Cotton Malone 05 - Der Korse
seines Schokoladentörtchens auf. »Ich habe Aktienanteile an dreien dieser Pharmafirmen.«
»Dann wissen Sie ja, dass das Gesagte stimmt.«
Sie sah ihn mit harten Augen herausfordernd an. Er starrte zurück, schien sich aber zu entscheiden, eine Auseinandersetzung zu vermeiden.
»Das Törtchen war köstlich«, sagte er schließlich. »Ich muss gestehen, dass ich gerne etwas Süßes nasche.«
»Ich habe noch eines für Sie hier.«
»Jetzt bestechen Sie mich aber.«
»Ich möchte, dass Sie bei dem mitmachen, was ich vorhabe.«
»Warum?«
»Männer wie Sie sind ein rares Gut. Sie besitzen großen Reichtum, Macht und Einfluss. Sie sind intelligent, innovativ. Wie wir anderen, so haben auch Sie es gewiss satt, große Teile Ihres Gewinns mit einer gierigen, inkompetenten Regierung zu teilen.«
»Und was haben Sie denn nun vor, Eliza? Erklären Sie mir das Geheimnis.«
So weit konnte sie nicht gehen. Noch nicht. »Lassen Sie mich Ihnen eine Antwort geben, indem ich Ihnen mehr von Napoleon berichte. Wissen Sie viel über ihn?«
»Ziemlich klein gewachsen. Hat einen komischen Hut getragen. Hat immer eine Hand in die Knopfleiste seiner Uniformjacke oder seines Mantels geschoben.«
»Wussten Sie, dass über ihn mehr Bücher geschrieben worden sind als über jede andere Gestalt der Geschichte, von Jesus vielleicht einmal abgesehen?«
»Mir war gar nicht bewusst, dass Sie eine solche Historikerin sind.«
»Mir war gar nicht bewusst, dass Sie so eigensinnig sind.«
Sie kannte Mastroianni schon seit ein paar Jahren, nicht als Freund, sondern als einen gelegentlichen Geschäftspartner. Er besaß die weltgrößte Aluminiumfabrik. Außerdem war er in der Kraftfahrzeugfabrikation, der Flugzeuginstandhaltung und, wie er gerade angemerkt hatte, in der Pharmabranche engagiert.
»Ich habe es satt, verfolgt zu werden«, sagte er. »Insbesondere durch eine Frau, die etwas von mir will, mir aber nicht sagen kann, was oder warum.«
Sie beschloss, das nun ihrerseits zu übergehen. »Mir gefällt etwas, das Flaubert einmal geschrieben hat. Geschichte ist Prophetie im Rückblick. «
Er kicherte. »Was Ihren eigenartigen französischen Blick perfekt illustriert. Ich fand es immer irritierend, wie die Franzosen all ihre Konflikte auf den Schlachtfeldern von gestern lösen. Es ist, als würde irgendeine glorreiche Vergangenheit genau die richtige Lösung parat halten.«
»Das irritiert meine korsische Hälfte manchmal ebenfalls. Aber gelegentlich kann eines dieser früheren Schlachtfelder Lehren bereithalten.«
»Dann erzählen Sie mir von Napoleon, Eliza.«
Nur weil dieser taktlose Italiener die perfekte Ergänzung für ihren Club darstellte, machte sie weiter. Sie konnte und würde nicht zulassen, dass ihr Stolz ihrer sorgfältigen Planung in die Quere kam.
»Er hat ein Imperium geschaffen, wie man es seit den Tagen Roms nicht mehr gesehen hatte. Siebzig Millionen Menschen befanden sich unter seiner persönlichen Herrschaft. Er war ein Mann, dem Schießpulverdunst genauso angenehm war wie der Geruch von Pergament. Tatsächlich hat er sich selbst zum Kaiser ausgerufen. Können Sie sich das vorstellen? Gerade einmal fünfunddreißig Jahre alt, stößt er den Papst vor den Kopf und setzt sich die kaiserliche Krone selbst aufs Haupt.« Sie ließ ihre Worte wirken und fuhr dann fort: »Doch trotz seines großen Egos hat Napoleon für sich persönlich nur zwei Gedenkstätten errichtet, beides kleine Theater, die nicht mehr existieren.«
»Was ist mit all den Gebäuden und Baudenkmälern, die er erbauen ließ?«
»Kein einziges wurde zu seinen Ehren geschaffen oder trägt seinen Namen. Die meisten wurden auch erst nach seinem Tod vollendet. Er untersagte sogar speziell die Umbenennung der Place de la Concorde in Place Napoleon. «
Sie sah, dass Mastroianni etwas lernte. Gut. Wurde auch Zeit.
»In Rom ließ er das Forum und den Palatin von Trümmern säubern und das Pantheon restaurieren, ohne je ein Schild anzubringen, in dem er auf sein Tun hinwies. In zahllosen anderen Städten Europas befahl er eine Verbesserung nach der anderen, und doch wurde ihm nie ein Denkmal gesetzt. Ist das nicht eigenartig?«
Sie sah zu, wie Mastroianni seinen Gaumen mit einem Schluck Mineralwasser von Schokolade reinigte.
»Da ist noch etwas«, sagte sie. »Napoleon hat sich geweigert, sich zu verschulden. Er verabscheute Finanzleute und gab ihnen die Schuld an vielen Mängeln der Französischen Republik. Er hatte nichts dagegen, Geld zu
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