Cotton Malone 04 - Antarctica
schönen Abend.«
»Es ist kalt, Mr. President.«
»Da haben Sie recht. Und es wird noch kälter werden. Ich rufe Sie an, weil Aatos Kane Sie im Vereinigten Generalstab sehen will. Er sagt, Sie seien der richtige Mann für diese Aufgabe.«
»Das hängt davon ab, ob Sie einverstanden sind, Sir.« Er redete leise, noch leiser als das gedämpfte Stimmengewirr um ihn herum.
»Das bin ich. Ich habe den ganzen Tag darüber nachgedacht, aber ich stimme zu. Würden Sie die Aufgabe annehmen?«
»Ich diene bereitwillig, wo immer Sie mich einsetzen wollen.«
»Sie wissen, was ich vom Vereinigten Generalstab halte, aber man muss realistisch sein. Es wird sich so schnell nichts ändern. Und das heißt, dass ich Sie dort brauche.«
»Ich fühle mich geehrt. Wann werden Sie damit an die Öffentlichkeit gehen?«
»Ich lasse Ihren Namen schon in der nächsten Stunde durchsickern. Morgen früh kommt es in den Nachrichten. Halten Sie sich bereit, Admiral – das ist ein anderes Spielfeld als der Navy-Geheimdienst.«
»Ich werde bereit sein, Sir.«
»Dann freue ich mich, Sie an Bord zu haben.«
Damit legte Daniels auf.
Einen Moment lang war Ramsey atemlos. Sein Misstrauen ließ nach. Seine Ängste legten sich. Er hatte es geschafft. Was auch immer Diane McCoy trieb, es spielte keine Rolle mehr.
Er war berufen worden.
Dorothea lag im Bett, in diesem Zustand zwischen Schlafen und Wachen, in dem die Gedanken sich manchmal noch kontrollieren lassen. Wie hatte sie nur noch einmal mit Werner schlafen können? Das war etwas, was sie für völlig unmöglich gehalten hatte – für einen Teil ihres Lebens, der endgültig abgeschlossen war.
Aber vielleicht ja auch nicht.
Zwei Stunden zuvor hatte sie gehört, wie die Tür von Malones Zimmer aufgegangen war und sich wieder geschlossen hatte. Stimmengemurmel war durch die dünnen Wände gedrungen, aber sie hatte kein Wort verstehen können. Was trieb ihre Schwester da mitten in der Nacht?
Werner lag an sie gepresst in dem schmalen Bett. Er hatte recht. Sie waren verheiratet und ihr Kind wäre ehelich. Aber mit achtundvierzig ein Kind bekommen? Vielleicht war das der Preis, den sie würde bezahlen müssen. Werner und ihre Mutter hatten offensichtlich eine Art Bündnis geschlossen, stark genug, dass Sterling Wilkerson hatte sterben müssen – stark genug, um Werner in so etwas wie einen Mann zu verwandeln.
Sie erhob sich aus dem Bett und trat zur Zwischenwand, konnte aber nichts verstehen. Leichtfüßig ging sie über den mit einem dünnen Teppich bedeckten Boden zum Fenster. Lautlos fielen dicke Schneeflocken. Ihr ganzes Leben hatte sie im verschneiten Gebirge zugebracht. Sie hatte früh gelernt zu jagen, zu schießen und Ski zu laufen. Angst hatte sie vor fast gar nichts – nur vor dem Versagen und vor ihrer Mutter. Sie lehnte sich nackt gegen die eiskalte Fensterbank, frustriert und traurig, und sah auf ihren Mann, der zusammengerollt unter der Steppdecke lag.
Sie fragte sich, ob die Bitterkeit, die sie ihm gegenüber empfand, nur dem Kummer entsprang, den der Tod ihres Sohnes ihr bereitete. Noch lange Zeit nach seinem Tod hatten Tage und Nächte eine albtraumhafte Qualität besessen, und sie hatte das Gefühl gehabt vorwärtszueilen, ohne ein Ziel zu besitzen.
Die Kälte schlich sich in den Raum und nahm ihr den Mut.
Sie verschränkte die Arme vor der Brust.
Anscheinend wurde sie mit jedem Jahr, das verstrich, bitterer und unzufriedener. Sie vermisste Georg. Aber vielleicht hatte Werner recht. Vielleicht war es Zeit zu leben. Zu lieben. Und geliebt zu werden.
Sie reckte und streckte ihre Beine. Im Nachbarzimmer war es still geworden. Sie drehte sich um und sah wieder aus dem Fenster auf die schneegepeitschte Dunkelheit.
Sie streichelte ihren flachen Bauch.
Noch ein Kind.
Warum eigentlich nicht?
71
Asheville
23.15 Uhr
Stephanie und Edwin Davis betraten wieder das Inn on Biltmore Estate. Davis war schmerzverzerrt von der Prügelei aufgestanden, mit zerschlagenem Gesicht, aber unversehrtem Ego. Chinohose befand sich in Gewahrsam. Er lag mit einer Gehirnerschütterung und zahlreichen Quetschungen in einem örtlichen Krankenhaus. Die Polizei hatte den Krankenwagen begleitet und würde dort vor Ort bleiben, bis der Geheimdienst innerhalb der nächsten Stunde eintraf. Die Ärzte hatten der Polizei bereits mitgeteilt, dass man den Mann erst am nächsten Morgen würde verhören können. Das Château war abgeriegelt worden, und weitere Polizisten kämmten es durch, um sich
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