Crashkurs Wein (Allgemeine Einführungen) (German Edition)
Kelter hat es der Winzer in der Hand, ob er auf Menge oder Qualität geht. Er kann die Maschine entsprechend einstellen: Bei extrem geringem Pressdruck ist die sogenannte Mostausbeute, also der Prozentsatz des Saftes, der aus einem Kilo Trauben herausgeholt wird, geringer, aber der Saft wird besonders »reintönig«. Das heißt, der Sortenausdruck der jeweiligen Rebsorte kommt intensiver zum Ausdruck. Bei höherem Pressdruck ist die Mostausbeute höher, aber es besteht die Gefahr, dass anteilig Bitterstoffe aus Schalen oder Kernen in den Most gelangen. In der Regel gewinnt der Winzer aus einem Kilo Trauben zwischen 650 und 750 ml Saft. Natürlich haben Pressdruck und Mostausbeute auch bei der Rosé- oder Rotweinkelterung eine ähnliche Bedeutung für die Qualität.
Der ausgepresste Traubensaft kommt dann in einen Gärtank, wo er die alkoholische Gärung durchläuft. Diese Gärtanks sind häufig temperaturkontrolliert, das heißt, der Winzer reguliert von Hand die Gärtemperatur. Das ist insofern wichtig, als die Gärtemperatur sonst sehr hoch wird – bis zu 30 °C. Und je höher die Gärtemperatur, desto schneller »rauscht die Gärung durch«, das heißt, der Most gärt zu schnell zu Ende. Und dabei bleiben häufig die frische Frucht und wertvolle Aromen auf der Strecke. Qualitätsorientierte Winzerinnen und Winzer sind also meist bestrebt, die Weißweingärung möglichst lange bei Temperaturen zwischen 15 °C bis 18 °C durchzuführen, um Frische, Frucht und Aromatik zu bewahren. Bei einigen hochwertigen Weißweinen wird die Gärung auch gleich in Barriques, also kleinen 225-Liter-Eichenfässchen, vollzogen.
So lange sich die Hefen noch im Wein befinden, praktizieren qualitätsorientierte Winzer bei einigen Weinen, die im Barriques gären, gerne eine sogenannte Bâtonnage: Dabei werden die Hefen im Fass mehrfach aufgerührt. Das hat zur Folge, dass die Hefen vor einer schnellen Zersetzung geschützt werden. Außerdem lässt dieser Prozess den Wein intensiver und dichter werden.
Mittlerweile wird die Bâtonnage auch in Edelstahltanks angewandt.
Ob mit oder ohne Bâtonnage: nach Abschluss der Gärung sinken die abgestorbenen Hefen zu Boden. Sie werden dann aus dem Wein entfernt, indem man den nun fast klaren Wein darüber abfließen lässt und in ein anderes Fass oder anderen Tank umfüllt. Dieses Verfahren heißt »Abstich«. Nun reift der Weißwein, meist in einem Edelstahl- oder Betontank oder auch in einem großen Holzfass bis zur Abfüllung. Hin und wieder werden auch Weißweine in Barriques weiter ausgebaut. Insbesondere voluminösere, kraftvolle Chardonnays werden gerne ins Barrique gesteckt.
Klassische Maischegärtanks aus Holz, wie sie besonders für hochwertige Rotweine gerne verwendet werden.
WIE ROSÉ ENTSTEHT
Rosé ist in aller Regel nicht, wie viele Menschen meinen, eine Mischung von Rot- und Weißweinen, sondern wird aus roten Trauben gewonnen.
Sicher ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass das Fruchtfleisch von roten Weintrauben gar nicht rot ist – sondern gelb, wie bei Weißweintrauben.
Die roten Farbstoffe stecken nämlich alle in der Schale. Wenn rote Trauben in die Kelter kommen, wird beim Auspressen nur ein ganz geringer Bruchteil der roten Farbstoffe an den Traubenmost abgegeben. Der Wein wird ein Rosé. Auch Roséwein wird in einer pneumatischen Kelter schonend gepresst. Werden die Trauben nur ganz besonders schonend ausgequetscht, kann es sogar sein, dass gar keine roten Farbstoffe in den Wein gelangen. Dann gibt es einen Weißwein aus roten Trauben, der französische Ausdruck dafür lautet »Blanc de Noirs« (Weißer aus Schwarzen).
Diese Art der Weinbereitung ist verbreiteter als man denkt: So bestehen weiße Champagner im Durchschnitt zu mehr als 50 % aus ursprünglich roten Trauben.
DAS SAIGNÉE-VERFAHREN
Eine weitere Methode Rosé zu erzeugen, nennt sich »Saignée-Verfahren«: Hierbei wird von der Rotweinmaische vor Beginn des Gärprozesses ein Teil des dann noch rosafarbenen Mostes »abgezogen«, also dem Maischegärbehälter entnommen.
Dieser rosafarbene Most wird dann separat vergoren und wird so zu einem Roséwein. Die Winzer tun dies häufig, um im verbleibenden Rotwein eine höhere Konzentration von Farb- und Aromastoffen zu erreichen.
WIE ROTWEIN ENTSTEHT
Die Trauben für einen Rotwein werden zumeist gleich nach der Ernte »entrappt«, d. h. Stiele und Blätter werden entfernt, sodass sie überhaupt nicht in den Gärvorgang mit hineinkommen. Der Grund: Sie
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