CRASH - Ins falsche Leben: Roman (German Edition)
erfahren und legte es jetzt darauf an, ihn auflaufen zu lassen. Nein. Sie führte etwas anderes im Schilde. Hinterhältig grinsend sagte sie: »Donna, hä?
Bio-
Nachhilfe?«
»Donna?«, fragte der Vater. »Wer ist Donna?«
»Die Sahneschnitte des Monats. Diesmal hat er sich eine mit Grips rausgesucht. Sie hat zwei Gehirne – in jeder Titte eins.«
»
Teri,
deine Ausdrucksweise!«
»Ist Donna die Rothaarige?«
»Nein, Dad. Das war Abby. Die ist
so was
von letztem Monat.«
»Die mochte ich.«
»Dad, in ihrem Facebook-Profil hat sie angegeben, ihr Ziel sei es, ein
Glammer -Model
zu werden. So richtig
Glamour,
mit Doppel-m-e-r.«
»Na ja, ich fand sie trotzdem ganz …«
»Stellst du uns diese Donna denn mal vor?« Die Mutter lächelte Alex freundlich an. Sie hatte inzwischen ein Glas Wein Vorsprung vor dem Vater.
»Keine Ahnung«, sagte Alex. »Ich hab sie selber noch nicht kennengelernt.«
Keiner der anderen schien zu wissen, was er damit meinte oder ob es ein Scherz sein sollte. In der darauf folgenden Verlegenheit wandten sich die Mutter und der Vater anderen Themen zu, nur Teri musterte Alex mit einer Miene, als hätte sie zweimal die gleiche Reihe Zahlen addiert und käme jedes Mal zu einem anderen Ergebnis. Bei Flips Geburt musste sie ungefähr drei gewesen sein. Wahrscheinlich war sie total begeistert gewesen, dass sie ein Brüderchen bekam. Das konnte man sich jetzt nur noch schwer vorstellen. Genauso wenig konnte sich Alex Mrs Garamond irgendwo in einem Krankenhauszimmer vorstellen, wie sie Philip am selben Tag zur Welt brachte wie seine Mum ihn.
Zwei Gehirne, eins in jeder Titte.
Das gefiel Alex. Sie war ziemlich lustig, Flips Schwester. Wenn sie ihn nicht so verabscheuen würde, könnten sie ganz gut miteinander auskommen.
Im weiteren Verlauf des Essens sagte Alex so wenig wie möglich. Der Nachtisch, der hier
»Dessert« hieß
, bestand aus frischem Obstsalat. Auch sehr lecker. Hier bekamman garantiert seine fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag zusammen. Zu Hause hatte Alex sich Tomatenketchup eingepfiffen und dann hatten ihm immer noch vier Portionen gefehlt.
Kurz darauf sorgte Alex noch einmal für Aufsehen, als er unaufgefordert beim Tischabräumen half. Teri zog eine richtige Schau ab, sie blieb wie angewurzelt stehen und glotzte ihn entgeistert an. Flips Mutter warnte ihn,
falls das lediglich ein Trick sei, um seine Hausaufgaben aufzuschieben …
aber Alex machte weiter, räumte Teller, Schüsseln, Gläser und Besteck ab, kratzte Reste in den Mülleimer, spülte alles kurz über und reichte es an den Vater weiter, der die Spülmaschine einräumte. Die Frauen ließen sie machen. Die Männer unterhielten sich, jedenfalls redete Mr Garamond – ein Monolog über einen seiner Studenten im Grundstudium (er war also Professor oder so), dessen Hausarbeit über »Die Beziehung zwischen Tyrannei und Republikanismus im Alten Rom« fast ausschließlich aus Wikipedia zusammengeklaut war. Alex hörte ihm zu, aber noch mehr beobachtete er ihn. Was hatten Väter bloß immer mit dem Geschirrspüler? Sein eigener Vater war genauso: als hinge die Zukunft der Menschheit von der fachgerechten Einsortierung der Teller und Gläser ab.
»Darf ich dich mal was fragen?«, sagte Alex. Er hatte es geschafft, den Vater nicht mit »Mr Garamond« anzusprechen, brachte es aber nicht über sich, ihn Dad zu nennen. »Glaubst du an die Seele?«
»Die
Seele
?« Flips Vater hielt mitten im Einsortiereninne und sah Alex verdutzt an. »Nehmt ihr das gerade in der Schule durch?«
»Ja, in Ethik. Ist so ’ne Art Projekt.«
Alex wusste, was sein eigener Vater dazu gesagt hätte.
Die Seele! Als Nächstes erzählen sie euch noch was über Feen und Elfen. Dann kann man als Leistungskurs Nikolauskunde wählen.
Flips Vater dagegen schien ernsthaft über die Frage nachzudenken. Ein Uniprofessor, dessen Intellekt sich durch ein komplexes Thema herausgefordert fühlt.
»Hm, die Seele …« Er zog die Stirn kraus und ließ Soße von einem Teller auf den Boden tropfen. »Na ja, kommt drauf an, ob man die Seele als
Idee
oder als tatsächliche, im Körper befindliche …«
Weiter kam er nicht, denn er wurde von seiner Frau abgelenkt, die wieder in der Küche erschien. Sie ging zur Hintertür, machte sie auf und spähte in den Garten.
»Hat jemand Beagle gesehen?«
»Scheiße!«, entfuhr es Alex. »Den habe ich vor der Bücherei vergessen.«
Ihren Mienen konnte er nicht entnehmen, was Flips Eltern mehr
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