Cotton Malone 05 - Der Korse
Verantwortung haben«, ertönte eine männliche Stimme.
»Das dürfte stimmen«, antwortete Stephanie.
»Sie waren gestern Abend in London?«
»Genau, das war ich.«
»Haben Sie das Spektakel heute genossen?«
»Wir hatten großen Spaß dabei, Ihnen nachzujagen.«
Lyon kicherte. »Damit waren Sie gut beschäftigt, und unterdessen konnte ich mich mit Lord Ashby befassen. Er ist unzuverlässig, wie Sie gewiss bereits entdeckt haben.«
»Wahrscheinlich denkt er im Moment genau das Gleiche von Ihnen.«
»Sie sollten mir dankbar sein. Ich habe Ihnen einen Gefallen getan. Ich habe Sie mein Gespräch mit Ashby in Westminster beobachten lassen. Bei der Ripper-Führung bin ich eigens erschienen, damit Sie mir folgen konnten. Ich habe Ihnen die kleinen Eiffeltürme zurückgelassen. Ich habe sogar Ihren Agenten angegriffen. Was brauchten Sie sonst noch? Ohne mich hätten Sie niemals gewusst, dass der Eiffelturm Ashbys eigentliches Ziel war. Ich bin davon ausgegangen, dass Sie eine Möglichkeit finden würden, den Anschlag zu vereiteln.«
»Und wenn uns das nicht gelungen wäre, was hätte das schon für eine Rolle gespielt? Sie hätten jedenfalls Ihr Geld gehabt und hätten zum nächsten Auftrag übergehen können.«
»Ich hatte Vertrauen in Sie.«
»Ich hoffe, dass Sie sich dafür nichts kaufen wollen.«
»Du lieber Himmel, nein. Ich wollte einfach nur nicht erleben müssen, dass dieser Dummkopf Ashby Erfolg hat.«
Malone begriff, dass sie gerade Zeuge von Peter Lyons berüchtigter Arroganz wurden. Es reichte ihm nicht, seinen Verfolgern zwei Schritte voraus zu sein, er musste auch noch auf ihrer Niederlage herumreiten.
»Ich habe noch eine Information für Sie«, sagte Lyon. »Und die ist jetzt sehr real. Kein Ablenkungsmanöver. Sehen Sie, die französischen Fanatiker, denen die Schuld an dieser ganzen Unternehmung in die Schuhe geschoben werden sollte, hatten eine Bedingung dafür, dass sie mitspielten. Eine Bedingung, die ich Lord Ashby gegenüber niemals erwähnt habe. Sie sind Separatisten und verärgert über die unfaire Behandlung, die die französische Regierung ihnen zumutet. Sie hassen die vielen harten Vorschriften, die sie als rassistisch betrachten. Außerdem haben Sie das reine Protestieren satt. Damit scheinen sie nur wenig Erfolg zu haben, und in den letzten Jahren wurden in Paris mehrere ihrer Moscheen als Strafe für ihre Aktivitäten geschlossen. Im Gegenzug für ihre Hilfe beim Invalidendom wollen sie ein noch deutlicheres Zeichen setzen.«
Was Malone da hörte, gefiel ihm ganz und gar nicht.
»Ein Selbstmordattentat steht bevor«, sagte Lyon.
Es lief Malone eiskalt über den Rücken.
»Während des Weihnachtsgottesdienstes in einer Pariser Kirche. Das erschien ihnen passend, da ja ihre Gebetshäuser ständig geschlossen werden.«
Es gab Hunderte von Kirchen in Paris!
»Nach drei Blindgängern ist es schwer, Sie noch ernst zu nehmen«, stellte Stephanie klar.
»Ich verstehe, worauf Sie hinauswollen, aber diese Gefahr ist echt. Und Sie können dort nicht einfach mit der Polizei anrücken. Die Bombe würde explodieren, bevor irgendjemand eingreifen könnte. Tatsächlich steht der Anschlag unmittelbar bevor. Nur Sie können ihn verhindern.«
»Quatsch«, entgegnete Stephanie. »Sie erkaufen sich einfach nur mehr Zeit.«
»Richtig. Aber können Sie es sich leisten, das Risiko einzugehen und darauf zu setzen, dass das, was ich sage, eine Lüge ist?«
Malone sah in Stephanies Augen dasselbe, was auch er dachte.
Uns bleibt keine Wahl.
»Wo?«, fragte sie.
Lyon lachte. »So einfach mache ich es Ihnen nicht. Es wird eine kleine Suchjagd. Natürlich zählt eine Kirche voller Menschen darauf, dass Sie es rechtzeitig dorthin schaffen. Haben Sie ein Fahrzeug zur Verfügung?«
»Ja.«
»Ich melde mich bald wieder bei Ihnen.«
Stephanie unterbrach die Verbindung.
Ein Ausdruck der Wut huschte über ihr Gesicht, verschwand dann aber wieder und machte dem Selbstvertrauen Platz, das zwanzig Jahre im Geheimdienstgeschäft ihr vermittelt hatten.
Sie sah Sam an. »Fahren Sie Henrik nach.«
Professor Murad hatte ihnen bereits gesagt, dass die Basilika Saint-Denis Thorvaldsens Ziel war.
»Versuchen Sie ihn unter Kontrolle zu halten, bis wir eintreffen.«
»Wie denn?«
»Das weiß ich nicht. Finden Sie es heraus.«
»Jawohl, Ma’am.«
Malone lächelte über Sams Sarkasmus. »Dasselbe habe ich auch immer gesagt, wenn sie mich mal wieder hart rangenommen hat. Aber Sie schaffen das schon. Halten
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