Couchgeflüster
unvermittelt das Thema.
«Ben. Und du?»
«Nelly. Mir gehört das Yogastudio in der Bremer Straße», informiere ich ihn ungefragt. «Wir könnten uns später dort treffen. Meine letzte Stunde endet um acht.»
«Oh, das Yogastudio», antwortet er, als sei das die Überraschung des Jahres. Schließlich nickt er lächelnd. «Was hältst du davon, wenn ich dich dort abhole. So um halb neun?»
«Ja, gerne», hauche ich verzückt.
Er nimmt seine Einkäufe hoch und wendet sich zum Gehen. «Dann bis heute Abend, Nelly. Ich freu mich.»
Beschwingt wackle ich in Richtung Studio. Wer hätte gedacht, dass Einkaufen ohne Geld doch Spaß macht? Mein Magengrummeln ist weg, dafür flattert jetzt ein ganzer Schwarm Schmetterlinge durch meinen Bauch. Denn dieser süße Typ hat nicht nur meine Lebensmittel bezahlt, sondern auch mit mir geflirtet! Eigentlich wollte ich mich ja auf meine Arbeit konzentrieren. Doch jetzt kann ich nur noch an Ben denken.
Was für ein Blick!
Was für ein Lächeln!
Was für ein Tag!
Ist das die vielgerühmte Liebe auf den ersten Blick?, schießt es mir durch den Kopf.
Quatsch! Ich bin doch keine sechzehn mehr und schonlange immun gegen solch unüberlegten Blödsinn der Hormone. Mich muss ein Mann überraschen, damit ich Feuer fange. Er muss etwas Außergewöhnliches tun. Knöpfe annähen, zum Beispiel. Oder ungefragt den Kühlschrank auffüllen oder …
Immerhin gehört Ben offensichtlich nicht zu den Männern, die sofort nach der Handynummer fragen und sich dann doch nicht melden. Nein, Ben ist ein Mann der Tat!
Und ich werde heute Abend für ihn kochen und –
Was bin ich doch für eine vergessliche Träumerin! Als würde mir jemand einen Faustschlag verpassen, fällt mir in diesem Moment ein, dass ich heute Abend ja für Britta kochen wollte.
Ich werde noch vor der Yogastunde versuchen, sie auf ihrem Handy zu erreichen. Aber jetzt muss ich erst mal nach Hause flitzen, die Lebensmittel verstauen und mir eine paar Klamotten für heute Abend aussuchen.
Und als hätte Brittas hypersensible Notantenne es mal wieder geortet, in welcher Zwickmühle ich stecke, finde ich zu Hause eine SMS von ihr auf meinem Handy:
Sorry, bei mir klappt es heute leider doch nicht!
LG, Britta.
Schnell simse ich zurück, dass wir das Essen verschieben, und atme erleichtert auf. Ihre unerwartete Absage beweist erneut: Manche Dinge erledigen sich auch ohne Zutun.
5
Nach der letzten Poweryogastunde kann ich es kaum erwarten, Ben wiederzusehen. Unter der Dusche sehe ich ihn vor mir: seine grünen Augen, das Lächeln und wie er «Bis heute Abend, Nelly» zu mir gesagt hat. Trotz des heißen Wassers jagt mir die Erinnerung einen Schauer über den Körper.
Allmählich leert sich auch das Studio, und um zwanzig nach acht bin ich allein. Nervös verschanze ich mich hinter meinem Tresen, schiebe die ungeöffnete Post von einer Ecke in die andere, nestle an den Stundenplänen herum und fixiere die große runde Bahnhofsuhr an der Wand hinter mir. Als die Zeiger auf zwanzig vor acht rücken, fange ich an zu grübeln. Er wird mich doch nicht versetzen?
Als ich zum x-ten Mal vor den Spiegel in der Umkleide laufe, um meine sowieso nicht zu bändigende Frisur zu überprüfen und mir noch einen Tropfen
Daisy
hinters Ohr zu tupfen, vernehme ich endlich seine Stimme.
«Nelly?»
Er ist da! Ich hab’s gewusst! Ben gehört nicht zu diesen unzuverlässigen Typen, die Frauen nur so aus Jux anmachen, um zu testen, ob sie jede kriegen könnten.
Aufgeregt, wie ich bin, muss ich mich zu einem gemäßigten Schritttempo ermahnen. Ich bin doch keine notgeile Tussi, die einem Mann gleich am ersten Abend ihre Liebe erklärt und eindeutige Zugeständnisse verlangt.
Ein letztes Mal zupfe ich die Spaghettiträger meines geblümten Sommerkleids zurecht, verknote die rosa Strickjacke um die Hüfte und biege langsam von den Duschräumen zum Eingang.
Ben wartet mitten in dem kleinen Vorraum und strahlt, als er mich kommen sieht. Er trägt eine schmalgeschnittene, schwarze Hose, dazu ein schwarzes Hemd mit roten Punkten, dessen Ärmel aufgekrempelt sind, und schwarze Turnschuhe mit roten Schnürsenkeln. Sein Haar ist unverändert wuschelig, wirkt aber frisch gewaschen, und das markante Kinn ist glatt rasiert.
«Hi.» Lächelnd schreite ich auf ihn zu.
«Hi, Nelly.»
Einen sehnsüchtigen Augenblick lang hoffe ich, er würde sich vorbeugen, um mir ein Begrüßungsküsschen zu geben. Doch er streckt mir nur die Hand entgegen.
«Du siehst
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