Cotton Malone 04 - Antarctica
schließlich Verzweiflung. Die Muskeln im Gesicht der Frau verkrampften sich schmerzlich. Die Zigarette fiel ihr aus dem Mund, und sie griff mit beiden Händen nach ihrer Kehle. Die Zunge quoll ihr aus dem Hals, und sie rang würgend um Atem, bekam aber keine Luft.
Schaum trat ihr vor den Mund.
Sie holte ein letztes Mal mühsam Atem, hustete und versuchte zu sprechen, doch dann ließ sie den Kopf hängen und brach zusammen.
Ein Hauch von Bittermandel mischte sich in ihren letzten Atemzug.
Zyanid. Damit war der Tabak geschickt versetzt worden.
Interessant, wie willig diese Frau für Leute gearbeitet hatte, über die sie nicht das Geringste wusste. Niemals hatte sie auch nur eine Frage gestellt. Diese Art Fehler hatte Dorothea nicht begangen. Sie hatte ihre Verbündeten sorgfältig überprüft. Die Tote war ein schlichtes Gemüt gewesen – nur hinter Geld her –, aber Dorothea durfte kein Gerede riskieren.
Und Cotton Malone? Der war wohl ein ganz anderes Kaliber.
Und etwas sagte ihr, dass sie mit ihm noch nicht fertig war.
15
Washington, D. C.
15.20 Uhr
Ramsey kehrte zum Nationalen Maritimen Nachrichtendienstzentrum zurück, in dem der Marinegeheimdienst arbeitete. In seinem Privatbüro wurde er von seinem Stabschef begrüßt, einem ehrgeizigen Kapitän namens Hovey.
»Was ist in Deutschland vorgefallen?«, fragte Ramsey ihn sofort.
»Die NR-1A-Akte wurde Malone wie geplant auf der Zugspitze übergeben, aber dann war auf der Rückfahrt mit der Seilbahn der Teufel los.«
Er hörte sich Hoveys Bericht über den Vorfall an und fragte dann: »Wo ist Malone jetzt?«
»Das Satellitenüberwachungssystem an seinem Mietwagen zeigt, dass er wie wild rumfährt. Eine Zeitlang war er in seinem Hotel, dann ist er zu einem Ort namens Kloster Ettal gefahren. Das liegt etwa fünfzehn Kilometer außerhalb von Garmisch. Als Letztes war er dann wieder auf dem Rückweg von Garmisch.«
Sie hatten klugerweise ein elektronisches Überwachungsgerät an Malones Wagen angebracht, das ihnen den Luxus der Satellitenüberwachung gestattete. Ramsey setzte sich an seinen Schreibtisch. »Was ist mit Wilkerson?«
»Der Drecksack hält sich für superschlau«, antwortete Hovey. »Er hat Malone locker beschattet, eine Weile in Garmisch gewartet und ist dann nach Füssen gefahren, wo er sich mit dem Besitzer eines Bücherladens getroffen hat. Er hatte draußen in einem Wagen zwei Helfer sitzen. Sie haben Kisten mit Büchern weggeschleppt.«
»Er geht Ihnen auf die Nerven, nicht wahr?«
»Er macht viel mehr Ärger, als er wert ist. Wir müssen uns von ihm trennen.«
Ramsey hatte schon vorher einen gewissen Widerwillen Hoveys gegen Wilkerson gespürt. »Wo sind Sie beide sich schon einmal über den Weg gelaufen?«
»Im NATO-Hauptquartier. Er hat mich beinahe meine Kapitänsstreifen gekostet. Zum Glück war der Arschkriecher meinem Vorgesetzten aber genauso verhasst wie mir.«
Ramsey hatte keine Zeit für kleinliche Eifersüchteleien. »Wissen wir, was Wilkerson jetzt tut?«
»Wahrscheinlich versucht er, sich schlüssig zu werden, wer ihm mehr helfen kann. Wir oder die.«
Sobald Ramsey erfahren hatte, dass Stephanie Nelle auf den Untersuchungsbericht über die NR-1A zugegriffen hatte, um diesen Malone zukommen zu lassen, hatte er sofort freischaffende Agenten zur Zugspitze geschickt, Wilkerson deren Anwesenheit aber absichtlich verschwiegen. Sein Berliner Abteilungschef glaubte, der einzige auf die Sache angesetzte Agent zu sein, und hatte Anweisung, Malone locker zu überwachen und Bericht zu erstatten. »Hat Wilkerson sich gemeldet?«
Hovey schüttelte den Kopf. »Kein Wort von ihm.«
Ramseys Sprechanlage summte, und seine Sekretärin informierte ihn, dass das Weiße Haus am Apparat war. Er schickte Hovey weg und nahm ab.
»Wir haben ein Problem«, sagte Diane McCoy.
»Was für ein Problem denn?«
»Edwin Davis ist los.«
»Der Präsident kann ihn nicht zurückhalten?«
»Nicht, wenn er nicht will.«
»Und das spüren Sie?«
»Ich konnte Daniels dazu bringen, mit Davis zu sprechen, aber der Präsident hat sich nur ein wirres Geschwätz über die Antarktis angehört und sich dann freundlich verabschiedet und aufgelegt.«
Ramsey erkundigte sich näher, und sie berichtete, was vorgefallen war. Dann fragte er: »Unsere Nachfrage nach der Akte von Zachary Alexander hat dem Präsidenten nichts gesagt?«
»Offensichtlich nicht.«
»Vielleicht müssen wir den Druck verstärken.« Genau deshalb hatte er ja Charlie Smith
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