Couchgeflüster
Fischfilet zerteilt.
«Danke, sehr beruhigend. Ich lasse dich wissen, wenn ich wieder mal ohne Bargeld shoppen möchte … Aber wir sind uns tatsächlich schon vorher über den Weg gelaufen. Gestern Morgen.»
Ben lässt sein Besteck auf den Teller sinken und sieht mich ungläubig an. «Das wüsste ich.»
«Mein Kühlschrank war leer, und ich wollte was Deftiges frühstücken», beginne ich. «Und da –»
«Und da bist du zur Currywurstbude gegangen, richtig?»
Mir wird ganz warm ums Herz. Er erinnert sich also doch. «Genau. Und zwar zum
Curry-Eck
, und du warst auch da und hast was gegessen.»
«Tut mir leid», unterbricht mich Ben. «Ich versuche gerade … na ja, mit einem unangenehmen Problem fertig zu werden. Deshalb bin ich zurzeit gedanklich oft total abwesend.»
«Entschuldigung angenommen», erwidere ich und schildere ihm die Situation an der Wurstbude.
«Stimmt», erinnert sich Ben nun. «Ich war gerade dabei, zu telefonieren … Nun, wie gesagt, es war ziemlich unangenehm, und da habe ich meine Umgebung wohl total ausgeblendet.»
«Ist doch nicht schlimm», entgegne ich leichthin. «Ich hatte meine Haare ja auch unter einem Käppi versteckt. Undohne meine rote Mähne erkennt mich nicht mal meine eigene Mutter.»
«Magst du deine Haare denn nicht?» Ben kann es anscheinend nicht fassen.
«Nicht immer, diese Kräuselwolle ist oft nur schwer zu ertragen», erkläre ich schulterzuckend.
«Also ich mag deine Haare. Ganz besonders, wenn du dir eine Strähne um den Finger wickelst und scheinbar vor dich hin träumst.» Ben schaut mir direkt in die Augen und grinst. «Du weißt, was man über Frauen mit roten Haaren sagt?»
«
Krauses Haar, krauses Gehirn
, hat meine Großmutter immer gesagt», erkläre ich ablenkend. Denn natürlich weiß ich, dass man Rothaarigen nachsagt, sie wären besonders leidenschaftlich im Bett. Aber ich will nicht, dass unser erstes Treffen in eine schlüpfrige Richtung abrutscht. Na ja, jedenfalls nicht gleich. Ich möchte wenigstens noch aufessen. «Von ihr habe ich die Haare geerbt. Genaugenommen bin ich aber rotblond.»
Offensichtlich hat Ben mein Ablenkungsmanöver durchschaut. «Aha, also eigentlich fast blond», entgegnet er augenzwinkernd. «Und deshalb stehst du dann schon mal ohne Geld an der Supermarktkasse …»
Er sieht nicht nur gut aus, er hat auch noch Humor!
«Nein», erkläre ich schlagfertig, «das ist ein uralter Trick, um reiche Männer kennenzulernen. Der funktioniert aber nur bei rothaarigen Frauen.»
Wir blödeln noch eine Weile so weiter, tauschen irgendwann unsere Teller und unterhalten uns prächtig über dies und das. Zwar verrät Ben im Laufe des Gesprächs tatsächlich kaum etwas über seinen Beruf (nur, dass er für seine Firma geschäftlich viel unterwegs ist und sich ständig auf Flughäfenrumtreiben muss). Aber ich hatte schon lange nicht mehr einen so vergnüglichen Abend. Außerdem ist es ja auch sehr angenehm, dass Ben keiner dieser Typen ist, die den ganzen Abend über sich und ihren ach so wahnsinnig tollen Job monologisieren. Meistens merken die Kerle nicht einmal, dass sie einen mit ihren Vorträgen tödlich langweilen. Noch schlimmer allerdings ist, wenn sie sich die ganze Zeit über die Ex-Freundin auskotzen. Bei Ben bin ich aber so schrecklich neugierig. Ich will unbedingt wissen, ob er Single ist und ich mir Hoffnungen machen darf.
Gerade als ich mir eine entsprechende Fangfrage überlege, piepst sein Handy. Er entschuldigt sich für die Störung, angelt sein iPod aus der Hosentasche und wirft einen kurzen Blick darauf. Wie mir seine zusammengekniffenen Augen verraten, fühlt er sich von der SMS gestört.
Ich weiß, dass Neugier unhöflich ist, aber ich kann mich nicht beherrschen. «Probleme?», frage ich leise.
«Ach», wehrt er unwillig ab und schaltet das Handy aus. «Manche Menschen kapieren einfach nie, wann … äh … wann eine Sache gelaufen ist. Gleich morgen besorge ich mir eine neue Handynummer, dann ist das Problem gelöst.»
Offensichtlich will er nicht darüber sprechen. War das seine Ex? Lange kann ich meine Neugier nicht mehr zügeln. Ich werde einfach das Gefühl nicht los, dass Ben etwas belastet. War mit «Sache gelaufen» eine beendete Beziehung gemeint? Ob er von einer Frau bedrängt wird? Oder hat es vielleicht mit der dicken Geldrolle zu tun, die er im Supermarkt aus der Tasche zog?
Sofort kommt mir ein schrecklicher Gedanke: Er wird doch nicht in irgendwelche krummen
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