Cotton Malone 05 - Der Korse
hinter Ashby und Cabral her. Ich habe sehr viel über Graham Ashby in Erfahrung gebracht. Er hätte Ricos Tod diskreter veranlasst. Aber sein Verbündeter wurde mit dem Mord beauftragt und erledigte den auf seine Weise. Ich könnte mir vorstellen, dass Ashby über die Metzelei auf dem Platz nicht glücklich war, aber er konnte sich auch nicht darüber beschweren. Es hat funktioniert.«
Malone mochte das hohle Gefühl im Magen nicht, das jede Minute schlimmer zu werden schien. »Du wirst ihn töten? Wie Cabral?«
Thorvaldsen starrte einfach nur auf die Fotos.
»Ashby weiß nicht, dass Cabral mich heute Nacht überfallen wollte. Ashby sollte auf keinen Fall erfahren, dass man ihm, Cabral, auf die Schliche gekommen war. Deshalb ist er persönlich gekommen.«
Thorvaldsen sprach mechanisch, als wäre alles schon entschieden. Aber da war noch etwas anderes. Malone spürte es. »Was ist hier wirklich los, Henrik?«
»Das ist eine komplizierte Geschichte, Cotton. Sie hat an Napoleon Bonapartes Todestag begonnen.«
16
Ashby war begeistert. Rommels Gold war jetzt sicher an Bord der Archimedes verstaut. Eine rasche Schätzung sagte ihm, dass der Hort in Anbetracht des aktuellen Goldpreises mindestens sechzig bis siebzig Millionen Euro wert war, vielleicht sogar hundert Millionen. Die Vorhersage des verlogenen Korsen hatte sich als korrekt erwiesen. Ashby würde das Gold in Irland abladen, wo er es vor britischen Kontrolleuren sicher in einer seiner Banken aufbewahren konnte. Es war nicht nötig, das harte Metall in Bargeld umzutauschen. Zumindest vorläufig nicht. Der Goldpreis stieg immer noch, und das würde den Vorhersagen zufolge noch eine Weile so bleiben. Außerdem war Gold immer eine gute Wertanlage. Er besaß jetzt genug Sicherheiten, um jeden unmittelbaren Finanzbedarf zu decken, der sich auftun mochte.
Alles in allem ein ausgezeichneter Abend.
Er betrat den großen Salon der Archimedes. Der Rum des Korsen stand noch immer zwischen den Couches auf dem Tisch. Er griff danach, trat aufs Deck hinaus und warf das Glas ins Meer. Der Gedanke, aus demselben Glas zu trinken wie dieser verlogene Drecksack, ekelte ihn an. Der Korse hatte tatsächlich die Absicht gehabt, sich das Gold unter den Nagel zu reißen und sich auch noch mit einer Million Euro bezahlen zu lassen. Selbst im Angesicht einer unvermeidlichen Aufdeckung hatte er die Farce fortgesetzt.
»Sir.«
Er drehte sich um. Guildhall war in den Salon getreten.
»Sie ist am Telefon.«
Er hatte den Anruf erwartet, und so ging er in einen angrenzenden kleineren Salon, einen freundlichen Raum mit schimmernden Holzmöbeln, weichen Stoffen und gemusterten Strohtapeten an den Wänden. Er setzte sich in einen Klubsessel und griff nach dem Hörer.
»Bonsoir, Graham«, sagte Eliza Larocque.
»Sind Sie noch in der Luft?«, fragte er auf Französisch.
»Das sind wir. Aber es war ein guter Flug. Signor Mastroianni hat der Unterzeichnung des Vertrags zugestimmt. Er wird sein Einstandsgeld sofort einzahlen, Sie können also eine Überweisung erwarten.«
»Ihr Instinkt hat Sie nicht getrogen.«
»Er wird eine wunderbare Verstärkung sein. Er und ich hatten eine großartige Unterhaltung.«
Überzeugend war Eliza Larocque jedenfalls. Sie war in seinem englischen Landsitz aufgetaucht und hatte ihm drei Tage lang erzählt, welche verlockenden Möglichkeiten sich boten. Er hatte über sie nachgeforscht und erfahren, dass sie aus einer alten, vermögenden Familie stammte. Ihre korsischen Vorfahren waren erst Rebellen und dann Aristokraten gewesen, die klugerweise vor der Französischen Revolution geflohen – und dann genau zur rechten Zeit zurückgekehrt waren. Wirtschaftswissenschaften waren Larocques Leidenschaft. Sie hatte einen Abschluss an drei europäischen Universitäten. Bei der Führung ihrer Familienkonzerne suchte sie die Nähe zu Mitarbeitern und Kunden. Sie war stark in mobiler Kommunikation, in Petrochemie und in Immobilien engagiert. Forbes hatte ihr Vermögen auf beinahe zwanzig Milliarden geschätzt. Er hatte diese Zahl immer für sehr hochgegriffen gehalten, aber festgestellt, dass Larocque nie widersprochen hatte, wenn sie zitiert wurde. Sie lebte sowohl in Paris als auch südlich davon, auf einem Landgut ihrer Familie im Loire-Tal, und hatte nie geheiratet, was ihm ebenfalls sonderbar vorkam. Leidenschaften, zu denen sie sich bekannte, waren klassische Kunst und zeitgenössische Musik. Ein eigenartiger Kontrast.
Und ihr Fehler?
Sie griff zu schnell zu
Weitere Kostenlose Bücher