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Cotton Malone 04 - Antarctica

Cotton Malone 04 - Antarctica

Titel: Cotton Malone 04 - Antarctica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Berry
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finden.
    Zum Glück hatte der Graf richtiggelegen.
    Otto hatte keine Zeit für Fehler.
    Schließlich befand er sich in einem apokalyptischen Jahr, dem ersten Jahr des neuen Millenniums, in dem viele Menschen die Wiederkunft Christl und das Jüngste Gericht erwarteten.
    Die Arbeiter beeilten sich. Zwei Bischöfe sahen schweigend zu. Das Grab, das sie gleich betreten würden, war seit dem 29. Januar 814 nicht mehr geöffnet worden, dem Tag, an dem ›der durchlauchte Augustus, der das Römische Reich regierende, von Gott gekrönte, große, Frieden stiftende Kaiser, von Gottes Gnaden auch König der Franken und Langobarden‹ gestorben war. Damals war er schon weiser als alle Sterblichen gewesen, ein Mann, um den sich Wunder rankten, der Beschützer Jerusalems, ein Hellsichtiger, ein Mann aus Eisen, ein Bischof der Bischöfe. Ein Dichter erklärte, keiner werde der Schar der Apostel näher kommen als er. Als er noch lebte, war er Carolus genannt worden. Das Beiwort Magnus hatte er zunächst wegen seines hohen Wuchses erhalten, doch inzwischen stand es für seine Herrschergröße. Die französische Bezeichnung für ihn war allerdings die am häufigsten verwendete, sie verschmolz Carolus und Magnus zu einem einzigen Namen, der dieser Tage mit gesenktem Kopf und leiser Stimme ausgesprochen wurde, als spräche man von Gott.
    Charlemagne.
    Karl der Große.
    Die Arbeiter zogen sich von dem schwarzen Loch im Boden zurück, und von Lomello inspizierte ihre Arbeit. Ein sonderbarer Geruch breitete sich in der Vorhalle aus – süßlich, modrig und ekelerregend. Otto hatte schon verdorbenes Fleisch gerochen, verschüttete Milch und menschliche Exkremente. Dieser Lufthauch aber war anders. Er roch nach Alter. Diese Luft hatte über Dinge gewacht, die nicht für menschliche Augen bestimmt waren.
    Eine Fackel wurde entzündet, und einer der Arbeiter streckte den Arm in das Loch. Als der Mann nickte, wurde von draußen eine Holzleiter herbeigetragen.
    Heute war Pfingsten; früher am Tag war die Kirche mit Gläubigen gefüllt gewesen. Otto befand sich auf einer Pilgerreise. Gerade war er vom Grab seines alten Freundes Adalbert, Bischof von Prag, gekommen, der in Gnesen bestattet lag, das Otto mit einem kaiserlichen Befehl zum Erzbistum erhoben hatte. Jetzt war Otto gekommen, um die sterblichen Überreste Karls des Großen zu betrachten.
    »Ich steige als Erster hinunter« , erklärte Otto.
    Er war gerade einmal zwanzig Jahre alt, ein Mann von beeindruckendem Wuchs, Sohn eines deutschen Königs und einer griechischen Mutter. Im Alter von drei Jahren war er zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gekrönt worden, die ersten acht Jahre hatte er unter der Vormundschaft seiner Mutter regiert und drei weitere unter der Vormundschaft seiner Großmutter. Seit sechs Jahren regierte er allein. Sein Ziel war eine Renovatio Imperii, eine Erneuerung des Heiligen Römischen Reiches, in dem Teutonen, Romanen und Slawen wie in der Zeit Karls des Großen unter der gemeinsamen Herrschaft von Kaiser und Papst stehen sollten. Das, was dort unten im Grab lag, mochte helfen, diesen Traum zu verwirklichen.
    Er trat auf die Leiter, und von Lomello reichte ihm eine Fackel. Acht Sprossen stieg er hinunter, bevor seine Füße auf festen Boden stießen. Die Luft war lau wie in einer Höhle, und der eigenartige Geruch war beinahe überwältigend, aber er sagte sich, dass dies nicht mehr war als der Duft der Macht.
    Die Fackel enthüllte eine mit Marmor und Mörtel ausgekleidete Kammer, die der Vorhalle an Größe entsprach. Von Lomello und die beiden Bischöfe kamen ebenfalls die Leiter herunter.
    Dann sah er ihn.
    Unter einem Baldachin saß Karl der Große auf einem marmornen Thron.
    Der Leichnam war in Purpur gehüllt und hielt ein Zepter in der behandschuhten linken Hand. Der König saß da wie ein Lebender, die eine Schulter gegen den Thron gelehnt, den Kopf durch eine an seinem Diadem befestigte Goldkette gehalten. Das Gesicht war mit einem hauchdünnen Tuch bedeckt. Der Verfall war unübersehbar, aber es waren noch keine Gliedmaßen abgefallen und nur die Nasenspitze fehlte.
    Otto fiel ehrfürchtig auf die Knie. Die anderen folgten rasch seinem Beispiel. Er war überwältigt. Mit einem solchen Anblick hatte er nicht gerechnet. Er ha tte Gerüchte gehört, hatte aber nie viel darauf gegeben. Kaiser b rauchten Legenden.
    »Man sagt, dass ein Splitter des Kreuzes in das Diadem eingefügt wurde« , flüsterte von Lomello.
    Otto hatte dasselbe gehört. Der

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