Cotton Malone 04 - Antarctica
Ich bin nur froh, dass Sie es sind.«
Der Blonde setzte Dorothea Lindauer die Pistole an den Schädel.
»Wir fangen mit ihr an«, sagte der Dunkelhaarige.
Malone dachte nach und schätzte die Situation ein. Ihm war nicht entgangen, dass gar nicht die Rede von Werner gewesen war. Er sah Lindauer an und flüsterte: »Haben Sie jemals einen Mann erschossen?«
»Nein.«
»Können Sie das denn?«
Der andere zögerte. »Wenn ich müsste. Für Dorothea.«
»Können Sie schießen?«
»Ich habe mein ganzes Leben lang gejagt.«
Malone beschloss, seiner wachsenden Liste von Dummheiten eine weitere hinzuzufügen und reichte Werner die Pistole.
»Was soll ich tun?«, fragte Werner.
»Erschießen Sie einen der beiden.«
»Welchen?«
»Das ist mir gleich. Erschießen Sie ihn einfach, bevor die mich erschießen.«
Werner nickte verstehend.
Malone holte ein paar Mal tief Luft, riss sich zusammen und trat mit erhobenen Händen von der Säule weg. »Okay, hier bin ich.«
Keiner der beiden Angreifer rührte sich. Offensichtlich hatte er sie überrumpelt. Und das war ja auch seine Absicht gewesen. Der Blonde nahm seine Waffe von Dorothea Lindauer weg und trat vollständig hinter seiner Säule hervor. Er war jung, wachsam und hatte das Sturmgewehr im Anschlag.
Ein Knall ertönte, und in der Brust des Blonden zeigte sich ein Einschussloch.
Werner Lindauer konnte offensichtlich schießen, gut.
Malone sprang nach rechts und suchte Deckung hinter einer anderen Säule, da er wusste, dass der Dunkelhaarige nur den Bruchteil einer Sekunde brauchen würde, um sich von seiner Überraschung zu erholen. Ein kurzer Feuerstoß, und Kugeln prallten ein paar Zentimeter neben seinem Kopf vom Stein ab. Er warf einen Blick zur anderen Seite des Kirchenschiffs auf Werner, der sicher hinter einer Säule stand.
Der Dunkelhaarige zischte einen Schwall von Obszönitäten und brüllte dann: »Ich werde beide töten. Und zwar jetzt.«
»Das ist mir scheißegal«, rief Malone.
»Wirklich? Sind Sie sich da sicher?«
Er musste den anderen dazu bringen, einen Fehler zu begehen. Er gab Werner ein Zeichen, dass er vorhatte, unter Deckung der Säulen durchs Kirchenschiff vorwärtszuhuschen.
Jetzt kam der eigentliche Test. Er forderte Werner mit einer Handbewegung auf, ihm die Pistole zuzuwerfen.
Dieser beförderte die Waffe sogleich durch die Luft. Malone fing sie auf und machte dem anderen ein Zeichen, sich nicht von der Stelle zu rühren.
Malone sprang nach rechts und flitzte über den ungedeckten Zwischenraum zur nächsten Säule.
Weitere Kugeln schlugen in seiner Nähe ein.
Er erhaschte einen Blick auf Dorothea und Christl, die noch immer an ihre Säulen gefesselt waren. Jetzt hatte er nur noch zwei Patronen in der Waffe, deshalb griff er nach einem faustballgroßen Steinbrocken und schleuderte ihn nach dem Dunkelhaarigen, bevor er zur nächsten Säule huschte. Das Wurfobjekt krachte gegen irgendetwas und rumpelte dann über den Boden.
Noch fünf Säulen standen zwischen Malone und Dorothea Lindauer, die auf seiner Seite des Kirchenschiffs gefesselt war.
»Sehen Sie mal her«, sagte der Dunkelhaarige.
Malone riskierte einen Blick.
Christl lag auf dem unebenen Boden. Von ihren Handgelenken baumelten Stricke herab, die durchschnitten worden waren. Der Dunkelhaarige hielt sich weiter verborgen, doch Malone erblickte den Lauf seines Gewehrs, der auf die Liegende zeigte.
»Ist Ihnen das egal?«, rief der Dunkelhaarige. »Wollen Sie zusehen, wie sie stirbt?«
Eine Gewehrsalve prallte unmittelbar hinter Christl vom Boden ab. Vor Angst kroch sie über die flechtenbewachsenen Steine.
»Halt«, schrie der Dunkelhaarige sie an.
Sie folgte dem Befehl.
»Bei der nächsten Salve sind ihre Beine weg.«
Malone verharrte lauschend und spähend. Wo war Werner Lindauer?
»Ich schätze, Sie sind nicht zu Verhandlungen bereit?«, fragte er.
»Werfen Sie Ihre Waffe weg und kommen Sie hinter der Säule vor.«
Noch immer erwähnte der Killer Lindauer mit keinem Wort. Dabei wusste er doch bestimmt, dass noch jemand da war. »Wie schon gesagt. Das ist mir scheißegal. Bringen Sie sie ruhig um.«
Malone drehte sich nach rechts, während er diese Herausforderung aussprach. Da er dem Altar näher gekommen war, befand er sich inzwischen in einem günstigeren Schusswinkel. In dem unheimlich wirkenden grünlichen Spätnachmittagslicht, das von draußen hereinsickerte, sah er, wie der Dunkelhaarige ein paar Schritt von der Säule wegtrat, um ein besseres
Weitere Kostenlose Bücher