dem Garten im Kreuzgang um und blickte auf ein halb verfallenes Becken, das mit einer gerade noch erkennbaren Dekoration aus Laubwerk und Köpfen geschmückt war. Um seinen Fuß lag Schnee.
Irgendetwas huschte den Kreuzgang entlang.
Im Gang gegenüber. Schnell und unauffällig, aber da.
Er kauerte sich hin und schlich sich zur Ecke.
Die Längsseite des Kreuzgangs war zwanzig Meter lang und endete vor einem Doppeltorbogen ohne Türflügel. Der Eingang der Kirche. Er nahm an, dass das, was er suchte, was auch immer es war, dort zu finden sein würde, doch das war nur eine Vermutung. Aber jemand hatte draußen die Kette durchschnitten.
Er betrachtete die innere Wand zu seiner Rechten.
Zwischen ihm und dem Ende des Kreuzgangs öffneten sich drei Türen. Die Steinbögen zu seiner Linken, die um den Garten herumliefen, waren streng und fast gänzlich ohne Schmuck. Die Zeit und die Elemente hatten ihren Zoll gefordert. Er bemerkte einen einsamen Engel mit einem Wappenschild, der die Zeiten überstanden hatte. Zu seiner Linken in dem langen Gang hörte er etwas.
Schritte.
Sie kamen auf ihn zu.
Ramsey verließ seinen Wagen, eilte durch die Kälte und betrat das Hauptverwaltungsgebäude des Navy-Geheimdienstes. Er musste sich nicht mit irgendeinem Sicherheitscode ausweisen. Vielmehr erwartete ihn ein Lieutenant seines Stabs vor der Tür. Auf dem Weg in sein Büro erhielt er das übliche morgendliche Briefing.
In seinem Büro erwartete ihn Hovey. »Wilkersons Leiche ist gefunden worden.«
»Erzählen Sie mir Näheres.«
»In München, in der Nähe des Olympiaparks. Kopfschuss.«
»Sie sollten froh sein.«
»Den wären wir los.«
Aber Ramsey war nicht ganz so begeistert. Das Gespräch mit Isabel Oberhauser belastete ihn immer noch.
»Wollen Sie, dass ich dem Auftragnehmer, der die Sache erledigt hat, seinen Lohn auszahle?«
»Noch nicht.« Ramsey hatte bereits in Übersee angerufen. »Ich habe den Leuten einen neuen Auftrag gegeben, in Frankreich, und zwar in diesem Moment.«
Charlie Smith saß bei Shoney’s und leerte einen Teller Hafergrütze. Die liebte er, insbesondere mit Salz und drei Scheibchen Butter. Er hatte nicht viel geschlafen. Die gestrige Nacht war ein Problem. Diese beiden Leute waren hinter ihm her gewesen.
Er war aus dem Haus geflohen und hatte in ein paar Meilen Entfernung am Highway geparkt. Von dort hatte er einen Krankenwagen gesehen, der zum Schauplatz gerast war, und war ihm zu einem Krankenhaus am Rand von Charlotte gefolgt. Er hatte hineingehen wollen, sich aber dagegen entschieden. Stattdessen war er in sein Hotel zurückgekehrt und hatte versucht zu schlafen.
In Kürze würde er Ramsey anrufen müssen. Der einzig akzeptable Bericht lautete, dass alle drei Zielobjekte eliminiert worden waren. Wenn es auch nur die Andeutung eines Problems gab, würde Smith plötzlich selbst zum Zielobjekt werden. Er forderte Ramsey heraus und nutzte ihre lange Beziehung und seine eigenen Erfolge aus, alles weil er wusste, dass Ramsey ihn brauchte.
Doch das würde sich von einem Moment zum nächsten ändern, wenn er versagte.
Er sah auf die Uhr.
06.15 Uhr.
Er musste das Risiko eingehen.
Draußen hatte er eine Telefonsäule bemerkt, und so zahlte er seine Rechnung und rief an. Als die Telefonansage des Krankenhauses die Optionen herunterbetete, wählte er Information über Patienten. Da er die Zimmernummer nicht kannte, wartete er, bis die Telefonistin abnahm.
»Ich möchte mich nach Herbert Rowland erkundigen. Er ist mein Onkel und wurde gestern Nacht eingeliefert.«
Er wurde gebeten, einen Moment zu warten, und dann meldete sich die Frau wieder. »Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass Mr. Rowland kurz nach seiner Einlieferung gestorben ist.«
Er heuchelte Bestürzung. »Das ist ja schrecklich.«
Die Frau wünschte ihm herzliches Beileid. Er dankte, legte auf und stieß einen Seufzer der Erleichterung aus.
Das war knapp gewesen.
Er fasste sich wieder, griff nach seinem Handy und wählte eine vertraute Nummer. Als Ramsey abnahm, sagte er fröhlich: »Drei
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