Cotton Malone 04 - Antarctica
auch egal.
Er streifte sich Latexhandschuhe über und zog die Spritze aus seiner Tasche. Im Krankenhauscomputer hatte er die relevanten Daten gefunden, so dass er seine Spritze mit der richtigen Menge an Nitroglycerin laden konnte.
Er spritzte den Inhalt in den Zugang für den Tropf, der neben dem Bett aufgehängt war. Eine Entdeckung war ausgeschlossen, da das Nitroglycerin im Körper des Sterbenden abgebaut werden und keine Spuren zurückbleiben würden.
Ein sofortiger Tod, den Smith eigentlich vorgezogen hätte, würde die Überwachungsgeräte auf Alarmstufe setzen und die Krankenschwestern herbeirufen.
Smith brauchte aber Zeit, um sich abzusetzen, und er wusste ja, dass der Tod von Admiral David Sylvian in etwa einer halben Stunde eintreten würde.
Bis dahin würde er weit weg sein und die Krankenpflegerkluft abgelegt haben, schon wieder auf dem Weg zu seinem nächsten Termin.
17
Garmisch
22.00 Uhr
Malone betrat erneut das Posthotel. Aufgewühlt hatte er das Kloster verlassen und war sofort nach Garmisch zurückgefahren. Ständig sah er die Besatzung der NR-1A vor sich, wie sie am Grund des eiskalten Ozeans gefangen saß und darauf hoffte, gerettet zu werden.
Aber keiner war gekommen.
Stephanie hatte ihn nicht zurückgerufen, und er war in Versuchung, sie zu kontaktieren, begriff aber, dass sie ihn schon anrufen würde, sobald es etwas zu sagen gab.
Diese Dorothea Lindauer war ein Problem. Ob ihr Vater wirklich an Bord der NR-1A gewesen war? Falls nicht, woher sollte sie dann den Namen des Mannes aus dem Bericht kennen? Zwar hatte die nach dem Untergang des Schiffs veröffentlichte offizielle Pressemitteilung auch eine Besatzungsliste enthalten, aber er erinnerte sich an keine Erwähnung eines Dietz Oberhauser. Die Anwesenheit des Deutschen auf dem U-Boot war offensichtlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, ganz unabhängig von den zahllosen anderen Lügen, die verbreitet worden waren.
Was ging hier vor sich?
Dieser Aufenthalt in Bayern kam ihm sehr ungut vor.
Er stieg die Holztreppe hinauf. Schlaf würde ihm jetzt guttun. Morgen würde er Ordnung in seine Gedanken bringen. Er warf einen Blick in den Korridor. Die Tür zu seinem Zimmer war nur angelehnt. Aus war es mit der Hoffnung auf Erholung.
Er griff nach der Pistole in seiner Tasche und schlich über den bunten Läufer, der auf dem Holzboden lag, bemüht, möglichst so aufzutreten, dass die Dielen nicht knarrten und seine Anwesenheit ankündigten.
Die Architektur seines Zimmers schoss ihm durch den Kopf.
Die Eingangstür führte in eine kleine Diele, durch die es geradeaus in ein geräumiges Bad ging. Rechts lag dann das eigentliche Zimmer, in dem ein Kingsize-Bett, ein Schreibtisch, ein paar Beistelltischchen, ein Fernseher und zwei Stühle standen.
Vielleicht hatte das Zimmermädchen ja einfach vergessen, die Tür zu schließen? Möglich, aber nach dem heutigen Tag würde er kein Risiko eingehen. Er blieb stehen, und als er die Tür mit der Pistole aufschob, fiel ihm auf, dass das Licht an war.
»Alles in Ordnung, Mr. Malone«, sagte eine weibliche Stimme.
Er spähte an der Tür vorbei.
Eine hochgewachsene, wohlgeformte Frau mit schulterlangem aschblondem Haar stand auf der anderen Seite des Bettes. Ihr faltenloses Gesicht, glatt wie ein Stück Butter, wies fein gemeißelte, nahezu vollkommene Gesichtszüge auf.
Er hatte sie schon früher gesehen.
War das Dorothea Lindauer?
Nein.
Nicht ganz.
»Ich bin Christl Falk«, sagte die Frau.
Stephanie saß auf dem Fensterplatz, Edwin Davis neben sich, als das Flugzeug sich dem Jacksonville International Airport näherte. Unter ihnen breitete sich der östliche Teil des Okefenokee National Wildlife Refuge aus, dessen Sumpfvegetation winterlich braun gefärbt war. Sie hatte Davis während des fünfzigminütigen Flugs mit seinen Gedanken allein gelassen, aber genug war genug.
»Edwin, warum sagen Sie mir nicht die Wahrheit?«
Sein Kopf war gegen die Kopfstütze gelehnt, und er hatte die Augen geschlossen. »Ich weiß. Ich hatte keinen Bruder auf diesem U-Boot.«
»Warum haben Sie Daniels belogen?«
Er richtete sich auf. »Das musste ich tun.«
»Das sieht Ihnen so gar nicht ähnlich.«
Er sah sie an. »Wirklich? Wir kennen einander doch kaum.«
»Warum bin ich dann hier?«
»Weil Sie ehrlich sind. Verdammt naiv manchmal. Und stur. Aber immer ehrlich. Das hat etwas für sich.«
Sie staunte über seinen Zynismus.
»Das System ist korrupt, Stephanie. Bis ins Innerste. Wohin
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