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Couchgeflüster

Couchgeflüster

Titel: Couchgeflüster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mira Becker
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zauberhaft aus.»
    Meine Knie werden weich, als ich die Wärme seiner Hand spüre und seinen herbfrischen Duft einatme.
    «Danke», flüstere ich verlegen. «Schickes Hemd.»
    Ben scheint meine Nervosität nicht zu bemerken. «Bitte entschuldige die Verspätung. Normalerweise bin ich eher überpünktlich. Aber ich musste noch einen Anruf mit   …» Er stockt. «Äh, leider hat das Gespräch länger gedauert.»
    Ich ahne sofort, dass Ben mit einer Frau telefoniert hat. Aber wieso habe ich den Eindruck, dass ihm das unangenehm ist?
    «Hast du auch ordentlich Hunger?», fragt er.
    «Und wie!», platze ich wie ein Kind heraus und spüre, dass ich rot werde. Zu sagen, dass ich abends immer Riesenportionen verdrücke, kann ich mir gerade noch verkneifen.
    «Super.» Er sieht tatsächlich begeistert aus. «Ich hatte schon befürchtet, du wärst   …» Er stockt erneut.
    «Du meinst, weil ich so schlank bin, esse ich nichts?»
    Er grinst verlegen. «So ähnlich.»
    «Da musst du keine Bedenken haben», erwidere ich. «Diäten sind nichts für mich. Mit Essen kannst du mich immer kriegen   … ähm   …» Also nicht, dass er das jetzt missversteht! Hastig versuche ich die Situation durch eine Erklärung zu retten. «Wenn ich Yoga unterrichte, bin ich danach immer sehr hungrig. Außerdem esse ich einfach gerne.»
    «Na, dann los», fordert Ben mich auf und blinzelt mich lächelnd an. «Was hältst du von Mädchen ohne Abitur?»
    «Hm   … Tja, also, wer einen akademischen Beruf anstrebt, braucht sicher Abitur, aber mit meinen Noten würde ich trotzdem keinen Studienplatz bekommen.»
    «Ich spreche von dem Restaurant in Kreuzberg. Das heißt
Mädchen ohne Abitur
.» Seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen, amüsiert Ben sich. «Hat mir ein Freund empfohlen. Soll super sein.»
    «Äh, weiß ich doch», behaupte ich grinsend, als wäre das mein Stammlokal. Dabei habe ich in Wahrheit noch nie davon gehört. Irgendwie traue ich mich auch nicht mehr, eine Einladung zu mir nach Hause auszusprechen. Zwar liegen da die leckersten Zutaten bereit, aber eigentlich ist es mir sogar lieber, einen wildfremden Mann nicht beim ersten Date in meinen vier Wänden zu haben – auch wenn er so attraktiv ist wie Ben.
     
    Das kleine Lokal gefällt mir auf Anhieb. Dunkle Holztische für zwei oder vier Personen und bequeme Lederstühle vor rottapezierten Wänden. Die verspielten Wandlampen verbreitengedämpftes Licht, das meine romantische Stimmung verstärkt.
    Ich bin erstaunt, dass Ben dieses Lokal ausgesucht hat. Normalerweise bevorzugen Männer doch eher die coolgestylten Läden. Ob er etwas mit Kunst zu tun hat? Künstler tragen doch auch vorwiegend Schwarz, oder ist er etwa   …
    Huch!
    Er wird doch nicht schwul sein?, schießt es durch meine krausen Gehirnwindungen. Das wäre auch eine Erklärung für seine weibliche Ader.
    «Ein wirklich schräger Laden, oder?», bemerkt Ben, der meine Verunsicherung offensichtlich gespürt hat.
    Ich studiere angestrengt die Speisekarte, auf der zu lesen ist, dass das
Mädchen ohne Abitur
im Jahr 1956 von der Schauspielerin Rosita di Capri gegründet wurde. Mit bürgerlichem Namen hieß sie Doris Bullenberg. Verständlich also, dass sie sich ein glamouröses Pseudonym verpasste.
    Als ich bei den Gerichten angelangt bin und im Stillen die Preise überschlage, bleibt mir die Spucke weg. Der Sparschwein-Fünfziger, den ich zu Hause auf meinem Küchentisch wiedergefunden habe, reicht gerade mal für zwei Hauptgerichte mit Getränken. Sollte Ben aber auch noch eine Vorspeise und ein Dessert bestellen wollen, werde ich wohl Teller spülen müssen.
    «Du bist natürlich mein Gast», dringt Bens Stimme in meine panischen Überlegungen.
    Er kann wirklich Gedanken lesen! Und so ein Traummann läuft frei rum? Kaum zu glauben. Aber da sich unsere Wege nun mal gekreuzt haben, hoffe ich, dass Fortuna mir auch weiterhin helfen wird.
    «Dann lass mich aber wenigstens die Drinks bezahlen»,antworte ich. «Irgendwie muss ich mich doch bei dir für deine Spontanhilfe im Supermarkt bedanken.»
    «Okay», sagt er schmunzelnd. «Einladung angenommen. Für einen Absacker in einem Club später. Und jetzt verrate mir, worauf du Appetit hast.»
    Er sieht nicht nur aus wie ein Traummann, er benimmt sich auch noch so, stöhne ich lustvoll in mich hinein und widme mich schnell wieder der Speisekarte, auf der so exotische Bezeichnungen wie
Verschollen in Rio
,
Flammendes Inferno
oder
Abends in der Mondscheinallee
zu finden

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